JudikaturOGH

2Ob176/14t – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Oktober 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Dr. Veith als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Nowotny und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** AG, *****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, der Nebenintervenientin auf Seite der klagenden Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Lansky, Ganzger + Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei (nunmehr) W***** GmbH in Liquidation, *****, vertreten durch Dr. Robert Gschwandtner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 320.077,63 EUR sA, aus Anlass des Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Mai 2014, GZ 4 R 210/13a 180, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 21. Jänner 2013, GZ 14 Cg 26/04i 159, aufgehoben wurde, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird auf „W***** GmbH in Liquidation“ berichtigt.

2. Die klagende Partei wird aufgefordert, binnen 14 Tagen bekannt zu geben, ob sie von der Verfahrensfortsetzung absteht, widrigenfalls ihr Fortsetzungswille unterstellt wird.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Zu 1. Die neuerliche Änderung der Firma der beklagten Partei, die zu Beginn des Prozesses im Jahr 2004 noch A***** GmbH lautete und mit Beschluss des Erstgerichts vom 25. 6. 2014 auf „W***** GmbH“ berichtigt wurde, auf die sich aus dem Spruch ergebende Firma ist aus dem offenen Firmenbuch (FN *****) ersichtlich. Die Bezeichnung der beklagten Partei ist daher gemäß § 235 Abs 5 ZPO zu berichtigen.

Zu 2. Aus dem Firmenbuch (FN *****) und aus der Insolvenzdatei (*****) ergibt sich Folgendes:

2.1.1. Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 12. 6. 2014, *****, wurde das Insolvenzverfahren über die beklagte Gesellschaft mit beschränkter Haftung mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet und ausgesprochen, der Schuldner (beklagte Partei) sei zahlungsunfähig.

2.1.2. Mit Beschluss vom 21. 7. 2014, bekanntgemacht in der Insolvenzdatei am 22. 7. 2014, sprach das Handelsgericht Wien zu ***** aus, dass der oben erwähnte Beschluss rechtskräftig ist.

2.1.3. Dadurch ist die beklagte Partei gemäß § 39 Abs 1 FBG aufgelöst.

2.1.4. Die unter den Punkten 2.1.1. bis 2.1.3. angeführten Daten sowie bei der Firma der beklagten Partei der Zusatz „in Liquidation“ wurden (gemäß § 39 Abs 2 FBG von Amts wegen) am 25. 7. 2014 bei der beklagten Partei in das Firmenbuch eingetragen.

2.2.1. Wird die beklagte Kapitalgesellschaft während eines anhängigen Prozesses gelöscht, ist das Verfahren auf Begehren des Klägers fortzusetzen. Strebt der Kläger hingegen nicht die Fortsetzung des Verfahrens gegen die gelöschte Gesellschaft an, ist die Klage zurückzuweisen und das bisherige Verfahren für nichtig zu erklären (8 ObA 2344/96f [verstärkter Senat] = SZ 71/175; RIS-Justiz RS0110979).

2.2.2. Die Grundsätze der Entscheidung SZ 71/175 sind auch auf eine beklagte GmbH bei Abweisung eines Konkursantrags mangels kostendeckenden Vermögens nach Klagserhebung anzuwenden (RIS Justiz RS0110979 [T2]). Dem entspricht gemäß § 71b Abs 1 IO in der Fassung des IRÄG 2010 (BGBl I 2010/29), wenn das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet wird.

2.2.3. Der Kläger hat somit ein Wahlrecht (1 Ob 153/02k ua). Wird dem Kläger die Tatsache der Auflösung der beklagten Kapitalgesellschaft nach § 39 Abs 1 oder § 40 Abs 1 FBG bekannt, hat er binnen angemessener Frist dem Gericht bekannt zu geben, dass er von der Verfahrensfortsetzung abstehe, widrigenfalls sein Fortsetzungswille unterstellt wird (7 Ob 242/03v; 4 Ob 281/04h; RIS-Justiz RS0035195 [T13]; RS0035204 [T8]; RS0117480 ua).

2.3. Im vorliegenden Fall fehlen Hinweise, dass der klagenden Partei die Bekanntmachung in der Ediktsdatei am 22. 7. 2014 oder die Firmenbucheintragung vom 25. 7. 2014 bisher zur Kenntnis gelangt ist. Die Rekursbeantwortung der klagenden Partei stammt zwar vom 12. 9. 2014, also aus der Zeit nach den dargestellten Bekanntmachungen. Die Rekursbeantwortung lässt aber weder aus der dortigen Firmenbezeichnung der beklagten Partei (ohne den Zusatz „in Liquidation“) noch aus sonstigen Hinweisen den Schluss zu, der klagenden Partei sei die Auflösung der beklagten Partei bekannt. Der Fortsetzungswille der klagenden Partei kann daher noch nicht eindeutig unterstellt werden. Der klagenden Partei ist daher Gelegenheit zu geben, binnen 14 Tagen von der Verfahrensfortsetzung Abstand zu nehmen, widrigenfalls ihr Fortsetzungswille unterstellt wird.

2.4. Die klagende Partei wird darauf hingewiesen, dass sie von der einmal getroffenen Wahl nachträglich nicht mehr abgehen kann. Wurde das Wahlrecht nämlich ausgeübt, ist es konsumiert. Es ist nicht in das Belieben des Gegners gestellt, von seiner bereits getroffenen Wahl auf Fortsetzung des Verfahrens bei drohendem Prozessverlust wieder abzugehen, um sich des Verfahrens kostengünstig zu entledigen (RIS Justiz RS0110979 [T12]).

2.5. Der Nebenintervenientin auf Klagsseite ist keine Äußerungsmöglichkeit im Sinne der Punkte 2.2.3. und 2.3. einzuräumen. Der Nebenintervenient kann nämlich gemäß § 19 Abs 1 ZPO keine Dispositionsakte, wie etwa die Klagsrücknahme, setzen; ihm ist jede Sachlegitimation zur Verfügung über den Streitgegenstand abzusprechen ( Fucik in Rechberger , ZPO 4 § 19 Rz 2; Schubert in Fasching/Konecny , ZPO 2 § 19 Rz 3).

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