1Ob137/14z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** H*****, vertreten durch Dr. Reinfried Eberl, Dr. Robert Hubner, Dr. Robert Krivanec und Dr. Günther Ramsauer, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei A***** L*****, vertreten durch Dr. Hans Moritz Pott, Rechtsanwalt in Schladming, wegen Einwilligung in die Einräumung eines bücherlichen Rechts, über die ordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 7. Mai 2014, GZ 3 R 39/14x 75, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 27. Dezember 2013, GZ 10 Cg 122/09p 71, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.
Die Rechtssache wird an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Streitteile sind Eigentümer von jeweils im Grundbuch *****, aber nicht im Grenzkataster eingetragenen Liegenschaften, die im Bereich unterhalb der Spitze des *****steins aneinandergrenzen.
Die Klägerin, die Eigentümerin des Gutes „L*****“ ist, behauptet, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, das zur EZ 37 gehörige Grundstück 331 Alpe und Wald mit einer Fläche von rund 7,7 ha des Beklagten ersessen zu haben. Dieses Grundstück sei seit jeher und durch mehr als 30 Jahre von ihr und ihren Rechtsvorgängern bewirtschaftet und als ihr Eigentum behandelt worden, und zwar durch die Nutzung zu Weide- und Forstzwecken unter Einschluss von Schwend und Aufforstungsarbeiten sowie zur Ausübung der Jagd unter Errichtung und Betreuung von Jagdeinrichtungen, wie Wegen und Pirschsteigen, darüber hinaus auch durch die Markierung von Grenzen (Bestreichen von Steinen und Bäumen). Erst im Jahr 2007 habe sie erfahren, dass die Fläche des Grundstückes 331 laut Steuerkataster und Grundbuchstand zum Gutsbestand des „B*****“ Gutes gehören solle.
Der Beklagte, der das Eigentum am „B*****“ durch den Übergabsvertrag aus dem Jahr 2003 von seinem Vater erworben hatte, bestritt eine Ersitzung durch die Klägerin und brachte zusammengefasst vor, das Grundstück 331 habe sich vielmehr immer in seinem Eigentum bzw dem seiner Rechtsvorgänger befunden. Die Klägerin und deren Rechtsvorgänger seien nicht redlich gewesen. Er sei es gewesen, der die Grundsteuer bezahlt und die jeweilige Pachtzins für die Ausübung der Jagd vereinnahmt habe, die von den Jagdberechtigten der Gemeinschaft ***** bzw von ihm selbst ausgeübt worden sei. Das Grundstück habe er neben der Jagd durch Pflücken von Preiselbeeren und Holen von Latschen genutzt.
Das die Klage abweisende Urteil des Erstgerichts wurde im ersten Rechtsgang über die Berufung der Klägerin mit Beschluss des Berufungsgerichts vom 6. 5. 2011, 3 R 214/10a 36, aufgehoben. Das Berufungsgericht führte aus, das Grundstück 331 sei nur für die Zwecke der Alm und Forstwirtschaft sowie für Zwecke der Jagd und Erholung geeignet. Für die Ausübung des Sachbesitzes, der in Form des Alleinbesitzes das Eigentum durch Ersitzung vermitteln könne, reiche die Vornahme aller bäuerliche Nutzungen aus. Zu den behaupteten Besitzausübungshandlungen sei aber die Tatsachengrundlage durch weitere Feststellungen zu verbreitern, und zwar zu der von der Klägerin behaupteten Ausübung der Jagd durch die Rechtsvorgänger der Klägerin in den Jahren 1963 bis 1979 auf dem Grundstück 331, zur behaupteten Alm- bzw Weidenutzung seit den 1960er Jahren, zum genauen Verlauf und nachweisbaren erstmaligen Zeitpunkt der gemeinsam vorgenommenen Markierungen der Grenze, zur räumlichen Ausdehnung und Lage dieser Besitzergreifungs und Besitzausübungshandlungen in Bezug auf die natürlichen und markierten sowie die sich nach der Grundbuchs bzw. Katastralmappe ergebenden Grenzen des Grundstückes, wobei auch die Möglichkeit der Ersitzung bloß von Teilflächen zu berücksichtigen sein werde, die bei nicht im Grenzkataster eingetragenen Grundstücken möglich sei.
Den gegen den Aufhebungsbeschluss erhobenen Rekurs des Beklagten wies der Oberste Gerichtshof mit seinem Beschluss vom 29. 9. 2011, 1 Ob 177/11b, zurück. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Jagdausübung durch den Beklagten stelle keine Alleinbesitz ausschließende und damit der Ersitzung entgegenstehende Nutzung dar, entspreche der höchstgerichtlichen Judikatur (1 Ob 493/36 = SZ 18/116; vgl 2 Ob 1524/95 = RIS Justiz RS0010117 [T2]). Mit seinen Ausführungen zu den festgestellten Handlungen wie dem Pflücken von Preiselbeeren und Holen von Latschen, der Zahlung der Grundsteuer und des Erhalts des Jagdpachtzinses von der Jagdgemeinschaft habe der Beklagte weder zur im Zulassungsausspruch zugrunde gelegten Rechtsfrage (Ausübung der Jagd als Ersitzungshindernis) Argumente dargelegt, noch sonst eine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt.
Im zweiten Rechtsgang gab das Erstgericht der Klage statt. Es ging erneut davon aus, dass die Parteien und ihre Rechtsvorgänger jeweils der Meinung gewesen seien, dass das Grundstück 331 zu ihrem jeweiligen Gut gehöre und die Klägerin erst 2007 im Zuge der Neueinteilung der Jagden, in deren Rahmen sie das Grundstück als zusätzliches Jagdgebiet für sich beanspruchte, erfahren habe, dass es nicht zum Grundbuchbestand ihres Gutes gehöre.
Zur bäuerlichen Nutzung stellte es fest, dass zumindest seit dem Jahr 1963 die Fläche des Grundstücks 331 von der Klägerin und deren Rechtsvorgängern landwirtschaftlich genutzt worden sei, wobei das von der L***** Alm stammende Vieh auch auf den im talwärts gelegenen Bereich vorhandenen Almflächen des Grundstücks 331 geweidet habe. Eine forstwirtschaftliche Nutzung im talwärts gelegenen Bereich sei nur durch vereinzelte Schlägerungen mit Einzelstammentnahmen erfolgt. Im Zeitraum zwischen 1977 und 1982 sei vom Rechtsvorgänger der Klägerin auf einem talabwärts gelegenen Bereich des Grundstücks 331 eine Aufforstung vorgenommen worden. Anfang 1990 sei von der Familie der Klägerin auf einer Fläche im Ausmaß von ca 1 ½ ha im Bereich ober und unterhalb des in der Folge vom Beklagten errichteten Stichwegs eine Schlägerung und die vorgeschriebene Aufforstung durchgeführt worden.
Im Bereich der Rinne oberhalb des schon vor dem Jahr 1970 vom Rechtsvorgänger der Klägerin errichteten Almwegs, der von ihrem Grundstück 395 kommend auf das Grundstück 331 führe, eine Kehre vollziehe und wieder auf das Grundstück 395 verlaufe, wobei zu konkreten Absprachen im Zuge seiner Errichtung keine Feststellungen getroffen werden könnten, seien nach 1997 von der Klägerin, deren Kindern und einem Gehilfen Schwendarbeiten durchgeführt worden, da in diesem Bereich eine Almfläche vorliege; über welchen Zeitraum hindurch, könne aber nicht mehr festgestellt werden.
Nach einem starken Windwurf im Gebiet der Liegenschaften der Parteien im Jahr 2000 sei vom Beklagten zum Zweck der Bringung des aus diesem Windwurf stammenden Holzes ein Stichweg errichtet worden, der von seinem Grundstück 332 bis zu Kehre des Almwegs auf dem Grundstück 331 geführt habe. Der Beklagte habe die Klägerin ersucht, ob er deren zur L***** Alm führenden Almweg benützen könne, um auf das Grundstück 331 zu kommen. Das aus dem genannten Windwurf stammende Holz sei über Auftrag des Beklagten aufgearbeitet und verkauft worden. Die Abrechnung sei mit dem Beklagten erfolgt, ein paar Bäume seien aber auch mit der Klägerin abgerechnet worden, wobei nicht mehr festgestellt werden könne, wer die Bäume abgerechnet habe, die aufgrund des Windwurfes am Grundstück 331 liegen geblieben seien. Der Beklagte habe das Grundstück zudem zum Pflücken von Preiselbeeren und zum Holen von Latschen genutzt.
Das dem Beklagten gehörende „B*****“ habe selbst nie die erforderliche Größe für eine Eigenjagd gehabt und als Jagdeinschlussgebiet seit 1988 zur Gemeindejagd gehört. Das Grundstück 331 sei seit 1963 in seiner gesamten Fläche von der Klägerin, deren Rechtsvorgängern oder Jagdpächtern, zumindest seit 1988 aber aufgrund einer Vereinbarung innerhalb der Gemeindejagd, wonach der Beklagte auf der gesamten Fläche des Jagseinschlussgebiets samt dem Grundstück 331 ausschließlich jagen dürfe, auch vom Beklagten und teilweise dessen Bruder bejagt worden. Davor habe der Vater des Beklagten die Jagd in diesem Bereich ausgeübt. Die Jagdpacht sei dem Beklagten ausbezahlt worden. Den sogenannten Josefsitz, einen Hochstand im Bereich der Kehre des Almwegs auf dem Grundstück 331, habe in den Jahren 1981 und 1982 der Jagdpächter des Rechtsvorgängers der Klägerin errichtet, der von 1980 weg im Zeitraum von 27 Jahren ca ungefähr 1.000 bis 1.500 Pirschgänge im Bereich des Grundstücks 331 gemacht und die Pirschwege betreut habe. Seit dem Jahr 2007 betreibe die Familie der Klägerin die Jagd wieder selbst.
Aus unbekannter Zeit stammende, zwischen den (nach dem Grundbuchstand dem Beklagten gehörenden) Grundstücken 331 und 332 und danach bis zur *****steinspitze hinauf, somit über die im Eigentum der Streitteile stehenden Grundflächen hinaus, verlaufende Markierungen seien farblich im Jahr 1977 erneuert worden. Diese hätten den Zweck gehabt, das von den Rechtsvorgängern der Klägerin verpachtete Jagdrevier abzugrenzen. Den Grund für neuerlich im Jahr 2002 und 2007 erfolgte Markierungsarbeiten und deren Ablauf konnte das Erstgericht nicht feststellen.
Es schloss aus diesen Benutzungshandlungen, dass es sich um taugliche Besitzergreifungshandlungen bei Gutgläubigkeit über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren gehandelt habe; zumindest die jagdliche Nutzung habe sich auf das gesamte Ausmaß des Grundstücks erstreckt. Die Klägerin habe daher das Eigentum am Grundstück 331 ersessen.
Der dagegen erhobenen Berufung des Beklagten gab das Oberlandesgericht Linz mit dem angefochtenen Urteil nicht Folge. Nach Verneinung der Verfahrens und Erledigung der Tatsachenrüge nur des Beklagten bestätigte es das Ersturteil. Für die Ausübung des Sachbesitzes an der nur für Zwecke der Alm und Forstwirtschaft sowie der Jagd und Erholung geeigneten strittigen Fläche reiche die Vornahme aller bäuerlichen Nutzungen aus, wobei auch die Jagdausübung durch einen Jagdpächter gemeinsam mit weiterem Besitzausübungshandlungen der Klägerin und ihrer Rechtsvorgänger den Alleinbesitz vermitteln könne. Die land- und forstwirtschaftliche Nutzung könne sich naturgemäß nicht auf die unproduktiven Teile des Grundstücks erstrecken. Dazu verwies das Berufungsgericht auf die Beilage ./15, die Felsen und Geröll im Ausmaß von einer Fläche von 2,7414 ha nennt. Auf den unproduktiven Flächen müsse die Jagdausübung als allein sinnvolle und mögliche Nutzung zur Besitzausübung ausreichen. Ausgehend davon, dass der Beklagte den Beweis der Unechtheit des Besitzes der Klägerin und ihrer Rechtsvorgänger nicht erbracht habe, seien die Voraussetzungen für die Ersitzung durch die Klägerin zu bejahen.
Das Berufungsgericht erachtete die ordentliche Revision für zulässig, weil seine Rechtsansicht, die Besitzausübung durch Jagdausübung bzw Jagdverpachtung hinsichtlich der unproduktiven Flächen des Grundstücks sei für den Eigentumserwerb durch Ersitzung ausreichend, im ersten Rechtsgang nicht an den Obersten Gerichthof herangetragen worden sei. Auch im Anlassfall der Entscheidung SZ 18/116 habe jahrzehntelanger Gras und Holzbezug sowie die Jagdausübung und Jagdverpachtung zur Eigentumsersitzung geführt. Die in der Entscheidung 2 Ob 1524/95 (= RIS Justiz RS0010117 [T2]) zum Ausdruck gebrachte Auffassung, die Ausübung des Jagdrechtes reiche zum Erwerb des Sachbesitzes nicht aus, werde von der dort als Belegstelle zitierten Entscheidung SZ 18/116 nicht getragen.
Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten, die wie schon im ersten Rechtsgang den Alleinbesitz der Klägerin in Frage stellt und meint, einen solchen habe der Beklagte auch durch seine Nutzungshandlungen in Form der Jagdausübung, des Pflückens von Preiselbeeren, des Holens von Latschen und der Aufarbeitung sowie des Verkaufs des Holzes aus dem Windwurf im Jahr 2000 ausgeschlossen. Die Ausübung der Jagd reiche nicht zum Erwerb des Sachbesitzes aus. Wenn überhaupt, habe die Klägerin nur eine Grunddienstbarkeit ersessen haben können.
In der Revisionsbeantwortung hebt die Klägerin die Bedeutung der festgestellten Farbmarkierungen hervor. Weil mit der Größe der Land- und Forstwirtschaft der Klägerin deren Eigenjagd verknüpft sei und sich so die Reviergrenzen mit den Grenzen des Grundeigentums deckten, seien die Farbmarkierungen ebenfalls als Besitzhandlungen heranzuziehen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist im Sinne des Aufhebungsantrages berechtigt:
1.1. Voraussetzung jeder Ersitzung (§§ 1460 ff ABGB) ist eine Besitzausübung, die die volle Zugehörigkeit der Sache zum Ausübenden so sichtbar zum Ausdruck bringt, dass sie eine Besitzausübung dritter Personen nicht zulässt RIS Justiz RS0010101). Damit ist zum Erwerb des Besitzes eines Rechts an einer Liegenschaft (als Voraussetzung der Ersitzung) nicht nur der Wille des Besitzers, ein Recht auszuüben, sondern außerdem erforderlich, dass die Leistung oder Duldung durch den Grundeigentümer erkennbar wie die Erfüllung einer Schuldigkeit geschieht, als hätte derjenige, dem geleistet wird oder dessen Handlungen geduldet werden, ein Recht darauf (RIS Justiz RS0009762 [T1]; vgl RS0010140). Der erforderliche Besitzwille muss sich aus dem äußeren Verhalten ergeben, bloßes damit nicht im Einklang stehendes inneres Vorhaben stellt noch keinen Besitzwillen her (RIS Justiz RS0034138 [T1]). Die Besitzausübung muss so beschaffen sein, dass derjenige, in dessen Besitz eingegriffen wird, die Ausübung eines bestimmten individuellen Rechts erkennen kann (RIS Justiz RS0010135). Ob der Eigentümer der belasteten Liegenschaft erkennen kann, dass Benützungshandlungen in Ausübung eines Rechts erfolgen, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS Justiz RS0033021).
1.2. Die Beweislast für die Ersitzungsvoraussetzungen trifft grundsätzlich den Ersitzungsbesitzer (RIS Justiz RS0034237; RS0034251; RS0034243). In letzter Hinsicht genügt es, daß der Bestand des Besitzes zu Beginn und am Ende der Ersitzungszeit feststeht ( M. Bydlinski in Rummel , ABGB 3 § 1460 Rz 8 mwN).
2.1. Über die Art der Besitzausübung gibt § 312 ABGB Aufschluss: „Körperliche, bewegliche Sachen werden durch physische Ergreifung, Wegführung oder Verwahrung; unbewegliche aber durch Betretung, Verrainung, Einzäunung, Bezeichnung oder Bearbeitung in Besitz genommen. In den Besitz unkörperlicher Sachen oder Rechte kommt man durch den Gebrauch derselben im eigenen Namen.“
2.2. Demgegenüber bedeutet die Inanspruchnahme des Gemeingebrauchs oder einer jedermann unter bestimmten Voraussetzungen möglichen örtlichen Übung keine Besitzausübung (5 Ob 249/04k = RIS Justiz RS0009762 [T17]; RS0010140 [T3, T4]).
Besitzakte, die die volle Zugehörigkeit nicht zum Ausdruck bringen, reichen zum Erwerb des Sachbesitzes nicht aus und sind demgemäß auch für die Ersitzung des Eigentums nicht hinreichend, so etwa die Nutzung eines Grundstücks durch Einsammeln von Streu und Bruchästen (SZ 25/76), das Weiden von Tieren auf einem der Obstgewinnung dienenden Grundstück (GlUNF 4585), das Abmähen einer Wegparzelle (7 Ob 214, 215/71 = SZ 44/190), die Benützung eines Grundstücks zum Lagern von Holz und gelegentliches Wildbaden (6 Ob 92/66 = SZ 39/77 = JBl 1966 564), oder als Liegeplatz für Vieh während der Nacht (3 Ob 516/78). Es genügt aber die Vornahme aller „bäuerlichen Nutzungen“, wie Weidenlassen von Vieh, Mähen, Rünsten, Laubsammeln, Aufforsten und im Rahmen des Möglichen das Schlägern des anfallenden Holzes (4 Ob 609, 610/75; zu allem M. Bydlinski in Rummel , ABGB 3 § 1460 Rz 2 mwN).
2.3. Mader/Janisch (in Schwimann , ABGB³ § 1460 Rz 8), zählen unter den von ihnen aufgelisteten Einzelfällen tauglicher Besitzergreifungshandlung als Beispiel auf: „die Bewirtschaftung eines Waldgrundstückes in Form von Durchforstungsarbeiten oder dem Fällen eines Baumes“. Dabei beziehen sie sich auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 12. 7. 2000, 9 Ob 26/00i. Im damals zu beurteilenden Fall wurden vom Ersitzungsbesitzer nicht nur südlich der gemeinsamen Verbindungslinie eine Tanne und später eine im strittigen Bereich stehende Buche gefällt. Vielmehr führte der Oberste Gerichtshof aus, die Feststellung des Erstgerichts über eine „Bewirtschaftung (Anm: des Waldgrundstückes) seit 1949“ enthalte eine Vielzahl einzelner konkreter nach außen in Erscheinung tretender Besitzausübungshandlungen, die naturgemäß im Einzelnen nicht gesondert angeführt werden müssten. Das tragende Element für ausreichende Besitzergreifungshandlungen lag daher in der Bewirtschaftung als Überbegriff für mehrere Ausübungsformen forstwirtschaftlicher Nutzung. Dass das Fällen eines einzelnen Baumes oder die Vornahme von Durchforstungsarbeiten allein jedenfalls schon für Alleinbesitz ausreicht, lässt sich aus dieser Entscheidung nicht ableiten.
2.4. Schon an dieser Stelle sei festgehalten, dass bei den land und forstwirtschaftlich nutzbaren Teilflächen des Grundstücks taugliche Besitzergreifungshandlungen für den Erwerb des Eigentums zu Beginn der Ersitzungszeit die dort möglichen bäuerlichen Nutzungen (vgl dazu RIS Justiz RS0009792 [T1]; RS0034276 [T2]) umfassen müssen, weil nach außen hin objektiv erkennbar die volle Zugehörigkeit der Sache zum Ausübenden so sichtbar zum Ausdruck gebracht werden muss, dass sie eine Besitzausübung dritter Personen nicht zulässt (vgl RIS Justiz RS0010101).
3.1 Das Berufungsgericht hielt fest, dass sich die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungshandlungen naturgemäß nicht auf seine unproduktiven Teile erstrecken konnten. Dazu verwies es auf eine von einem Rechtsvorgänger der Beklagten bei einem Finanzamt zu Protokoll gegebene Berufung („Unproduktives Land ... im Ausmaß von 2,7 ha) und vertrat für diese Flächen den Standpunkt, dort müsse allein die Jagd als taugliche Besitzergreifungshandlung ausreichen.
3.2. Die Jagdausübung ist aber keine taugliche Besitzergreifungshandlung, setzt doch die Ersitzung den Besitz eines Rechts voraus, das seinem Inhalt nach dem zu erwerbenden Recht entsprechen muss (4 Ob 522/72 = SZ 45/45; weiters RIS Justiz RS0010140 [T1, T3]). Das Jagdrecht selbst kann nicht ersessen werden (1 Ob 743, 744/82 = SZ 56/20; 2 Ob 1524/95 = RIS Justiz RS0064464). Allein dessen Ausübung reicht zum Erwerb des Sachbesitzes nicht aus (2 Ob 1524/95; RIS Justiz RS0010117 [T2]). Die Ansicht des Berufungsgerichts, die in 2 Ob 1524/95 zitierte Belegstelle (SZ 18/116) trage dies nicht, wird vom erkennenden Senat nicht geteilt. Der Oberste Gerichtshof legte in dieser Entscheidung dar, das Jagdrecht trete als einheitliches, inhaltsgleiches auf, ob es nun dem Grundeigentümer als Eigenjagd oder der Gemeinde oder Jagdgenossenschaft oder ihrem Pächter zustehe. Unter Hinweis auf die historisch eingetretene Trennung von Grundeigentum und Jagd verneinte er eine Störung des Alleinbesitzes durch Jagdausübung (1 Ob 494/36 = SZ 18/116). Diese Aussage wurde in der im ersten Rechtsgang gefällten Entscheidung 1 Ob 177/11b (RIS Justiz RS0009836) bestätigt und wird weiter aufrechterhalten. Wenn die Jagdausübung alleine aber keine einen Alleinbesitz ausschließende und damit der Ersitzung entgegenstehende Nutzung ist, kann sie umgekehrt als einzige Nutzungshandlung Alleinbesitz auch nicht vermitteln (so auch 3 Ob 121/14m).
3.3. Insoweit kann auch den die Jagd begleitenden Maßnahmen (Pirschwege samt Erhaltung, Hochsitz), die ja nur deren Ausübung dienen, keine Bedeutung für die Ersitzung zukommen. Daran vermögen auch die Farbmarkierungen nichts zu ändern, soweit diese den Zweck hatten, das verpachtete Jagdrevier abzugrenzen. Es kann ein Jagdeinschlussgebiet auch dem Jagdausübungs berechtigten einer Eigenjagd zur jagdlichen Nutzung zugewiesen sein (vgl dazu § 17 Sbg Jagdgesetz [JG] LGBl 1993/100 bzw davor § 18 Sbg Jagdgesetz LGBl 1977/94). Die Tatsache, dass das land- und forstwirtschaftliche Gut der Klägerin aufgrund seiner Größe mit einer Eigenjagd verknüpft ist, bedeutet nicht zwingend die Übereinstimmung von den Reviergrenzen mit den Grenzen des Grundeigentums.
Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts dazu, dass auf den unproduktiven Flächen allein die Jagd als taugliche Besitzergreifungshandlung ausreichen müsse, hätte träfe sie zu dann doch denklogisch spiegelbildlich dazu führen müssen, dass dem Beklagten eingeräumt werden müsste, einen solchen (tatsächlich nicht zutreffenden) Alleinbesitz, ausgeübt nur durch die Jagd, seinerseits durch die von ihm und seinen Rechtsvorgängern ebenso ausgeübte Jagd ausgeschlossen zu haben. Einer nicht zu billigenden Ersitzung nur durch Jagdausübung stünde dann die gleiche Nutzungshandlung des eingetragenen Eigentümers entgegen.
4.1. Ob bei den land- und forstwirtschaftlich nutzbaren Flächen die Besitzergreifungshandlungen durch die Rechtsvorgänger der Klägerin 30 Jahre vor dem Zeitpunkt, in dem diese (2007) erfahren hatte, dass das Grundstück nicht in ihrem bücherlichen Eigentum steht, für die Annahme von Alleinbesitz für den Erwerb von Eigentums ausreichen, lässt sich derzeit noch nicht abschließend beurteilen.
4.2. Der Klägerin muss bei der „bäuerlichen Nutzung“ zugestanden werden, dass eine Fläche in dieser Lage nicht in derselben Form landwirtschaftlich intensiv genutzt werden kann, wie es Flächen in tieferen Lagen und in der Ebene zulassen. Eine Nutzung durch Ackerbau, dh Pflügen, Säen und Ernten, oder eine intensive Heuwirtschaft mit mehrmaligen Mähen und Düngen kann nicht als ortsüblich verlangt werden. Es bedarf aber immer der nach außen hin objektiv wahrnehmbaren Besitzergreifung, die so beschaffen sein muss, dass die Ausübung des Vollrechts Eigentum erkannt werden kann (vgl RIS Justiz RS0010135).
Die Almfläche mit Wald ließe als Nutzungsformen Schlägerungen, Aufforstungen, systematische Durchforstungsarbeiten, Holzlagerungen, Schwenden, Beweiden, Einzäunen, Markieren ua zu.
Das bloße Beweiden der offenen Almflächen reicht für eine Ersitzung nicht aus, weil eine Bewirtschaftung dieser Art auch von einem Servitutsberechtigten oder einem vertraglich Nutzungsberechtigten vorgenommen werden könnte (vgl 3 Ob 24/14x; RIS Justiz RS0010101 [T9]). Gleiches gilt für die Errichtung und Nutzung des in einem Teilbereich des Grundstücks vom und zum Gut der Klägerin führenden Weg und die vereinzelt gebliebene Nutzung von Holz durch Einzelstammentnahmen, deren zeitlicher Beginn, Häufigkeit und räumliche Erstreckung vom Erstgericht auch nicht festgehalten wurde. Auch deren nach außen tretende Intensität ist nicht auch nicht in Verbindung mit dem Beweiden durch Vieh so intensiv, dass sie objektiv schon als Ausübung des Vollrechts Eigentum erkannt werden könnte (vgl RIS Justiz RS0010135) oder die volle Zugehörigkeit der Sache zum Ausübenden so sichtbar zum Ausdruck brächte, dass sie eine Besitzausübung dritter Personen nicht zulässt (RIS Justiz RS0010101).
4.3. Die ohne nähere Konkretisierung „im talwärts gelegenen Bereich“ vorgenommene und in ihrem Ausmaß nicht beschriebene Aufforstung fand nach den Feststellungen im Zeitraum zwischen 1977 und 1982 statt. Da die Klägerin für den Bestand des Alleinbesitzes zu Beginn und am Ende der Ersitzungszeit beweispflichtig ist (oben 1.2.), geht die Nennung des Zeitraumes „zwischen 1977 und 1982“ für die Durchführung dieser einen Aufforstung in den Feststellungen zu ihren Lasten. Steht doch damit nicht fest, dass schon 1977, 1978 oder 1979 diese einmalige Aufforstung durchgeführt wurde, sondern letztlich nur, dass dies jedenfalls 1982 geschah. Den Nachweis der Aufforstung schon 30 Jahre vor dem Zeitpunkt, in dem die Klägerin (2007) erfahren hat, dass das Grundstück nicht in ihrem Eigentum steht, hat sie damit nicht erbracht.
4.4. Allerdings ließ das Berufungsgericht die Tatsachenrüge der Klägerin zum Zweck der angebrachten Farbmarkierungen unerledigt, weil es diese auf Basis seiner Rechtsansicht nicht für entscheidungserheblich hielt. Die Klägerin begehrte in der Berufungsbeantwortung anstelle der Feststellung, dass diese den Zweck gehabt hätten, das von den Rechtsvorgängern der Klägerin verpachtete Jagdrevier abzugrenzen, die Ersatzfeststellung, dass diese bezweckt hätten, die Grenzen zwischen dem Gut der Klägerin und dem Gut des Beklagten zu kennzeichnen.
4.5. Damit kommt dieser Feststellung aber Relevanz zu. Wäre die Tatsachenrüge der Klägerin erfolglos, dann wäre das Verfahren im Sinne einer Klagsabweisung entscheidungreif, hätte die Klägerin doch dann den Nachweis eines Bestandes redlichen Alleinbesitzes in der Dauer von 30 Jahren durch sich oder ihre Rechtsvorgänger nicht erbracht und das Grundstück 331 nicht ersessen.
5.1. Wäre aber die von ihr begehrte Ersatzfeststellung das Ergebnis der Erledigung der Beweisrüge, dann wäre zu berücksichtigen, dass dem seinerzeit vom Berufungsgericht erteilten Auftrag nicht ausreichend entsprochen wurde. Zu 3 R 214/10a hatte es aufgetragen, zur räumlichen Ausdehnung und Lage der Besitzergreifungs und Besitzausübungshandlungen in Bezug auf die natürlichen und auf die markierten, sowie die sich nach der Grundbuchs bzw Katastralmappe ergebenden Grenzen des Grundstücks 331 zu treffen. Diesem Auftrag hat der Erstrichter mit den Formulierungen zu Nutzungen, beispielsweise im „talabwärts gelegenen Bereich vorhandener Almflächen“ oder im „talabwärts gelegenen Bereich“ für forstwirtschaftliche Nutzungen, ebensowenig in ausreichender Präzision entsprochen, wie durch die bloße Beschreibung „ober und unterhalb des in der Folge errichteten Stichwegs“, wenn der Verlauf des Stichwegs bloß als vom Grundstück 332 bis zur Kehre des Almwegs auf dem Grundstück 331 führend beschrieben wird, ohne die Lage dieser Grundstücke zueinander und die Lage und Entfernung der Kehre zum Grundstück 332 zu nennen.
Von besonderer Bedeutung wäre dies bei den Markierungen, die als im Bereich der Grenze zwischen den Grundstücken 332 und 331 verlaufend angegeben werden, deren Länge genauso offen bleibt, wie die örtliche Beziehung dieser beiden Grundstücke zueinander bzw zu Grundstücken der Klägerin. Auch dann, wenn festgestellter Zweck (erst 1977 oder schon davor) die Abgrenzung der Güter voneinander wäre, bliebe unklar, ob und in welchem Umfang die Fläche oder eine Teilfläche (welchen Ausmaßes) des Grundstücks 331, das nach den Urkunden die Form eines auf einer Seite spitz zulaufenden unregelmäßigen Vierecks hat, aber bisher nicht beschrieben wurde, durch die Markierung bloß einer Seite erkennbar abgegrenzt worden wäre.
In gleicher Weise ist derzeit die räumliche Zuordnung der Schwendarbeiten und Schlägerungen nicht möglich, wie auch eine Eingrenzung der Fläche, auf der über Auftrag des Beklagten ein Windwurf aufgearbeitet wurde.
5.2. Auf die Möglichkeit der Ersitzung bloß von Teilflächen bei nicht im Grenzkataster eingetragenen Grundstücken [RIS Justiz RS0011696 (T1)] hatte das Berufungsgericht schon in seiner Entscheidung im ersten Rechtsgang hingewiesen. Da eine Ersitzung der unproduktiven Teile alleine über die Jagd nicht möglich ist, wäre dann, wenn sich Behauptungen zu einer erkennbar auch alle unproduktiven Teile umfassenden Markierung sich nicht erweisen lassen sollten, von der Klägerin darzulegen, welche abgrenzbaren Bereiche sie allenfalls als Minus (vgl RIS Justiz RS0041055) ersessen haben sollte. Das bisherige Klagebegehren richtet sich allein auf die Ab und Zuschreibung des gesamten Grundstücks.
6. Der Revision ist ausgehend von diesen Erwägungen Folge zu geben, das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und ihm die neuerliche Entscheidung unter Berücksichtigung der Tatsachenrüge der Klägerin aufzutragen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO