13Os52/14t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Oktober 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krampl als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Christian F***** wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 13, 33 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG aF und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 12. Dezember 2013, GZ 13 Hv 88/13y 41, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Christian F***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (A) sowie (richtig) mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 13, 33 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG aF (B) schuldig erkannt.
Danach hat er gewerbsmäßig (§ 148 StGB iVm § 70 StGB, § 38 Abs 1 FinStrG)
(A) vom Februar 2008 bis zum August 2011 in S***** und an anderen Orten in zahlreichen Angriffen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz andere unter Vorspiegelung, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Geschäftspartner zu sein, zur Überlassung von Altmetall und zur Erbringung von Leistungen verleitet, was mehrere, im Urteil einzeln angeführte Personen mangels entsprechender Gegenleistungen um insgesamt rund 140.000 Euro am Vermögen schädigte, wobei seine gewerbsmäßige Intention insoweit die wiederkehrende Begehung schweren Betrugs umfasste, und
(B) im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts L***** vorsätzlich unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige , Offenlegungs oder Wahrheitspflichten Abgabenverkürzungen zu bewirken versucht (§ 13 FinStrG), nämlich
I) durch Abgabe unrichtiger Steuererklärungen für das Jahr 2007 um 16.254,58 Euro an Umsatzsteuer und um 41.065 Euro an Einkommensteuer sowie für das Jahr 2008 um 51.185 Euro an Einkommensteuer und
II) durch Nichtabgabe einer Steuererklärung für das Jahr 2010 um 42.765 Euro an Einkommensteuer.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Undeutlichkeit im Sinn der Z 5 erster Fall ist gegeben, wenn nach Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof, also aus objektiver Sicht nicht für sämtliche unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevanten Urteilsadressaten, also für den Beschwerdeführer und das Rechtsmittelgericht, unzweifelhaft erkennbar ist, ob eine entscheidende Tatsache in den Entscheidungsgründen festgestellt worden oder aus welchen Gründen die Feststellung entscheidender Tatsachen erfolgt ist (RIS Justiz RS0117995 [insbesonders T3 und T4]).
Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (13 Os 138/03, SSt 2003/93; RIS Justiz RS0118316).
Widersprüchlich sind zwei Aussagen, wenn sie nach den Denkgesetzen oder der allgemeinen Lebenserfahrung nicht nebeneinander bestehen können ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 438). Im Sinn der Z 5 dritter Fall können die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und deren Referat im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen, die zu den getroffenen Feststellungen über entscheidende Tatsachen angestellten Erwägungen sowie die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen und die dazu angestellten Erwägungen zueinander im Widerspruch stehen (15 Os 51/04, SSt 2004/43; RIS Justiz RS0119089).
Offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung, die den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht (14 Os 72/02, SSt 64/39; RIS Justiz RS0116732 und RS0118317).
Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (11 Os 122/00, SSt 63/112; RIS Justiz RS0099431).
In allen Fällen ist die Mängelrüge nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe berücksichtigt (RIS Justiz RS0119370).
Soweit das Gesetz auf einen Vergleich der angefochtenen Entscheidung mit Verfahrensergebnissen abstellt (Z 5 zweiter Fall und Z 5 fünfter Fall) hat die Beschwerde überdies den entsprechenden Aktenbezug herzustellen (vgl RIS Justiz RS0124172).
Indem die Mängelrüge (Z 5) einzelne Argumente der eingehenden (US 31 bis 53), den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechenden Beweiswürdigung isoliert herausgreift und solcherart als offenbar unzureichend darzustellen trachtet, aus Prämissen, die keinen Aktenbezug erkennen lassen, für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse ableitet und einzelnen Überlegungen der Tatrichter eigene Beweiswerterwägungen entgegenstellt, wird sie diesen Kriterien nicht gerecht.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) entwickelt ihre Argumentation nicht aus in der Hauptverhandlung vorgekommenen Verfahrensergebnissen und entzieht sich demnach ebenfalls einer meritorischen Erledigung (13 Os 60/03, SSt 2003/47; RIS Justiz RS0117516, RS0117749 und RS0119310 [Mängel in der Sachverhaltsermittlung werden hier nicht behauptet]).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) erklärt nicht, aus welchem Grund Feststellungen „über die Qualität der von den jeweiligen Verkäufern des Altmetalls [dem Beschwerdeführer] gelieferten Ware“ sowie dazu, „welche Vereinbarungen [vom Beschwerdeführer] mit den jeweiligen Verkäufern insbesondere hinsichtlich der Qualität des zu liefernden Altmetalls getroffen wurden, welche Qualität dann tatsächlich von den Verkäufern [dem Beschwerdeführer] geliefert bzw. zur Abholung [dem Beschwerdeführer] bereit gehalten wurde“, zur rechtsrichtigen Subsumtion erforderlich sein sollen, und verfehlt solcherart die unter dem Aspekt des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes unerlässliche Ableitung der angestrebten rechtlichen Konsequenz aus dem Gesetz (RIS Justiz RS0116569).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.