12Os102/14p – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 25. September 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Breuß als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian M***** wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 11 Hv 103/12d des Landesgerichts Wels, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels vom 12. Dezember 2012, GZ 11 Hv 103/12d 25, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Höpler, und des Verteidigers Dr. Celar zu Recht erkannt:
Spruch
Der Beschluss des Landesgerichts Wels vom 12. Dezember 2012, GZ 11 Hv 103/12d 25 (S 3 f), verletzt, soweit gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO der Widerruf der mit Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Vollzugsgericht vom 22. Dezember 2010, AZ 46 BE 174/10t (nunmehr AZ 28 BE 207/11b des Landesgerichts Wels), gewährten bedingten Entlassung ausgesprochen wurde, § 53 Abs 1 zweiter Satz StGB idF vor BGBl I 2013/116.
Dieser Beschluss, der im Übrigen unberührt bleibt, wird im genannten Umfang aufgehoben. Der Antrag der Staatsanwaltschaft Wels vom 30. Oktober 2012 auf Widerruf der dem Angeklagten Christian M***** mit Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Vollzugsgericht vom 22. Dezember 2010, AZ 46 BE 174/10t (nunmehr AZ 28 BE 207/11b des Landesgerichts Wels), gewährten bedingten Entlassung wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Mit in gekürzter Form ausgefertigtem Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 17. November 2010, GZ 29 Hv 184/09s 29, wurde Christian M***** des Verbrechens der Geldfälschung nach § 232 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt, deren Vollzug hinsichtlich eines Strafteils von 16 Monaten gemäß § 43a Abs 3 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde (Punkt 6./ der Strafregisterauskunft ON 11 in AZ 11 Hv 103/12d des Landesgerichts Salzburg sowie beiliegender VJ Ausdruck).
Mit Beschluss des Landesgerichts Salzburg zu AZ 46 BE 174/10t vom 22. Dezember 2010, nunmehr AZ 28 BE 207/11b des Landesgerichts Wels, wurde der Verurteilte am 22. März 2011 aus dem unbedingt verhängten Strafteil bedingt entlassen (neuerlich Punkt 6./ der oben angeführten Strafregisterauskunft).
Schließlich wurde Christian M***** mit ebenfalls gekürzt ausgefertigtem Urteil des Landesgerichts Wels vom 12. Dezember 2012, GZ 11 Hv 103/12d 25, des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt. Zugleich wurde mit Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO ua vom Widerruf der zu AZ 29 Hv 184/09s des Landesgerichts Salzburg gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen und gemäß § 494a Abs 6 StPO die Probezeit auf fünf Jahre verlängert sowie gemäß § 494 (erg:) a Abs 1 Z 4 StPO die bedingte Entlassung ua zu AZ 28 BE 207/11b des Landesgerichts Wels (ehemals AZ 46 BE 174/10t des Landesgerichts Salzburg) widerrufen.
Das Urteil und die Beschlüsse erwuchsen in Rechtskraft.
Rechtliche Beurteilung
Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt wurde im Verfahren AZ 11 Hv 103/12d des Landesgerichts Wels das Gesetz verletzt:
Nach § 53 Abs 1 zweiter Satz StGB in der im Entscheidungszeitpunkt (12. Dezember 2012) geltenden Fassung, also vor dem Inkrafttreten der Änderung durch das Sexualstrafrechtsänderungsgesetz 2013, BGBl I 2013/116, konnten die bedingte Nachsicht des Teils einer Freiheitsstrafe und die bedingte Entlassung aus dem nicht bedingt nachgesehenen Strafteil nur gemeinsam widerrufen werden. Der bloß partielle Widerruf von Rechtswohltaten ein- und derselben Sanktion widerspricht somit dem im Entscheidungszeitpunkt gesetzlich vorgesehenen Ausschluss der eigenständigen Behandlung von (bedingt nachgesehenem) Strafteil und (nach bedingter Entlassung verbliebenem) Strafrest (RIS Justiz RS0125448; Jerabek in WK² StGB § 53 Rz 4a; Fabrizy , StGB 10 § 53 Rz 14). Demnach war der mit Beschluss des Landesgerichts Wels vom 12. Dezember 2012 ausgesprochene Widerruf der bedingten Entlassung aus dem gemäß § 43a Abs 3 StGB nicht bedingt nachgesehenen Teil der Freiheitsstrafe unzulässig, weil fallbezogen zugleich in Ansehung des bedingt nachgesehenen Teils dieser Strafe vom Widerruf unter Verlängerung der Probezeit abgesehen wurde.
Da diese Gesetzesverletzung dem Verurteilten zum Nachteil gereicht, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, der Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 292 letzter Satz StPO wie aus dem Spruch ersichtlich konkrete Wirkung zuzuerkennen.