12Os75/14t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 25. September 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Breuß als Schriftführerin in der Strafsache gegen Iulian Gheorghe I***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch und im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 zweiter und vierter Fall, 15 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Iulian Gheorghe I***** gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 14. April 2014, GZ 35 Hv 152/13x 86, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten Iulian Gheorghe I***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zu Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das neben dem rechtskräftigen Schuldspruch des Andrei Vlad N***** auch einen rechtskräftigen Freispruch beider Angeklagter enthält, wurde Iulian Gheorghe I***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch und im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 zweiter und vierter Fall, 15 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, sowie als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung mit dem Vorsatz, sich und Dritte durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, den nachgenannten Geschädigten fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro übersteigenden Gesamtwert, durch Einbruch in ihre Wohnhäuser weggenommen und wegzunehmen versucht, und zwar
...
B./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Andrei Vlad N***** und einem weiteren Beteiligten
1./ am 12. Dezember 2012 in F*****
a./ Jia L*****, indem sie mit einem Werkzeug die Tür zum Wintergarten der Wohnung der Genannten aufbrachen, wobei es beim Versuch blieb, weil in der Wohnung keine Wertgegenstände zu finden waren;
b./ im unmittelbaren Anschluss an die unter Punkt B./1./a./ genannte Tathandlung Christina R*****, indem sie den Maschendrahtzaun zu ihrem Grundstück überstiegen und mit Taschenlampen durch ein Fenster in das Innere ihres Wohnhauses leuchteten, wobei es beim Versuch blieb, weil die im Haus anwesende Hauseigentümerin dies bemerkte und das Licht im Wohnzimmer aufdrehte, sodass die Angeklagten die Flucht ergriffen;
2./ am 14. Dezember 2012 in G***** Ulrike V***** Schmuck im Wert von 300 Euro und Golddukaten im Wert von 435 Euro, indem sie ein Fenster mit einem Werkzeug aufzwängten und sodann ins Haus einstiegen, die Räumlichkeiten durchsuchten und im Schlafzimmer die genannten Wertgegenstände an sich nahmen, wobei sie die Flucht ergriffen, als sie von der Hauseigentümerin gestört wurden;
3./ am 17. Dezember 2012 in S***** Manfred K***** einen Standcomputer, einen Digitalfotoapparat samt Objektiven, Bargeld und drei Stück hochwertige Uhren im Gesamtwert von zumindest 1.870 Euro, indem sie ein Fenster mit einem Werkzeug aufzwängten und sodann ins Haus einstiegen, die Räumlichkeiten durchsuchten und im Schlafzimmer sowie im Wohnzimmer des Genannten die Wertgegenstände an sich nahmen;
4./ am 18. Dezember 2012
a./ in G***** Michael S*****, indem sie mit einem Werkzeug die Terrassentür des Wohnhauses aufzuzwängen versuchten, wobei ihnen dies misslang, sodass es beim Versuch blieb;
b./ in P***** Ivica N***** 252 Stück Geldmünzen im Wert von 500 Euro sowie Alkoholika im Gesamtwert von 100 Euro, indem sie ein Kellerfenster des Wohnhauses mit einem Schraubenzieher aufzwängten, dadurch in den Keller einstiegen, sodann ein weiteres Fenster im Erdgeschoss des Wohnhauses aufzwängten, um in den Wohnbereich des Hauses zu gelangen, wo sie die Sachen an sich nahmen, wobei sie weitere offensichtlich bereitgelegte Diebesbeute am Grundstück des Hauseigentümers zurückließen.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Iulian Gheorghe I***** kommt keine Berechtigung zu.
Da das Erstgericht neben der Feststellung, beide Angeklagte hätten von 14. bis 18. Dezember 2012 die zu Schuldspruchpunkt I./B./ ersichtlichen Einbruchsdiebstähle verübt, ausdrücklich auch die im Schuldspruch zu I./B./ angeführten Konstatierungen zu den einzelnen Tathandlungen, also auch die am 12. Dezember 2012 in F***** begangenen, im Versuchsstadium verbliebenen Einbruchsdiebstähle (I./B./1./), zu einem auch in die Feststellungen des Urteils integrierten Entscheidungsbestandteil erklärt hat (US 7), ist ein offensichtlich behaupteter Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zwischen Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und deren Referat im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) nicht erkennbar. Vielmehr findet die Wiedergabe der Urteilsannahmen auch zu den Tathandlungen am 12. Dezember 2012 im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1) in den Urteilsgründen Deckung.
Dass die Tatrichter insbesondere aus der gemeinsamen Einreise mehrerer beschäftigungsloser ausländischer Staatsangehöriger, dem gemeinsamen Erwerb eines Kraftfahrzeugs, der tatsächlichen gemeinsamen Begehung mehrerer Einbruchsdiebstähle in Wohnhäuser nach demselben modus operandi und den auf arbeitsteiliges, professionelles Vorgehen hindeutenden jeweiligen Telefonkontakten den Schluss zogen, diese hätten sich schon von Beginn an zur gemeinsamen Begehung von nach Arbeitsweise und Beuteschema bereits näher determinierten Einbruchsdiebstählen verabredet (US 11 f), ist aus dem Blickwinkel der Begründungstauglichkeit ebenso wenig zu beanstanden wie die Ableitung des Bereicherungsvorsatzes aus dem objektiven Geschehnisablauf (US 12), ist doch der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zu Grunde liegendes Wollen oder Wissen ohne weiteres rechtsstaatlich vertretbar und bei leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch gar nicht zu ersetzen ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 452). Die behauptete offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) liegt daher nicht vor.
Wie der Nichtigkeitswerber ohnedies zugesteht, hat das Schöffengericht die angenommene gewerbsmäßige Tendenz keineswegs „nur mit den verba legalia begründet“ (US 12). Indem die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) den ihrer Ansicht nach „keineswegs stichhältigen, geschweige denn zwingenden Argumenten“ eigene Beweiswerterwägungen entgegensetzt, kritisiert sie im Ergebnis die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung und verlässt solcherart den Anfechtungsrahmen dieses Nichtigkeitsgrundes.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung der Verteidigung bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), desgleichen die zur Anfechtung schöffengerichtlicher Urteile nicht vorgesehene (bloß angemeldete; vgl ON 84 S 31) Berufung wegen Schuld (vgl §§ 280, 283 Abs 1 StPO).
Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung wegen Strafe (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Auf die vom Angeklagten handschriftlich verfasste, direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtete, mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung bezeichnete Eingabe vom 9. Juni 2014 (ON 92) war nicht Bedacht zu nehmen, weil das Gesetz nur eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde vorsieht und bei Vorliegen einer solchen durch den Verteidiger dieser ungeachtet der Reihenfolge des Einlangens stets der Vorzug zu geben ist ( Ratz , WK-StPO § 285 Rz 7; 15 Os 167/97).