JudikaturOGH

11Os47/14t – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. September 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. September 2014 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel und Mag. Fürnkranz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Breuß als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz W***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 15, 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 28. Jänner 2014, GZ 18 Hv 102/13s 17, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz W***** des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 SMG (I./), mehrerer Verbrechen des Suchtgifthandels nach §§ 15, 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG (II./) sowie mehrerer Vergehen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 3 erster Fall SMG (III./) und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (IV./) schuldig erkannt.

Danach hat er soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung

1./ im Großraum B***** und an anderen Orten von Herbst/Winter 2012 bis 9. Juli 2013 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich (a) zumindest 3.400 Gramm Marihuana (Reinsubstanz 300 Gramm THC, US 4), (b) eine unbestimmte Menge Amphetamin und (c) 60 Gramm Cocain (Reinsubstanz 15 Gramm Cocain, US 4) mit dem Vorsatz erworben und besessen, dass davon zumindest eine die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigende Menge Suchtgift in Verkehr gesetzt werde.

Ausschließlich gegen diesen Schuldspruch richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus Z 4 „lit a“, 5, 5a und 11 des § 281 Abs 1 StPO.

Rechtliche Beurteilung

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde der Antrag auf Vernehmung der Zeugen Cabaz F***** und Gyöngöl F***** zum Beweis dafür, dass der Angeklagte nicht die von Benjamin R***** angegebene Menge erhalten und an Dritte überlassen habe, zu Recht abgewiesen. Er legte nämlich nicht dar, weshalb die begehrte Beweisaufnahme, auch wenn die Genannten im gastronomischen Betrieb des Angeklagten tätig waren und mit ihm daher laufend Kontakt hatten, das behauptete Ergebnis ein lückenloses Alibi erwarten lasse und zielte solcherart auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung ab (RIS Justiz RS0118444).

Die Tatrichter haben sich mit dem unterschiedlichen Aussageverhalten des Zeugen Benjamin R***** (des Lieferanten der vom Schuldspruch I umfassten Suchtgiftquanten) im Ermittlungsverfahren und in der Hauptverhandlung eingehend auseinandergesetzt und im Einklang mit den Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen dargelegt, weshalb sie von der Richtigkeit der (selbstbelastenden) ursprünglichen Angaben des Zeugen ausgingen (US 6 ff, 8). Indem die Mängelrüge Aussagepassagen kritisch vergleicht, bekämpft sie nicht erwiderbar die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Mit dem Einwand, wonach der Zeuge R***** in der Folge lediglich die Richtigkeit der ihm vorgehaltenen eigenen Aussagen bestätigt habe, wird von der Beschwerde kein Begründungsdefizit aufgezeigt.

Die aus dem Zusammenhang gerissene Passage der Aussage dieses Zeugen, wonach er nicht mehr angeben könne, welche Art von Drogen er dem Angeklagten gegeben habe, bedurften schon deshalb keiner gesonderten Erörterung (Z 5 zweiter Fall), weil sie sich lediglich auf eine einzelne, vor dem Gasthaus des Beschwerdeführers erfolgte Übergabe bezieht und den Urteilsannahmen nicht entgegensteht (ON 6 S 113 f).

Dass die Tatrichter aufgrund mängelfreier Erörterung des unterschiedlichen Aussageverhaltens dieses Zeugen Teile seiner Angaben (hinsichtlich der von ihm dem Beschwerdeführer verkauften Mengen Marihuana und Kokain [US 10 f]) für glaubwürdig hielten, andere (in Bezug auf den Verkauf von „Speed“ [US 12]) jedoch nicht, stellt den behaupteten Widerspruch der Urteilsbegründung (Z 5 dritter Fall) nicht her (RIS Justiz RS0098372).

Mit eigenständig beweiswürdigenden Spekulationen, weshalb der Zeuge R***** den Angeklagten im Ermittlungsverfahren (im Gegensatz zu seiner Aussage in der Hauptverhandlung) angeblich zu Unrecht belastet habe, wird kein Begründungsmangel aufgezeigt.

Die im Zusammenhang mit dem Schuldspruch I/b vermisste Begründung (Z 5 vierter Fall) findet sich auf US 7 f und 12.

Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) liegt nur bei einem hier nicht getätigten Fehlzitat eines Aussage oder Urkundeninhalts vor. Dass die Tatrichter aus dem unterschiedlichen Aussageverhalten des Zeugen nicht die vom Nichtigkeitswerber gewünschten Schlüsse gezogen haben, stellt den Nichtigkeitsgrund nicht her (RIS Justiz RS0098400).

Die Behauptung der Beschwerde, das Ergebnis der Rufdatenerfassung erweise, dass der erste Kontakt zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen R***** erst am 6. April 2013 erfolgt sei, bleibt ohne Aktenbezug (RIS Justiz RS0124172). Der Vollständigkeit halber wird auf den Bericht der Landespolizeidirektion Vorarlberg verwiesen, wonach es verwunderlich sei, dass auf den sichergestellten Telefonen keinerlei gegenseitige Kontakthinweise gefunden werden konnten, obwohl sowohl Benjamin R***** als auch Franz W***** zugaben, in Kontakt gestanden zu sein (ON 15).

Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) bedurfte der Umstand der Sicherstellung von bloß 0,6 Gramm Marihuana, nicht aber anderer Suchtmittel und Suchtgiftutensilien keiner gesonderten Erörterung. Dies ist auch unter dem Aspekt der Z 5 dritter Fall des § 281 Abs 1 StPO unbeachtlich (RIS Justiz RS0119089 [T1]).

Der in Bezug auf die subjektive Tatseite vom gezeigten Verhalten auf das zugrundeliegende Wollen und Wissen gezogene Schluss der Tatrichter widerspricht nicht den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen (Z 5 vierter Fall; RIS Justiz RS0098671; RS0116882). Im Übrigen wurden die Konstatierungen auch auf die Verantwortung des Angeklagten zum Eigenkonsum und die daran anknüpfende Berechnung gestützt, wonach sich daraus ein Suchtgiftvorrat für mehr als 32 Jahre ergeben hätte (US 11).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) beschränkt sich darauf, auf eine im Bereich des Postamts in L***** installierte Videoüberwachung, den Bekanntheitsgrad des Angeklagten im Ort, das widersprüchliche Aussageverhalten des Zeugen R*****, die „Rufdatenerfassung“ und die von den Tatrichtern als widerlegt erachtete Verantwortung des Angeklagten zu verweisen. Damit werden aber beim Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundeliegenden entscheidenden Tatsachen erweckt.

Die Sanktionsrüge (Z 11 dritter Fall) richtet sich gegen die Nichtgewährung bedingter oder teilbedingter Strafnachsicht und kritisiert die dazu angestellten Erwägungen der Tatrichter als unzureichend, bringt aber damit bloß einen Berufungsgrund zur Darstellung (RIS Justiz RS0100032).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a StPO.

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