12Os78/14h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28. August 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Moritz als Schriftführer in der Strafsache gegen Adriano C***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 10. März 2014, GZ 64 Hv 6/14d 12, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er von zumindest Jänner 2011 bis zumindest Oktober 2012 in S***** und andernorts mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung teils schweren Betrugs (mit jeweils 3.000 Euro übersteigendem Schaden) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Margit P***** jeweils durch wahrheitswidrige Vorgabe, er sei rückzahlungsfähiger und rückzahlungswilliger Darlehensnehmer, somit durch Täuschung über Tatsachen, zur Einräumung einer Vielzahl an Darlehen über insgesamt zumindest 97.375 Euro, also zu Handlungen verleitet, die sie in einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen geschädigt haben.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagtenh, der keine Berechtigung zukommt.
Entgegen den Ausführungen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung des Antrags des Angeklagten auf Vernehmung des Filialleiters der V*****, Herbert F*****, als Zeugen zum Beweis dafür, dass „die Zeugin P***** sehr wohl über die finanzielle Situation des Angeklagten zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme Bescheid wusste, sie bereits ab Eröffnung des Kontos in den Großteil der Transaktion eingebunden war und diese teilweise sogar vor dem Herrn F***** gemeinsam mit dem Angeklagten und der Frau P***** durchgeführt wurden“ (ON 11 S 2, 25), Verteidigungsrechte nicht verletzt. Das Erstgericht ging nämlich ohnehin davon aus, dass das Opfer, als es bei der V***** einen Kredit aufnahm, um seinerseits dem Angeklagten damit ein Darlehen zu gewähren, wusste, dass dieser „kein Geld hatte und keinen Kredit aufgrund seiner Schulden bekommt“ (US 4; § 55 Abs 2 Z 3 StPO). Die in der Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde nachgetragenen Argumente als Versuch einer Fundierung des Antrags unterliegen dem Neuerungsverbot und sind somit unbeachtlich (RIS Justiz RS0099618).
Soweit die Mängelrüge einen Widerspruch im Sinn der Z 5 dritter Fall behauptet, weil das Erstgericht konstatiert habe, der Angeklagte hätte einerseits zugesichert, auf Aufforderung jederzeit zur Rückzahlung der Darlehen in der Lage zu sein, und andererseits, er werde die Darlehen in zwei bis drei Monaten zurückzahlen, ist sie nicht im Recht, weil ein solcher nur dann vorliegt, wenn eine von zwei Aussagen falsch sein muss (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 438).
Entgegen dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) hat sich das Schöffengericht mit den Angaben der Zeugin Margit P*****, insbesondere auch mit jenen, in Kenntnis der tristen finanziellen Situation des Angeklagten gewesen zu sein, auseinandergesetzt (US 4, 6).
Im Übrigen nimmt die Mängelrüge nicht Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe und ist somit nicht gesetzmäßig ausgeführt (RIS Justiz RS0119370, RS0116504), weil sie die Annahme der Tatrichter übergeht, der Angeklagte habe Margit P***** vorgespiegelt, er werde die Darlehen zurückzahlen, wenn „seine Geschäfte ... ins Laufen kommen“ und er sie immer wieder darauf hingewiesen habe, dass „alles den Bach hinuntergehe“, wenn er kein weiteres Darlehen bekomme (US 5 ff).
Weiters wirft die Beschwerde (Z 5 zweiter Fall) dem Schöffengericht vor, „Widersprüche“ in den Angaben der Zeugin Margit P***** übergangen zu haben, weil diese einerseits ausgesagt habe, der Angeklagte hätte ihr eigenes Vermögen in Form einer Wohnung, einer Lebensversicherung und diverser Wertgegenstände mitgeteilt, andererseits hätte sie von einer Belastung der Wohnung mit Hypotheken gewusst und sei überdies davon ausgegangen, dass der Angeklagte zu den Zeitpunkten der Geldübergaben über keine finanzielle Mittel verfügte und Rückzahlungen ausschließlich erst durch zu erzielende Unternehmensgewinne erfolgen sollten. Damit verkennt die Nichtigkeitsbeschwerde, dass es kein Begründungsmangel ist, wenn das Gericht nicht den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen wie überhaupt alle Verfahrensergebnisse im Einzelnen erörtert und darauf untersucht, inwieweit sie für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen, und sich nicht mit jedem, gegen seine Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde konkret erhobenen Einwand im Voraus auseinandersetzt. Es genügt vielmehr, wenn der Gerichtshof im Urteil in gedrängter Form die entscheidenden Tatsachen bezeichnet und logisch einwandfrei und zureichend begründet, warum er von der Richtigkeit dieser Annahme überzeugt ist, ohne dagegen sprechende Umstände mit Stillschweigen zu übergehen (RIS Justiz RS0098377).
Indem der Rechtsmittelwerber ausführt, die Angaben der genannten Zeugin, dem Angeklagten wiederholt auch kleinere Beträge wie für die Reparatur seines desolaten Pkw und sogar für Lebensmittel gegeben zu haben, ließen die erstgerichtliche Annahme einer Täuschung über die finanziellen Verhältnisse ausgeschlossen erscheinen, bekämpft er damit nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung.
Weiters wendet sich die Mängelrüge gegen die Feststellungen zur subjektiven Tatseite und führt aus, aus der fehlerhaften Einschätzung der Gewinnchancen seiner Geschäftsidee könne nicht auf Betrugsvorsatz des Angeklagten geschlossen werden (Z 5 vierter Fall). Damit unterlässt sie es neuerlich, die Gesamtheit der Entscheidungsgründe in den Blick zu nehmen. Wiederum wird bloß die dem Erstgericht vorbehaltene Beweiswürdigung bekämpft.
Indem der Nichtigkeitswerber ausführt, es sei nicht erkennbar, aus welchen Gründen das Erstgericht die Verantwortung des Angeklagten zur subjektiven Tatseite und insbesondere seine Angaben bezüglich seines Vertrauens in den Erfolg seiner Geschäftsidee „als widerlegt ansah“, setzt er sich über die ausführliche Urteilsbegründung hinweg, nach welcher seine Aussage (zusammengefasst) als Schutzbehauptung gewertet wurde (US 6 ff). Überdies verkennt er, dass die Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit einer Person aufgrund des in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks ein kritisch psychologischer Vorgang ist, der als solcher der Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde entrückt ist (RIS Justiz RS0099419, RS0106588, RS0099649).
Mit den weiteren Ausführungen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall), aus einer lückenhaften Belegsammlung und Erinnerungslücken bezüglich einzelner Überweisungen nach China dürfe nicht auf Betrugsvorsatz geschlossen werden, wendet sich der Rechtsmittelwerber neuerlich gegen die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung.
Ob der Angeklagte aus „seiner Geschäftsidee bzw Firma“ keine Einnahmen oder entsprechend seiner Verantwortung ab 28. Oktober 2011 ungefähr 45.000 bis 50.000 Euro erzielte, ist weder entscheidend noch erheblich, zumal ihm nicht bloß die Vortäuschung seiner Zahlungsfähigkeit, sondern auch die Vortäuschung seiner Zahlungswilligkeit zur Last liegt (vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 399, 409).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.