JudikaturOGH

12Os46/14b – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. August 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. August 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Moritz als Schriftführer in der Strafsache gegen Karim S***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter und dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 1 sowie Abs 4 Z 1 und 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Karim S***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 5. November 2013, GZ 27 Hv 117/13m 196, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten Karim S***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch unbekämpft gebliebene Schuldsprüche Mitangeklagter und Freisprüche des Beschwerdeführers enthält, wurde Karim S***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter und dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter (richtig: und dritter) Fall, Abs 2 Z 1, Abs 4 Z 1 und 3 SMG (A./), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1, Abs 4 Z 1 und 3 SMG (B./1./) und des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 und Abs 3 SMG (C./1./) schuldig erkannt.

Danach hat er soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz zu datumsmäßig nicht exakt feststellbaren Zeitpunkten zwischen Oktober 2012 und 2. Jänner 2013 in I***** jeweils als Mitglied einer kriminellen Vereinigung

A./ andere, die ihrerseits jeweils im Zuge von Schmuggelfahrten vorschriftswidrig Suchtgift aus Italien aus und nach Österreich einführten, zu deren Tatausführungen bestimmt bzw zu Punkt II./ dazu beigetragen, indem er die entsprechenden Suchtgiftlieferungen bestellte und in Auftrag gab sowie die Übernahme der zu schmuggelnden Suchtgifte in I***** samt deren Bezahlung zusicherte, wobei er die Taten mit Bezug auf insgesamt 53.698,4 g Cannabis mit einem mit Ausnahme der Punkte A./II./ und A./V./ zumindest 8%igen THC Gehalt (insgesamt 4.295,9 g THC), somit mit Bezug auf Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) vielfach übersteigenden Menge (mehr als 214 fache Grenzmenge) und zudem gewerbsmäßig beging, obwohl er bereits einmal wegen § 28a Abs 1 SMG, nämlich mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 28. Jänner 2009, AZ 23 Hv 186/08x, verurteilt worden war, und zwar:

...

II./ am 8. Dezember 2012 den Suchtgiftkurier Eltahir ***** H*****, welcher im Auftrag eines derzeit noch unbekannten Nordafrikaners namens „A*****“ 1.982,40 g Cannabisharz (beinhaltend 317,20 g THC) von Italien nach I***** schmuggelte, dabei unterstützt, indem er ihn in I***** empfing und zum Haus des A***** in I***** brachte;

...

IV./ knapp vor dem 26. Dezember 2012 den derzeit noch unbekannten Nordafrikaner namens „Ab*****“, der über die Kuriere Nadia T*****, Yamna M***** und Pietro B***** ca 20 kg Cannabisharz von T***** nach I***** schmuggeln ließ (1.600 g THC);

V./ knapp vor dem 29. Dezember 2012 neuerlich den „Ab*****“, der über die Kuriere Nadia T*****, Yamna M***** und Pietro B***** insgesamt 19.416 g Cannabisharz schmuggeln ließ (beinhaltend 1.610 g THC);

VI./ knapp vor dem 21. Dezember 2012 den Mohamed ***** Bi*****, der ca 10 kg Cannabisharz von Italien nach Österreich zu verbringen versuchte und noch in V***** festgenommen wurde (800 g THC).

Rechtliche Beurteilung

Ausschließlich gegen diese Punkte des Schuldspruchs richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Karim S*****, der keine Berechtigung zukommt.

Die Mängelrüge bekämpft ebenso wie die Tatsachenrüge (ausschließlich zu A./IV./) im Ergebnis die Feststellung jener Suchtgiftmengen, die von den Bestimmungshandlungen des Beschwerdeführers umfasst gewesen seien, und behauptet zu A./II./ die mangelnde Begründung der Konstatierung, wonach er vom Umfang des eingeführten Suchtgifts Kenntnis gehabt habe. Im Ergebnis strebt die Beschwerde insgesamt eine Verurteilung bloß hinsichtlich jener Quanten an, zu deren der Beschwerdeführer geständig war.

Tatsachenfeststellungen sind nur insoweit mit Mängel- und Tatsachenrüge anfechtbar, als sie die Frage nach der rechtlichen Kategorie einer oder mehrerer strafbarer Handlungen beantworten und solcherart im Sinne der angezogenen Nichtigkeitsgründe entscheidend sind ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 398). Im vorliegenden Fall erfolgte Schuldspruch A./ wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a SMG auch in der Qualifikation des Abs 4 Z 3 dieser Gesetzesstelle. Diese stellt eine besondere Art von Zusammenrechnungsgrundsatz für jeweils große Suchtgiftmengen vergleichbar dem für wert- und schadensqualifizierte Delikte geltenden § 29 StGB dar, weshalb gleichartige strafbare Handlungen nach § 28a Abs 1 SMG derart qualifiziert bei gleichartiger Realkonkurrenz stets nur ein (einziges) Verbrechen nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG begründen (vgl RIS-Justiz RS0123912, RS0117464). Werden somit nicht einzelne realkonkurrierende Taten, die rechtlich selbständig bestehen bleiben und als solche bekämpft werden können ( Ratz in WK² StGB § 29 Rz 7; WK StPO § 281 Rz 568), bestritten, sondern wie hier lediglich die konstatierten Suchtgiftmengen, spräche die Rüge nur dann eine entscheidende Tatsache an, wenn die gesamte Suchtgiftmenge, zu deren Einfuhr der Beschwerdeführer bestimmt hat, das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge nicht überstiege.

Gerade dies trifft im vorliegenden Fall aber nicht zu: So hat der Beschwerdeführer zu A./IV./ und A./V./ Suchtgiftmengen von jeweils sieben Kilogramm zugestanden (US 18 iVm ON 195 S 12 f). Zuzüglich der zu A./I./ und A./III./ nicht bekämpften Mengen von 1.000 sowie 1.300 g Cannabisharz ergibt sich unter Zugrundelegung des vom Erstgericht angenommenen Reinheitsgehalts von 8 % THC eine das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) weit übersteigende Menge der Reinsubstanz THC, nämlich zumindest das 65 fache dieser Menge, die im Auftrag des Beschwerdeführers nach Österreich eingeführt wurde. Auch ein vom Beschwerdeführer reklamierter Reinheitsgehalt von 7,58 % würde an einer § 28a Abs 4 Z 3 SMG zu unterstellender Überschreitung der Grenzmenge nichts ändern.

Mit der Behauptung eines inneren Widerspruchs (Z 5 dritter Fall) betreffend A./VI./, weil die Tatrichter zwar versuchte Tatbegehung konstatierten, dies aber im Ausspruch gemäß § 260 Abs 1 Z 2 StPO keinen Niederschlag gefunden habe, spricht der Beschwerdeführer keine entscheidende Tatsache, sondern eine dem Regelungsbereich der Z 11 zweiter Fall StPO zuzuordnende Strafzumessungstatsache an (RIS-Justiz RS0122137 [T5]). Diese fand in der dem Ermessensbereich zuzuordnenden Strafzumessung durch die Annahme des Milderungsgrundes der teilweise im Entwicklungsstadium des Versuchs gebliebenen Tatbegehung ohnehin Berücksichtigung (US 29).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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