JudikaturOGH

12Os68/14p – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. Juli 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Juli  2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Moritz als Schriftführer in der Strafsache gegen Jürgen K***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. März 2014, GZ 62 Hv 10/14i 84, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Jürgen K***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG (I./A./) sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (I./B./) und nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG (I./C./) sowie des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG (II./) schuldig erkannt.

Danach hat er soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz in Wien

I./ vorschriftswidrig Suchtgift, und zwar Speed (enthaltend Amphetamin)

A./1./ bis 6./ (zusammengefasst wiedergegeben) in der Zeit vom Februar 2012 bis 26. November 2013 in einer das 15 fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich insgesamt 3.682,65 Gramm (enthaltend 223,14 Gramm Amphetamin) namentlich genannten sieben Personen in zahlreichen Angriffen überlassen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Schuldspruch erhobenen, auf Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des Antrags auf Vernehmung des Zeugen Gerald P***** zum Beweis dafür, dass „Herr K***** kein Speed an den Herrn M***** und die Frau F***** verkauft hat“ (ON 83 S 47 f), Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt.

Denn der Beschwerdeführer vernachlässigt, dass das Erstgericht zu I./A./ aufgrund des konstatierten, auf ein das 15 fache der Grenzmenge überschreitendes Suchtgiftquantum gerichteten Additionsvorsatzes (US 7) in sachverhaltsmäßiger Hinsicht nicht von mehreren eigenständigen Taten, sondern von mehreren Angriffen im Rahmen einer tatbestandlichen Handlungseinheit und demgemäß von einer einzigen Tat ausging (vgl RIS Justiz RS0122006). Angesichts der dem in Rede stehenden Schuldspruchpunkt I./A./1./ zu Grunde liegenden, die Annahme des bereits durch die Punkte I./A./2./ bis 6./ (153,66 Gramm Amphetamin [US 6]; Grenzmenge 10 Gramm gemäß § 1 und Anhang Pkt 3. SGV) verwirklichten § 28a Abs 2 Z 3 SMG nicht berührenden Suchtgiftmenge war der Beweisantrag auf keine für die Schuld oder Subsumtionsfrage entscheidende Tatsache gerichtet (RIS Justiz RS0127374 [T1]).

Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass der Beweisantrag auch abgesehen davon zu Recht abgewiesen wurde:

Gerald P***** hatte, worauf im Antragsvorbringen verwiesen wurde, bei seiner Einvernahme vor der Polizei zu den Lieferanten des Thomas M***** und der Simona F***** (I./A./1./) befragt angegeben, er habe „mitbekommen, dass diese zumindest Speed von einem 'Christian', welcher Nähe des SMZ Ost wohnt, beziehen“. „Ob dieser Typ auch wirklich Christian“ heiße, wisse er allerdings nicht (ON 2 S 39). Die Zeugen M***** (ON 83 S 22) und F***** (ON 83 S 32) hatten über ausdrücklichen Vorhalt dieser Angaben dezidiert in Abrede gestellt, ihr tatverfangenes Suchtgift von jemand anderem als dem Angeklagten, respektive der von Gerald P***** nur vage bezeichneten Person, bezogen zu haben. Der Angeklagte selbst führte aus, Gerald P***** nicht zu kennen (ON 83 S 48); dessen bereits genannten Angaben kann entnommen werden, dass Gerald P***** die von ihm als Lieferanten bezeichnete Person nur vom Hörensagen her, nicht aber persönlich kannte.

Bei Gesamtsicht dieser Verfahrensergebnisse zum Zeitpunkt der Beweisantragstellung hätte es solcherart, um dieser den Charakter bloßer Erkundungsbeweisführung (§ 55 Abs 1 letzter Satz StPO) zu nehmen, eines konkreten Vorbringens dahin bedurft, weshalb der Zeuge dennoch in der Lage sein sollte, zur Person des behaupteten „Alibi Suchtgiftlieferanten“ verwertbare Angaben zu machen.

Der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider sind die Urteilsannahmen, wonach der selbst an Suchtmittel gewöhnte Angeklagte die Taten nicht vorwiegend zur Finanzierung seines persönlichen Drogenbedarfs beging, sondern der Erlös aus den strafbaren Handlungen zu mehr als der Hälfte in die Bestreitung des sonstigen Lebensunterhalts floss oder angespart wurde (US 7), nicht unbegründet geblieben.

Denn das Erstgericht erschloss (im Zusammenhang mit der Zweckbestimmung sichergestellten Suchtgifts einerseits für den Weiterverkauf [I./B./] und andererseits für den Eigenkonsum [I./C./] aus den Angaben des Angeklagten einen „Aufteilungsschlüssel“ dahin, dass „auf fünf verkaufte Gramm Speed zumindest 2,1 Gramm Eigenkonsumation fällt“, wobei im Übrigen ausdrücklich auf die Depositionen des Angeklagten zum Eigenkonsum (ON 83 S 13) verwiesen wurde (US 19). Demnach führte der Angeklagte aus, hiefür monatlich rund 450 Euro aufgewendet zu haben; bei Zugrundelegung eines Deliktszeitraums (I./A./) von 22 Monaten (Februar 2012 bis Ende November 2013) ergeben sich demnach monatliche Aufwendungen für den Suchtgift Eigenkonsum von rund 9.900 Euro, welchen ein festgestellter Betrag an Suchtgifterlösen von rund 40.000 Euro (US 7 iVm US 19 vorletzter Absatz) gegenübersteht. Überdies hat das Erstgericht als erwiesen angenommen, dass beim Beschwerdeführer ein (für verfallen erklärter) Geldbetrag von knapp 30.000 Euro sichergestellt wurde (US 22). Dass demnach der weit überwiegende Teil der Suchtgifterlöse nicht zur Finanzierung des Eigenkonsums bestimmt war, wurde somit mängelfrei begründet.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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