6Nc20/14i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj J***** K*****, geboren am *****, p. A. *****, über das Ersuchen des Bezirksgerichts Liezen um eine Entscheidung nach § 111 Abs 2 JN in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Übertragung der Zuständigkeit für diese Pflegschaftssache vom Bezirksgericht Liezen an das Bezirksgericht Floridsdorf wird genehmigt.
Text
Begründung:
Mit Beschluss vom 16. 7. 2013 übertrug das Bezirksgericht Leopoldstadt die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache gemäß § 111 JN an das Bezirksgericht Floridsdorf, weil sich das Kind ständig in dessen Sprengel (bei Pflegeeltern) aufhalte. Das Bezirksgericht Floridsdorf übernahm mit Beschluss vom 23. 7. 2013 die Zuständigkeit.
Das Jugendamt teilte dem Bezirksgericht Floridsdorf am 30. 7. 2013 mit, das Kind befinde sich im Rahmen der vollen Erziehung seit 19. 6. 2013 in einer in Liezen gelegenen Wohngemeinschaft.
Daraufhin übertrug das Bezirksgericht Floridsdorf mit Beschluss vom 31. 7. 2013 die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache gemäß § 111 JN an das Bezirksgericht Liezen, welches die Zuständigkeit mit Beschluss vom 6. 8. 2013 übernahm.
Am 10. 2. 2014 teilte das Jugendamt dem Bezirksgericht Liezen mit, das Kind befinde sich seit 31. 1. 2014 wieder bei der „magistratischen Pflegepartei“ im Sprengel des Bezirksgerichts Floridsdorf.
Daraufhin übertrug das Bezirksgericht Liezen mit Beschluss vom 9. 4. 2014 die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache gemäß § 111 JN an das Bezirksgericht Floridsdorf. Dieses verweigerte die Übernahme der Zuständigkeit unter Hinweis auf die Rekursentscheidung ON 48 und das offene Unterhaltsverfahren und retournierte den Pflegschaftsakt dem Bezirksgericht Liezen, das den Akt dem Obersten Gerichtshof gemäß § 111 Abs 2 JN vorlegte.
Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 111 Abs 2 Satz 2 JN bedarf im Falle der Weigerung des anderen Gerichts die Übertragung zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung des den beiden Gerichten zunächst übergeordneten gemeinsamen höheren Gerichts.
Offene Anträge (etwa betreffend Unterhalt) sprechen im Allgemeinen nicht gegen eine Zuständigkeitsübertragung, es sei denn, dem übertragenden Gericht käme zur Entscheidung eine besondere Sachkenntnis zu oder es hätte bereits unmittelbare Beweisaufnahmen durchgeführt (RIS Justiz RS0047032 [T2]).
Das vom Bezirksgericht Floridsdorf genannte offene Unterhaltsverfahren bildet somit keinen tauglichen Grund für die Weigerung der Übernahme, zumal das Unterhaltsverfahren schon im Zeitpunkt der Übertragung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Liezen offen war und dieses Gericht dazu auch keinerlei Erhebungen oder Verfahrensschritte gesetzt hat.
Ebenso wenig spricht die vom Bezirksgericht Floridsdorf genannte Rekursentscheidung ON 48, womit die Übertragung der Sache vom Bezirksgericht Floridsdorf an das Bezirksgericht Liezen gebilligt wurde, gegen die Übertragung an das Bezirksgericht Floridsdorf, erging diese Rekursentscheidung doch auf der nicht mehr aktuellen Tatsachengrundlage des ständigen Aufenthalts des Kindes im Sprengel des Bezirksgerichts Liezen.
Die Zuständigkeitsübertragung ist daher zu genehmigen.