8ObA86/13z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner als weitere Richter, sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Werner Hallas und Mag. Thomas Kallab in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1. D***** AG, und 2. D***** GmbH, beide *****, vertreten durch Kaufmann Thurnher Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, gegen die beklagte Partei S***** Dr. A***** D*****, vertreten durch Dr. Bertram Grass und Mag. Christoph Dorner, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 29. Oktober 2013, GZ 15 Ra 53/13a 50, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird gemäß § 2 ASGG, § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Die beiden Klägerinnen begehrten gegenüber dem Beklagten 1.) die Zahlung von 140.005,38 EUR sA an die Erstklägerin; 2.) die Feststellung der Haftung des Beklagten für alle Schäden, die der Erstklägerin und der Zweitklägerin wegen eines vom Beklagten anhängig gemachten Strafverfahrens entstehen; 3.) die Feststellung, dass der zwischen Zweitklägerin und Beklagtem geschlossene Pensionsvertrag aufgelöst sei und der Beklagte daraus keinen Anspruch habe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Die Abweisung des Zahlungsbegehrens ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen.
Das Berufungsgericht bestätigte mit dem angefochtenen Teilurteil die Abweisung des unter 2.) gestellten Feststellungsbegehrens. Die Berufung enthalte in diesem Punkt nur eine formale Anfechtungserklärung und sei daher nicht gesetzmäßig ausgeführt. Hinsichtlich des zu 3.) gestellten Feststellungsbegehrens hob das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.
In der außerordentlichen Revision der Klägerinnen gegen das bestätigende Teilurteil des Berufungsgerichts wird vorgebracht, ihre in zweiter Instanz erhobene Beweis und Rechtsrüge habe sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch auf das erste Feststellungsbegehren bezogen. Das Berufungsgericht habe offenbar den auf Seite 20 ihres Rechtsmittels enthaltenen Satz: „ Aus alldem ergibt sich aber auch, dass der Beklagte der Erstklägerin zumindest für die aus der verleumderischen Strafanzeige entstehenden Schäden haftbar ist, weshalb das diesbezügliche Feststellungsbegehren berechtigt ist“ überlesen.
Rechtliche Beurteilung
Mit diesen Ausführungen wird aber keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt.
Die Beurteilung, welchen Sachverhalt und welches Begehren ein Antrag enthält und wie der Antrag zu verstehen ist, ist immer von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Mangels einer über den Anlass hinausreichenden Aussagekraft von Einzelfallentscheidungen steht die Revision zu ihrer Überprüfung nach § 502 Abs 1 ZPO nicht offen, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre bei seiner Entscheidung eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen, die ausnahmsweise zur Wahrung der Rechtssicherheit einer Korrektur bedürfte. Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor.
Zunächst ist nicht nachvollziehbar, inwiefern sich aus dem oben zitierten Satz, der nur auf die Feststellung einer Haftung gegenüber der Erstklägerin abzielt, auch eine Anfechtung der Klagsabweisung in Ansehung der Zweitklägerin ergeben hätte sollen. Die Revision bietet dafür keine Begründung.
Das Erstgericht hat zudem ein rechtliches Interesse der Klägerinnen an einer alsbaldigen Feststellung der Haftung des Beklagten (§ 228 ZPO) schon deswegen verneint, weil nicht feststehe, ob den Klägerinnen überhaupt ersatzfähige Schäden aus dem vom Beklagten initiierten Strafverfahren entstehen könnten.
Die Berufungsausführungen befassten sich zwar umfangreich mit der strafrechtlichen Qualifikation der vom Beklagten erhobenen Anschuldigungen als verleumderisch, aber gerade nicht mit der wesentlichen Frage, welcher konkret drohende Schaden entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichts ein Feststellungsinteresse der Klägerinnen begründen könnte.
Auch die Revision selbst lässt eine Auseinandersetzung mit dieser Frage nicht erkennen.
Die Notwendigkeit einer Begründung des Feststellungsinteresses wäre auch schon deswegen auf der Hand gelegen, weil die Klägerinnen nach ihrem Vorbringen im Konflikt zwischen dem Beklagten und den von ihm angezeigten Personen nur mittelbar Geschädigte wären, deren Klagelegitimation eine Schadensverlagerung voraussetzen würde (RIS Justiz RS0022608). Die Strafanzeige des Beklagten war nicht gegen die Klägerinnen gerichtet, sondern gegen deren Vorstandsmitglieder und weitere Personen, die der Beklagte strafbarer Handlungen zum Nachteil der Erstklägerin und ihrer Aktionäre verdächtigte. Ein durch die Strafanzeige begründeter Interessenkonflikt bestand primär nicht zwischen dem Beklagten und den Klägerinnen, sondern zwischen dem Beklagten und den beschuldigten Personen. Nach der Rechtsprechung genügt es für eine Schadensverlagerung auf die Gesellschaft in der Regel nicht, dass sich eine rechtswidrige Handlung gegen ein Organ oder einen Gesellschafter richtet (vgl 6 Ob 315/05h [deliktische Rufschädigung des Geschäftsführers]).
Dem Berufungsgericht ist daher jedenfalls keine grobe, die Revisionszulässigkeit begründende Fehlbeurteilung anzulasten, wenn es eine substanziierte Auseinandersetzung der Berufung mit der rechtlichen Begründung des Erstgerichts verneint hat.