JudikaturOGH

12Os36/14g – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. Mai 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Mai 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian H***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Thomas B***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 30. Oktober 2013, GZ 43 Hv 52/13t 38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Thomas B***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen unbekämpften Schuldspruch des Angeklagten Christian H***** enthaltenden Urteil wurde Thomas B***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 29. Juli 2013 in S***** zur Ausführung einer strafbaren Handlung, nämlich eines Raubes durch Christian H*****, der Verfügungsberechtigten der dortigen R***** mit Gewalt gegen zwei Bankangestellte, die er zur Seite stieß, 31.890 Euro Bargeld mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegnahm, beigetragen, indem er den Genannten entsprechend dem gemeinsamen Tatplan mit seinem PKW zum Tatort fuhr und diesen in der Folge als Fluchtfahrzeug bereit hielt.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen dieses Urteil aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Thomas B***** kommt keine Berechtigung zu.

Die Kritik des Beschwerdeführers am Unterbleiben der Beischaffung einer von ihm der Kriminalpolizei übergebenen Rechnung des Kaufhauses S***** übersieht, dass die erfolgreiche Geltendmachung mit Verfahrensrüge (Z 4) eine darauf gerichtete (hier jedoch durch den bloßen Hinweis auf die einen Einkauf belegende Rechnung nicht [ON 37 S 71] erfolgte) Antragstellung in der Hauptverhandlung voraussetzt (RIS Justiz RS0099250, RS0099244).

Die Anträge auf Vernehmung der Zeugen Herbert W***** und Dominik P***** (ON 37 S 71 ff) konnten ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten abgewiesen werden, weil der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider die Fragen, ob der Angeklagte im Kaufhaus S***** einen Einkauf getätigt hat, bzw ob er nach seiner ersten Anhaltung durch die Polizei in unmittelbarer Nähe des Bankinstituts war, für die Schuldfrage nicht von erheblicher Bedeutung sind. Die Einschätzung, ob der Angeklagte bei seinem Gespräch mit Herbert W***** „aufgeregt“ gewirkt hat, betrifft im Übrigen bloß eine subjektive Meinung, die ebenso wie Ansichten, Wertungen, Schlussfolgerungen und ähnliche intellektuelle Vorgänge schon grundsätzlich nicht Gegenstand einer Zeugenaussage ist (RIS Justiz RS0097540).

Der Antrag auf Einholung des Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Psychologie zur Frage, ob es dem Beschwerdeführer bei „Verwicklung“ in einen Banküberfall möglich wäre, einen Einkauf zu tätigen und sich dabei zu unterhalten, zielt auf unzulässige - Erkundungsbeweisführung ab ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 331). Gleiches gilt für den Antrag auf Vernehmung eines namentlich nicht genannten Polizeibeamten zum Beweis dafür, dass der Tank des Fahrzeugs des Beschwerdeführers „so gut wie leer“ gewesen sei (ON 37 S 73). Vor allem betrifft dieser Umstand keine entscheidende oder erhebliche Tatsache.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) haben sich die Tatrichter bei Feststellung der durch den unmittelbaren Täter erfolgten Gewaltanwendung mit den Angaben der Zeuginnen Brigitte Sc***** und Helga K***** zu Art und Intensität der körperlichen Berührung auseinandergesetzt (US 6 zweiter Absatz). Die eine solche leugnenden Angaben des Angeklagten Christian H***** wurden als Schutzbehauptungen verworfen (US 6), weshalb das Erstgericht dem Gebot gedrängter Darstellung in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend nicht gehalten war, die Aussage dieses Angeklagten in all ihren Details gesondert zu erörtern. Nichts anderes gilt für die ebenfalls als nicht nachvollziehbar verworfenen Angaben des Beschwerdeführers (US 8 f).

Die vermeintlich fehlende Auffindung des Rucksacks des Angeklagten Christian H***** im Fahrzeug des Nichtigkeitswerbers bei der (erst nach seiner Festnahme) erfolgten Durchsuchung durch die Tatortgruppe der Landespolizeidirektion Niederösterreich (ON 21 S 9 unten sowie S 47 ff [insbesondere S 133 bis 139]) ist unter dem Aspekt der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) nicht von Bedeutung, zumal dessen dort erfolgte Aufbewahrung von keinem der Angeklagten bestritten wurde (ON 2 S 9 und 21 ff; ON 37 S 7, 17, 27 und 35).

Soweit sich die Tatsachenrüge (Z 5a) gegen die Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Christian H***** richtet, fehlt es dem Beschwerdeführer an der erforderlichen Legitimation (§ 282 Abs 1 StPO; Ratz , WK StPO § 282 Rz 27; RIS Justiz RS0099257 [T3]).

Die „Vermummung des Erstangeklagten“ und die Sicherstellung dessen Rucksacks im Fahrzeug des Thomas B***** beziehen sich nicht auf für die Schuld- oder Subsumtionsfrage entscheidende Tatsachen.

Die weiters behaupteten „Unregelmäßigkeiten in der Beweiswürdigung“ im Zusammenhang mit dem Bereithalten des Fluchtfahrzeugs, der Gewaltanwendung durch den unmittelbaren Täter und dem darauf gerichteten Vorsatz des Beschwerdeführers vermögen keine nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierenden Bedenken (RIS Justiz RS0119583) an der Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen zu erwecken. Der Angeklagte leitet vielmehr bloß aus den von den Tatrichtern gewürdigten Beweisen (US 5 bis 10) für sich günstigere Schlussfolgerungen ab und bekämpft damit nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung die Beweiswürdigung des Schöffengerichts.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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