JudikaturOGH

13Os10/14s – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. April 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. April 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fellner als Schriftführer in der Finanzstrafsache gegen Paul S***** und andere Angeklagte wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG idF vor BGBl I 2010/104 und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Finanzstrafbehörde sowie die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten Paul S*****, Romed W***** und Hannes T***** sowie des belangten Verbands Sch***** GmbH gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 9. August 2013, GZ 39 Hv 142/12z 44, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Text

Gründe:

Soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung, wurde Gottlieb G***** vom Vorwurf, er habe von 2004 bis November 2008 „durch gemeinsamen Tatentschluss, die Vereinnahmung von EUR 210.000,-- Schwarzgeldern, Genehmigung der Jahresabschlüsse/Bilanzen“ zur Ausführung von im Urteil detailliert beschriebenen Finanzvergehen des Paul S***** (Verkürzungen an Umsatz sowie Körperschaftsteuer [A/1/a/i], an Kapitalertragsteuer [A/1/a/ii] und an Lohnsteuer und Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen [A/1/c]) sonst beigetragen, wobei er die Verkürzung an Lohnsteuer und Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen nicht nur für möglich, sondern für gewiss hielt, freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Finanzstrafbehörde schlägt fehl.

Nach den maßgeblichen Urteilsannahmen (US 14 f, 17 f, 23, 31) hielt Gottlieb G***** bis 13. November 2008 ein Viertel der Gesellschaftsanteile der Sch***** GmbH. Er trug von 2004 bis zum erwähnten Zeitpunkt zu den vom geschäftsführenden Gesellschafter dieses Unternehmens, Paul S*****, begangenen Finanzvergehen (Verkürzungen an Umsatz sowie Körperschaftsteuer [A/1/a/i], an Kapitalertragsteuer [A/1/a/ii] und an Lohnsteuer und Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen [A/1/c]) durch „gemeinsamen Tatentschluss“, die „Vereinnahmung von EUR 210.000,-- an Schwarzgeldern“ und die „Genehmigung der Jahresabschlüsse/Bilanzen“ bei.

In subjektiver Hinsicht ging das Erstgericht hinreichend deutlich davon aus, dass sich der Vorsatz des Angeklagten Gottlieb G***** nur auf eine Verkürzung an Kapitalertragsteuer (von 52.000 Euro) im Zusammenhang mit der ihm zugeflossenen Gewinnausschüttung von 210.000 Euro bezog (US 31). Diese Feststellung steht zwar wie anzumerken ist im Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zur Annahme eines sich auch auf weitere Steuerarten erstreckenden Beitragsvorsatzes (§ 11 dritter Fall FinStrG) des Angeklagten Gottlieb G***** (US 23). Da die Beschwerde diesen Begründungsmangel nicht aufgreift, hat er aber auf sich zu beruhen (§§ 285a Z 2, 290 Abs 1 erster Satz StPO).

Mit dem Hinweis auf das Beisein des Angeklagten Gottlieb G***** bei Bilanzbesprechungen und die auch von anderen Gesellschaftern vereinnahmten Schwarzgeldbeträge bekämpft die Beschwerdeführerin (nominell aus Z 5 erster bis dritter Fall) bloß die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Gleiches gilt für den Einwand, wonach es für jedermann klar sei, dass beim Empfang von „Schwarzgeldern“ auch Umsatzsteuer hinterzogen werde.

Dass der strafbestimmende Wertbetrag nicht vom Vorsatz umfasst sein muss, ist als ausschließlich rechtlicher Aspekt (vgl RIS Justiz RS0086282, RS0086696, RS0086997, RS0087087, RS0103991; Lässig in WK 2 FinStrG § 33 Rz 47 f) kein Gegenstand von Feststellungen (insoweit der Sache nach Z 9 lit a) und somit auch einer Anfechtung mit Mängelrüge (Z 5) entzogen (zum Sachverhalt als deren Bezugspunkt vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 391 ff).

Da die Beschwerdeführerin die angeblich „nicht im Einklang stehenden“ Urteilskonstatierungen und Verhandlungsergebnisse nicht bekannt gibt, erübrigt sich eine Antwort auf den damit verbundenen Vorwurf unvollständiger, undeutlicher und „unzutreffender“ Feststellungen.

Die gesetzmäßige Ausführung einer Rechtsrüge (Z 9 lit a) hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt zur Voraussetzung (RIS Justiz RS0099810). Daran scheitert die Beschwerde, weil sie lediglich beweiswürdigende Überlegungen anstellt und im Übrigen die Konstatierungen zur allein die Kapitalertragsteuer umfassenden subjektiven Tatseite des Angeklagten ignoriert.

Abgesehen davon, dass ein Freispruch mit Subsumtionsrüge (Z 10) gar nicht angefochten werden kann, erschöpft sich das dazu erstattete Rechtsmittelvorbringen im bloßen Verweis auf das bisher Vorgebrachte.

In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur war die Nichtigkeitsbeschwerde daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Bleibt der Vollständigkeit halber anzumerken, dass die Generalprokuratur zutreffend auf die von der Beschwerde übersehene (vgl neuerlich § 285a Z 2 StPO; RIS Justiz RS0100226; Ratz , WK StPO § 281 Rz 585) - Fehlerhaftigkeit des Urteils (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO; vgl dazu Lässig in WK 2 FinStrG § 53 Rz 9 mwN) in Bezug auf § 53 Abs 4 erster Satz FinStrG hinweist. Demnach begründete die Zuständigkeit des Gerichts zur Ahndung von Finanzvergehen des Paul S***** als unmittelbaren Täter (§ 11 erster Fall FinStrG) auch die Zuständigkeit zur Ahndung der durch den vorsätzlichen (sonstigen) Beitrag (§ 11 dritter Fall) hiezu verwirklichten Finanzvergehen des Gottlieb G***** (vgl Lässig WK² FinStrG § 53 Rz 18 ff).

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