JudikaturOGH

6Ob48/14y – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. April 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, die Hofrätin der Obersten Gerichtshofs Dr. Grohmann und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Univ. Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** Handels GmbH, *****, vertreten durch Dr. Martin Brenner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** AG, *****, vertreten durch Dr. Friedrich Schubert, Rechtsanwalt in Wien, wegen 535.622,42 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Jänner 2014, GZ 5 R 233/13s 101, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Grundlage sowohl für das von der Klägerin erhobene Feststellungs als auch für ihr Zahlungsbegehren ist jeweils der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Leasingvertrag. Fragen, die dessen Auslegung betreffen, sind aber abgesehen von einer hier nicht vorliegenden groben Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen regelmäßig solche des Einzelfalls und stellen daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (vgl RIS Justiz RS0042936 uva).

Sowohl nach dem Leasingvertrag als auch nach allgemeinen Grundsätzen berechtigen wichtige Gründe zur vorzeitigen Auflösung des Vertrags. Als wichtige Gründe kommen insbesondere Vertragsverletzungen, der Verlust des Vertrauens in die Person des Vertragspartners oder schwerwiegende Änderungen der Verhältnisse in Betracht, welche die Fortsetzung der vertraglichen Bindungen nicht zumutbar erscheinen lassen (RIS Justiz RS0018377 [T20]).

Abgesehen davon, dass Punkt XIV C des Leasingvertrags ohnedies vorsieht, dass die Klägerin im Fall der Vertragsauflösung bis zum Ablauf der vereinbarten Grundvertragszeit für den Ausfall des Mietentgelts haftet, entspricht es bereits allgemeinen Grundsätzen, dass derjenige, aus dessen Verschulden ein Vertrag nicht erfüllt werden kann, für das Erfüllungsinteresse haftet (vgl nur P. Bydlinski in Koziol/Bydlinski/Bollenberger 3 § 921 ABGB Rz 3).

Entgegen den in der Revision erhobenen Behauptungen besteht auch für die Annahme eines „Mitverschuldens“ der beklagten Partei am Scheitern des Leasingvertrags keine Grundlage. Die (vorzeitige) Auszahlung des Werklohns hindert die Durchsetzung von Gewährleistungs und Schadenersatzansprüchen gegen den im vorliegenden Fall unstrittig solventen Werkunternehmer nicht. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat die Revisionswerberin im Frühjahr 1995 Zusatzaufträge erteilt, die von der Revisionsgegnerin mangels einer Aufstockung der Kaution durch die Revisionswerberin nicht autorisiert wurden. Wenn das Berufungsgericht bei dieser Sachlage davon ausging, dass die beklagte Partei ohne entsprechende Aufforderung durch die Klägerin, die das zu leasende Haus ja später benützen wollte, nicht verpflichtet war, den Bau ohne die Zusatzaufträge weiterzuführen, ist darin jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.

Unberechtigt ist schließlich der weitere Vorwurf der Revisionswerberin, das Berufungsgericht habe „urkundenwidrig eine Holschuld angenommen“, sieht Punkt VII des Leasingvertrags doch unter anderem vor, dass der Leasingnehmer verpflichtet ist, für die Ansprüche auf Mängelbeseitigung und Gewährleistung erforderliche Urkunden „über Verlangen unverzüglich auszustellen“. Ein derartiges Verlangen wurde offenbar aber von der klagenden Partei gerade nicht gestellt.

Die erst im Rechtsmittelverfahren erhobene Einwendung der Sittenwidrigkeit stellt eine unzulässige Neuerung dar, auf die nicht weiter einzugehen ist (RIS Justiz RS0016481).

Die behaupteten Verfahrensmängel und die Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Bei den diesbezüglichen Ausführungen in der Berufung zur Ausstellung einer Zessionsurkunde handelt es sich zudem um gemäß § 482 ZPO unzulässige und damit unbeachtliche Neuerungen.

Die von der Revisionswerberin angeführten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs hatten keine Fallkonstellationen zum Gegenstand, in denen wie im vorliegenden Fall das Leasingobjekt erst hergestellt werden musste. Die hier bedeutsame Frage der Mitwirkungspflicht nach § 1168 ABGB spielte in diesen Entscheidungen daher keine Rolle.

Zusammenfassend bringt die Revisionswerberin daher keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität zur Darstellung, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.

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