5Ob21/14w – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers J***** G*****, geboren am *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Albrecht, öffentlicher Notar in Neumarkt, wegen Anmerkung der Herrenlosigkeit ob EZ 483 GB *****, aus Anlass des Revisionsrekurses der Marktgemeinde T*****, vertreten durch Dr. Walter Mayrbäurl, öffentlicher Notar in Thalgau, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 7. November 2013, AZ 53 R 262/13f, mit dem der Rekurs der Marktgemeinde T***** gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Thalgau vom 30. August 2013, TZ 2077/2013, zurückgewiesen wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1.1. Nach § 1 Abs 1 Satz 1 ERV können alle Eingaben und Beilagen von Eingaben an Gerichte und Staatsanwaltschaften nach Maßgabe der §§ 5, 8a, 9, 10 und 10a ERV elektronisch eingebracht werden. Gemäß § 5 Abs 1 ERV müssen elektronisch eingebrachte Eingaben und elektronisch zuzustellende Erledigungen sowie Beilagen der Schnittstellenbeschreibung nach § 5 Abs 2 ERV entsprechen. Eingaben und Erledigungen können grundsätzlich auch als PDF Anhang entsprechend der Schnittstellenbeschreibung nach § 5 Abs 2 ERV übermittelt werden.
1.2. Nach § 5 Abs 2 ERV hat das Bundesministerium für Justiz eine Beschreibung über die Art der Datenübermittlung, der vollständigen Datenstruktur, der zulässigen Beilagenformate, einschließlich der Regeln über die Feldinhalte und den höchstzulässigen Umfang für alle elektronischen Eingabe- und Erledigungsarten (Schnittstellenbeschreibung) auf der Website „www.edikte.justiz.gv.at“ bekannt zu machen. Darüber hinaus haben die Übermittlungsstellen allfällige Spezifikationen der von ihnen angebotenen Zusatzdienste auf ihrer Website zu veröffentlichen.
1.3. Gemäß § 10 Abs 1 Satz 1 ERV können auch Eingaben und Beilagen im Grundbuchverfahren elektronisch eingebracht werden.
2. Nach § 89c Abs 5 Z 1 GOG idF BGBl I 2012/26 sind Rechtsanwälte und Notare nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten zur Teilnahme am Elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung ist wie ein Formmangel zu behandeln, der zu verbessern ist (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26). Für Eingaben eines Rechtsanwalts oder Notars ab dem maßgeblichen Stichtag 1. 5. 2012 (§ 98 Abs 15 Z 1 GOG), die wie hier der Revisionsrekurs der Marktgemeinde auf dem Postweg und nicht im Elektronischen Rechtsverkehr eingebracht werden, ist demnach ein Verbesserungsverfahren durchzuführen. Die bisherige Rechtsprechung (RIS Justiz RS0124215; RS0124335; RS0124555), die in der nicht auf elektronischem Weg eingebrachten Eingabe keinen die geschäftsordnungsgemäße Behandlung hindernden Formmangel erkannte und von einem folgenlosen Verstoß gegen eine reine Ordnungsvorschrift ausging, kann infolge Änderung der Rechtslage für solche Eingaben seit 1. 5. 2012 nicht mehr aufrecht erhalten werden. In gewollter Abkehr von dieser Judikatur müssen die im neu gefassten § 89c Abs 5 GOG idF BGBl I 2012/26 genannten ERV Teilnehmer/innen in Hinkunft den Elektronischen Rechtsverkehr zwingend verwenden (ErläutRV 1676 BlgNR 24. GP 3). Das gesetzwidrige Absehen von der Nutzung des Elektronischen Rechtsverkehrs durch zur Nutzung Verpflichtete soll als Verletzung einer zwingend einzuhaltenden Formvorschrift (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26) zu einem Verbesserungsverfahren und bei einem Ausbleiben der Verbesserung zur Zurückweisung der Eingabe führen (JAB 1699 BlgNR 24. GP 1; RIS Justiz RS0128266).
3. Die Rechtsmittelwerberin hat vorliegend den Revisionsrekurs nicht im Elektronischen Rechtsverkehrs eingebracht. Dies wäre im Lichte der zuvor beschriebenen Rechtslage nur dann zulässig, wenn dafür die technischen Möglichkeiten fehlten. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden:
3.1. Nach den „Neuerungen im Grundbuch ERV“ (Dateiname: GB_NeuerungenERV.doc Dok Version: 1.5 vom 24.01.2012; http://www.edikte.justiz.gv.at/edikte/km/kmhlp 05.nsf/all/gbneu!OpenDocument) wurden „aus Gründen der Übersichtlichkeit“ (...) für die GB-Version 1.5 gegenüber der in Produktion befindlichen GB-ERV-Version 2.0v unter 4.1.2 näher aufgelistete Strukturelemente aus den Schemadateien entfernt, darunter auch die (auch bislang nicht freigeschaltet gewesene) „Folgeeingabe/Rekurs, Folgeeingabe/ Zurückziehung“. Daraus folgt zunächst, dass im Grundbuchverfahren eine gesonderte Struktur für die Einbringung eines Rechtsmittels nicht zur Verfügung steht.
3.2. ERV technisch sind Rechtsmittel im Grundbuchverfahren allerdings keine Folgeanträge (keine Eingabe unter der bisherigen TZ); vielmehr sind Rechtsmittel als „sonstige/sonstige Neueintragung“ (neue TZ) erforderlichenfalls verbunden mit einem in einem GOG Archiv zu hinterlegenden PDF Anhang einzubringen.
3.3. Es mag zwar zutreffen, dass der ERV Grundbuch eine eigene Anwendung bildet und nicht als Bestandteil des ERV Verfahrensautomation Justiz (VJ) anzusehen ist; im vorliegenden Kontext geht es allerdings ausschließlich um die Einhaltung des § 89c Abs 5 GOG, welche Bestimmung nicht zwischen einzelnen ERV Anwendungen unterscheidet. Solange daher für ein Rechtsmittel in Grundbuchsachen keine gesonderte Struktur zur Verfügung steht, welche gemäß § 10 Abs 3 ERV 2006 zwingend einzuhalten wäre, wird dem § 89c Abs 5 GOG auch dadurch entsprochen, dass das Rechtsmittel im ERV Verfahrensautomation Justiz (VJ) als „sonstige Ersteingabe“ mit PDF Anhang unter Bezugnahme auf die TZ des Erstgerichts eingebracht wird.
4. Demnach sind die Akten dem Erstgericht zurückzustellen, welches die Rechtsmittelwerberin gemäß § 75 Abs 2 AußStrG iVm § 10 Abs 4 AußStrG § 82a GBG gilt nur das verfahrenseinleitende Grundbuchgesuch unter Setzung einer angemessenen Frist zur Einbringung ihres Revisionsrekurses im Elektronischen Rechtsverkehr (im Sinn des Punktes 3.2. bzw 3.3.) aufzufordern haben wird. Wird die gesetzte Frist eingehalten, so gilt das Anbringen als zum ursprünglichen Zeitpunkt eingebracht (§ 10 Abs 5 Satz 1 AußStrG; zur ERV Verbesserung im Grundbuchverfahren 5 Ob 80/13w; 5 Ob 78/13a; 5 Ob 53/13z; 5 Ob 47/13t uva).