JudikaturOGH

15Os151/13i – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Januar 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Jänner 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Dr. Michel Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ent als Schriftführer in der Strafsache gegen Mario P***** wegen Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB idF BGBl 1974/60 und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 15. Juli 2013, GZ 64 Hv 67/13v 56, ferner über die Beschwerden des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen den unter einem gefassten Beschluss nach § 494a Abs 1 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen Schuld des Angeklagten werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen (wegen Strafe) und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde Mario P***** (zu I.) der Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB in der Fassung BGBl 1974/60, (zu II.) des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 2 StGB (richtig: in der geltenden Fassung), (zu III.) der Vergehen des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen nach § 207b Abs 3 StGB, (zu V.) der Vergehen der pornografischen Darstellungen Minderjähriger nach § 207a Abs 3 erster und zweiter Deliktsfall StGB, (zu VI.) des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB und (zu VII.) der Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 1, 224 StGB sowie (zu VIII.) der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall und Abs 4 Z 1 SMG schuldig erkannt.

Danach hat er soweit für die Erledigung des Rechtsmittels von Bedeutung in K***** und L*****

I.) an nicht mehr bestimmbaren Tagen im Frühjahr/Sommer 1997 den am 3. Juli 1986 geborenen Romano M*****, sohin eine (zur Tatzeit) unmündige Person, in zumindest drei Angriffen auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht missbraucht, indem er ihn einmal veranlasste, einen Oralverkehr an ihm durchzuführen und anschließend einen Analverkehr an ihm vollzog sowie zwei weitere Male Analverkehr an ihm vollzog;

II.) an einem nicht mehr bestimmbaren Tag im Sommer 2012, vor dem 25. August 2012 außer dem Fall des § 206 StGB Marcel E***** S*****, geboren am 25. August 1998, sohin eine (zur Tatzeit) unmündige Person, um sich geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, dazu verleitet, eine geschlechtliche Handlung an sich selbst vorzunehmen, indem er ihn aufforderte, sich beim Onanieren zu filmen und ihm für das Video 200 Euro übergab.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich die auf Z 4 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Die Verfahrensrüge (Z 4), die moniert, der Zeuge E***** S***** sei nicht vernommen worden und der Beschwerdeführer habe daher keine Gelegenheit gehabt, Fragen an jenen zu stellen, scheitert schon daran, dass der Beschwerdeführer keinen darauf abzielenden Antrag in der Hauptverhandlung gestellt hat ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 302). Das Protokoll über die (polizeiliche) Vernehmung dieses Zeugen (ON 4) wurde in der Hauptverhandlung mit Zustimmung des Verteidigers gemäß § 252 Abs 2a StPO vorgetragen (ON 55 S 13). Den spekulativen Erwägungen der Beschwerde dazu, was sich durch die Vernehmung hätte ergeben können, ist somit der Boden entzogen.

In der Hauptverhandlung vom 15. Juli 2013 stellte der Angeklagte den Antrag, die Öffentlichkeit für die Dauer der Vernehmung des Zeugen M***** von der Verhandlung auszuschließen. Dieser Antrag wurde vom Gerichtshof mit der Begründung abgewiesen, er ließe nicht erkennen, „inwieweit in § 229 Abs 1 Z 2 StPO aufgezählte schutzwürdige Interessen des Angeklagten und solcherart der Ausschluss der Öffentlichkeit geboten wäre, um ein die Verteidigung sicherndes, faires Verfahren zu gewährleisten“ (ON 55 S 8). Auch die Spekulationen des Beschwerdeführers darüber, was eine (weitere) Vernehmung des Zeugen unter Ausschluss der Öffentlichkeit hätte ergeben können oder dass der Zeuge durch die Öffentlichkeit „sicherlich“ eingeschüchtert gewesen sei und daher vieles verschwiegen habe, sind nicht geeignet, eine taugliche Grundlage für die angestrebte Verfügung zu bilden. Die in der Beschwerde nachgetragenen Gründe als Versuch einer Fundierung des Antrags sind angesichts der auf Nachprüfung der erstgerichtlichen Vorgangsweise angelegten Konzeption dieses Nichtigkeitsgrundes unbeachtlich (RIS Justiz RS0099618). Bleibt anzumerken, dass sich aus einem Nichtausschluss der Öffentlichkeit keine Nichtigkeit iSd Z 3 des § 281 Abs 1 StPO ableiten lässt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Gleiches gilt für jenen Teil der Berufung, der sich nach Art der im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (§§ 280, 283 Abs 1 StPO) mit beweiswürdigenden Überlegungen gegen den Schuldspruch I. wendet.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden ist das Oberlandesgericht zuständig (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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