14Os161/13b – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Dezember 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Mascha als Schriftführer in der Strafsache gegen Yang L***** wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 22. Mai 2013, GZ 630 Hv 5/13v 41, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Yang L***** des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB (I) sowie der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (III) und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (IV) schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien und Schwechat
(I) im Jahr 2012 Nan G***** außer den Fällen des § 201 StGB mit Gewalt zur Duldung einer geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er seinen Arm um ihre Schulter legte, sie gegen ihren Willen und Widerstand an sich drückte und dabei mit der anderen Hand ihre nackten Brüste streichelte;
(III) am 23. Oktober 2012 Tianen Lu***** mit zumindest einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er sinngemäß äußerte: „Ich werde dich totschlagen.“, „Ich komme gegen Ende der Woche wieder, nicht nur mit der Faust.“, wobei er dabei mit der Faust in Richtung des Gesichts des Bedrohten schlug und kurz davor innehielt;
(IV) am 23. Oktober 2012 Nan G***** durch einen Faustschlag gegen ihren Brustkorb vorsätzlich eine Verletzung, nämlich eine Prellung des Brustbeins, zugefügt.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus den Gründen der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
Dem Einwand von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider haben sich die Tatrichter zum Schuldspruch I mit von der Beschwerde hervorgehobenen Widersprüchen in den Angaben der Zeugin Nan G***** sowie damit auseinandergesetzt, dass ihr Ehemann, der Zeuge Tianen Lu*****, anlässlich der Befragung vor der Kriminalpolizei als Übersetzer fungierte, und mängelfrei dargelegt, aus welchen Gründen sie dennoch von der Verlässlichkeit ihrer Aussage in der Hauptverhandlung ausgingen (US 9 f).
Zu einer gesonderten Auseinandersetzung mit einer weiteren von der Rüge isoliert und aus dem Zusammenhang gerissen zitierten Passage aus den Depositionen der Genannten, wonach der Angeklagte weder eine Drohung ausgestoßen, noch Gewalt angewendet habe, bestand mit Blick auf die im unmittelbaren Anschluss daran erfolgte Erläuterung der Dolmetscherin und die damit übereinstimmende detaillierte Schilderung des Vorfalls durch die Zeugin (ON 40 S 25 f) unter dem Aspekt der Z 5 zweiter Fall keine Veranlassung.
Mit der auf eigenen Beweiswerterwägungen basierenden Behauptung, die Aussage der Nan G***** vor der Polizei sei insgesamt von deren Ehemann „wissentlich beeinflusst“ worden, richtet sich die Rüge nicht gegen die Feststellung einer entscheidenden Tatsache, sondern bekämpft bloß hier unbeachtlich ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 491; RIS Justiz RS0106588) den persönlichen Eindruck der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit dieser Beweisperson.
Gleiches gilt für den Vorwurf suggestiver Befragung des Tatopfers durch Gericht und Staatsanwaltschaft und den darauf gestützten, nicht näher konkretisierten Einwand, die entscheidenden Urteilsannahmen zum Schuldspruch I stünden „in einem klaren und eindeutigen Widerspruch“ zu dessen Aussagen, mit dem die Beschwerde keine Anfechtungskategorie der Mängelrüge (Z 5) anspricht (vgl zu Suggestivfragen im Übrigen §§ 161 Abs 3, 164 Abs 4, 248 Abs 1 StPO; Kirchbacher , WK StPO § 161 Rz 9, § 164 Rz 41, § 248 Rz 18).
Soweit auch die Beurteilung der Überzeugungskraft der Aussage des Zeugen Tianen Lu***** der Sache nach unter dem Gesichtspunkt der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) als mangelhaft begründet kritisiert wird, verfehlt die Rüge ein weiteres Mal den - nicht in der Sachverhaltsannahme der Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit, sondern ausschließlich in den Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen gelegenen - Bezugspunkt des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes (vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 431 f), indem sie dessen globale Unzuverlässigkeit aus zwei angeblichen im Übrigen auch insoweit nicht erheblichen Widersprüchen zwischen seiner und der Aussage der Zeugin Nan G***** zum (richtig:) Anklagefaktum II/4 (ON 32 S 2, ON 4 S 55) ableitet, hinsichtlich dessen das Verfahren ausgeschieden wurde (ON 40 S 32).
Indem die Rüge diese Überlegungen auch unter dem Aspekt der Z 5a verstanden wissen will, zeigt sie keine sich aus den Akten ergebenden Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch zugrundeliegenden entscheidenden Tatsachen auf.
Der Vorwurf einer Verletzung der Verpflichtung zu amtswegiger Wahrheitserforschung bleibt gänzlich ohne Substrat.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.