15Os150/13t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Dezember 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Dr. Michel Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Vasak als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alexander W***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 25. Juli 2013, GZ 72 Hv 46/13f 13, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alexander W***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 23. April 2013 in Wien Miroslava H***** mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs zu nötigen versucht, indem er sie von hinten angriff, ihr mit der Hand den Mund zu und sie mit der linken Hand am Bauch festhielt, sie zu Boden warf, sich über sie kniete, ihre Hände fest- und ihren Mund zuhielt und mit seinen Knien versuchte, ihre Beine auseinander zu drücken, „wobei es nur aufgrund ihrer heftigen Gegenwehr beim Versuch geblieben ist“.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung der Anträge auf Durchführung eines Lokalaugenscheins sowie auf Beischaffung von Plänen und Fotos vom Tatort zum Beweis der Richtigkeit der Darstellung des Angeklagten, er wäre auf dem „schmalen“ - laut seinen eigenen Angaben allerdings ein bis eineinhalb Meter breiten (ON 12 S 4) - Weg nicht an der Zeugin H***** vorbeigekommen (und hätte sie deshalb bloß zur Seite gestoßen; ON 12 S 3 f), dessen Verteidigungsrechte nicht verletzt. Denn das Antragsvorbringen ließ nicht erkennen, welche Bedeutung die begehrten Beweisaufnahmen angesichts der von ihm selbst angegebenen Wegbreite für die Schuld- oder Subsumtionsfrage haben sollten und wie sie die entscheidungswesentliche Darstellung der Belastungszeugin, der Angeklagte habe sie unvermittelt von hinten angegriffen, ihr den Mund zugehalten, sie festgehalten, zu Boden gebracht und versucht, ihre Beine auseinanderzuspreizen (ON 12 S 8 f), maßgeblich erschüttern hätten können (vgl RIS-Justiz RS0118444; RS0116987; RS0107445). Zur Antragsbegründung im Rechtsmittel nachgetragene Argumente sind prozessual verspätet und somit unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618).
Die Möglichkeit einer Deutung des Vorfalls als Raubversuch wurde von den Tatrichtern beleuchtet, im Hinblick auf die Angaben des Opfers jedoch verworfen (US 6 f). Dass die Zeugin H***** erst am Ende ihrer Aussage vor der Polizei (ON 2 S 18 ff) eine Bereicherungsabsicht des Angeklagten mit Hinweis auf den Umstand ausschloss, dass dieser trotz entsprechender Gelegenheit weder ihre Tasche noch ihr Mobiltelefon wegzunehmen versucht hatte (ON 2 S 20; vgl auch ON 12 S 11), war in diesem Zusammenhang entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) nicht weiter erörterungsbedürftig.
In Entsprechung des Gebots zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) waren die Tatrichter nicht verhalten, Überlegungen dazu anzustellen (Z 5 zweiter Fall), wie der Angeklagte sein letztlich abgebrochenes Vorhaben, die Zeugin H***** zum Beischlaf zu zwingen (US 4), trotz deren Bekleidung mit einer „Jeanshose“ zu vollenden gedacht hatte.
Mit dem Einwand des Fehlens einer Deckung der Urteilsannahme, wonach der Angeklagte versuchte, mit seinen Knien gewaltsam zwischen die Beine des Opfers zu gelangen, um diese auseinanderzuspreizen (US 4), in einer isoliert hervorgehobenen, im Urteil gar nicht wiedergegebenen Passage der Aussage des Opfers (ON 12 S 10: „Ich habe einen Druck gespürt auf meinen Beinen“ … „Ich habe sein Bein auf mir irgendwie gespürt“), spricht die Beschwerde kein unter dem Aspekt der Aktenwidrigkeit (Z 5 letzter Fall) oder des Widerspruchs (Z 5 dritter Fall) relevantes Kriterium an (vgl RIS-Justiz RS0099602; RS0099547; RS0119089). Im Übrigen haben die Tatrichter zur Begründung dieser Feststellung die Gesamtheit der Depositionen der für glaubwürdig befundenen Zeugin vor der Polizei und in der Hauptverhandlung herangezogen (US 5 iVm ON 2 S 19 und ON 12 S 8 und 10), in denen jene die zur Verdeutlichung ihrer Angaben vor der Polizei an die erwähnte Passage anschließende Frage ausdrücklich bejahte, dass der Angeklagte mit dem geschilderten Druck gegen ihre Beine versucht hatte, mit seinen Beinen zwischen ihre zu gelangen (ON 12 S 10 f).
Die Behauptung eines Rechtsfehlers mangels Feststellungen zur subjektiven Tatseite (Z 9 lit a) hält prozessordnungswidrig nicht am (im Rechtsmittel wiedergegebenen) Urteilssachverhalt fest (US 4: „Alexander W***** wusste und wollte Frau H***** durch die oben umschriebene Vorgehensweise mit Gewalt gegen ihren Willen zu einem Beischlaf zwingen“) und erklärt auch nicht, welche Annahmen über die getroffenen hinaus zum Vorsatz im Sinn des § 201 Abs 1 StGB erforderlich gewesen wären (vgl RIS Justiz RS0099810).
Ebenso wenig orientiert sich das Vorbringen (nominell Z 9 lit a), die Frage eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch sei nicht durch Feststellungen geklärt (der Sache nach Z 9 lit b; vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 634) und die Konstatierung, der Angeklagte habe Autos wahrgenommen (US 4), sei unbegründet geblieben (der Sache nach Z 5 vierter Fall), an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe, wonach der Beschwerdeführer erst nach Wahrnehmung von zwei in der Nähe befindlichen Fahrzeugen mit in Richtung der um Hilfe rufenden Frau blickenden Insassen aus Angst vor Entdeckung endgültig von dieser abließ, weil der konkrete Tatplan zu gefährlich geworden war, und das Erstgericht dies aus den für glaubwürdig befundenen Schilderungen der Miroslava H***** abgeleitet hat (US 4 und 7). Weshalb zur Beurteilung allfälliger Freiwilligkeit des Abbruchs eines Vergewaltigungsversuchs von Bedeutung sein soll, ob die vom Täter wahrgenommen Personen Hilferufe des Opfers auch tatsächlich hören konnten, erklärt die Beschwerde nicht.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.