15Os163/13d – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28. November 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Vasak als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wolfgang R***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 332 HR 394/13y des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 18. Oktober 2013, AZ 17 Bs 349/13t (ON 25 der HR Akten) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Wolfgang R***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt.
Der angefochtene Beschluss wird nicht aufgehoben.
Dem Bund wird der Ersatz der Beschwerdekosten von 800 Euro zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer auferlegt.
Text
Gründe:
Mit Beschluss vom 18. Oktober 2013 (ON 25) gab das Oberlandesgericht Wien der Beschwerde des Wolfgang R***** gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 7. Oktober 2013 (ON 23), mit dem die über den Beschuldigten am 22. September 2013 verhängte Untersuchungshaft fortgesetzt worden war (ON 13), nicht Folge und ordnete die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b und c StPO an.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Beschuldigten erhobene, unter anderem die Annahmen zum dringenden Tatverdacht aus Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO iVm § 10 GRBG bekämpfende Grundrechtsbeschwerde erweist sich als berechtigt.
Nach den Annahmen des Oberlandesgerichts ist Wolfgang R***** dringend verdächtig, in Wien und anderen Orten Österreichs seit zumindest Mitte 2013 bis 20. September 2013 vorschriftswidrig Suchtgift „in einer noch festzustellenden, die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich derzeit noch unbekannte Mengen von Cannabiskraut und Kokain (Wirkstoff Cocain) anderen noch unbekannten Personen gegen Entgelt überlassen zu haben“. Weiters sei er dringend verdächtig, „zumindest im September 2013 vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich 95,30 Gramm brutto Kokain und 119,80 Gramm brutto Cannabiskraut mit dem Vorsatz erworben und besessen zu haben, dass es in Verkehr gesetzt werde, wobei ihm bei sämtlichen Tathandlungen zumindest bewusst war und er sich damit abgefunden hat, dass die Weitergabe von Kokain und Cannabis gegen die österreichische Rechtsordnung verstößt und durch sein Handeln die Grenzmenge (hier 15 Gramm Reinsubstanz Cocain) überschritten werde“.
Zwar hat das Oberlandesgericht die Annahme hoher Wahrscheinlichkeit, der Beschuldigte habe entgegen seiner Verantwortung Suchtgift anderen Personen überlassen, durch Verweis auf das beim Beschuldigten sichergestellte Suchtgift, den bei ihm vorgefundenen, im Missverhältnis zu seinem Einkommen stehenden Bargeldbetrag und die Ergebnisse der polizeilichen Observation zureichend begründet. Zutreffend weist die Beschwerde allerdings darauf hin (Z 5 vierter Fall), dass für die Annahme der Weitergabe einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge von Cannabiskraut und Kokain keine tauglichen Gründe angegeben wurden, zumal es nach den Beschlusserwägungen auch weder belastende Angaben durch Lieferanten oder Abnehmer noch einen Observationsbericht über eine Suchtgiftübergabe durch den Angeklagten gibt.
Sofern vom Oberlandesgericht auch der dringende Tatverdacht in Richtung des Vergehens nach § 28 Abs 1 SMG angenommen wurde (vgl aber BS 5: „Zumindest in Richtung des § 28a Abs 1 SMG liegt der dringende Tatverdacht … vor.“), fehlt es an Konstatierungen zum Reinheitsgehalt des sichergestellten Suchtgifts, um überprüfen zu können, ob die Reinsubstanz des erworbenen und besessenen Suchtgifts die Grenzmenge des § 28b SMG übersteigt (Z 10).
Die aufgezeigten Defizite erfordern die unverzügliche Klärung der Haftvoraussetzungen in einer Haftverhandlung, nicht jedoch die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses (§ 7 Abs 1 GRBG; RIS-Justiz RS0119858).
Der Kostenausspruch beruht auf § 8 GRBG.