JudikaturOGH

15Os156/12y – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. November 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. November 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Dr. Michel Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Vasak als Schriftführerin in der Medienrechtssache des Antragstellers Mag. Karl Heinz G***** gegen die Antragsgegnerin n***** GmbH wegen § 10 MedienG, AZ 91 Hv 42/12f des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. Oktober 2012, AZ 18 Bs 363/12g, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes sowie über den Antrag der n***** GmbH auf Erneuerung des Verfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO iVm § 41 Abs 1 MedienG nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Wachberger, des Vertreters des Antragstellers, Dr. Rami sowie jenes der Antragsgegnerin und Erneuerungswerberin Dr. Simon, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Medienrechtssache des Antragstellers Mag. Karl-Heinz G***** gegen die Antragsgegnerin n***** GmbH wegen § 10 MedienG, AZ 91 Hv 42/12f des Landesgerichts für Strafsachen Wien, verletzt das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. Oktober 2012, AZ 18 Bs 363/12g, §§ 10 Abs 3, 17 Abs 1 MedienG.

Dieses Urteil wird aufgehoben und es wird in der Sache selbst erkannt:

Der Berufung des Antragstellers wird nicht Folge gegeben.

Dem Antragsteller fallen die Kosten des Verfahrens zur Last.

Die vom Antragsteller der Antragsgegnerin zu ersetzenden Kosten des Verfahrens erster Instanz werden mit 1.328,74 Euro (darin 221,46 Euro USt), jene des Verfahrens zweiter Instanz mit 1.317,89 Euro (darin 219,65 Euro USt) zuzüglich jener des Erneuerungsverfahrens mit 1.493,42 Euro (darin 248,90 Euro USt) bestimmt.

Mit ihrem Antrag auf Erneuerung des Verfahrens gemäß § 363a StPO wird die Antragsgegnerin auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

In der Medienrechtssache des Antragstellers Mag. Karl-Heinz G***** gegen die Antragsgegnerin n***** GmbH wegen § 10 MedienG wurde der Antrag auf Anordnung der Veröffentlichung einer nachträglichen Mitteilung mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 12. Juni 2012, GZ 91 Hv 42/12f 11, unter Ausspruch der Kostenersatzpflicht des Antragstellers abgewiesen.

Dem Verfahren lag ein seit 15. September 2009 auf der Website http://www.p*****.at unter der Überschrift „Die Akte 'v. W*****': Finanzministerium wusste bereits 2000 von Ungereimtheiten“ abrufbarer Artikel, der im erstgerichtlichen Urteil zur Gänze wiedergegeben wurde, zu Grunde.

Nach den Feststellungen des Erstgerichts vermittelte dieser Text dem Leser, dass der Antragsteller in seiner Eigenschaft als Bundesminister für Finanzen und aufgrund seiner Beziehungen zu Wolfgang A***** in Verdacht stehe, zumindest daran mitgewirkt zu haben, dass Mitarbeiter des Bundesministeriums für Finanzen wider besseres Wissen keine Strafanzeige gegen Wolfgang A***** erstattet hätten; der Antragsteller habe amtsmissbräuchlich dafür gesorgt, dass „die Akte gegen W***** geschlossen und schubladisiert“ worden sei (US 7 f, 10).

Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt habe diesen Vorwurf zu AZ 11 St 55/11h geprüft und das Verfahren gegen den Antragsteller am 7. März 2012 gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt. Der Antragsteller sei mit Benachrichtigung vom 9. März 2012, aus welcher hervorgehe, dass „kein Tatbeweis“ gefunden werden konnte, davon verständigt worden.

Mit eingeschriebenem Brief vom 16. März 2012 habe der Antragsteller von der Antragsgegnerin die Veröffentlichung einer nachträglichen Mitteilung verlangt und diesem Schreiben einen Ausdruck der Benachrichtigung des Verteidigers von der Einstellung des Verfahrens gegen den Antragsteller beigelegt.

In rechtlicher Hinsicht sah das Erstgericht den Antragsteller als grundsätzlich anspruchsberechtigt nach § 10 Abs 1 MedienG an, weil in dem gegenständlichen Artikel darüber berichtet worden sei, dass dieser amtsmissbräuchlich gehandelt habe und solcherart einer gerichtlich strafbaren Handlung verdächtig sei. Die formellen Voraussetzungen nach § 10 Abs 3 MedienG seien jedoch nicht erfüllt, weil es sich bei der der Medieninhaberin übermittelten Benachrichtigung des Verteidigers von der Einstellung des Verfahrens gegen den Antragsteller nicht um ein vom Staatsanwalt eigenhändig unterschriebenes Amtszeugnis handle.

Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Antragstellers wegen Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO iVm § 489 Abs 1 StPO und § 41 Abs 1 MedienG) gab das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht mit Urteil vom 18. Oktober 2012, AZ 18 Bs 363/12g (ON 19 des Hv-Akts), Folge und verpflichtete die Antragsgegnerin als Medieninhaberin der Website http://www.p*****.at gemäß § 17 Abs 1 MedienG, in der Frist und Form des § 13 MedienG unter der Sanktion des § 20 MedienG eine im Spruch wiedergegebene nachträgliche Mitteilung zu veröffentlichen. Die vom Antragsteller angemeldete (ON 13), jedoch nicht ausgeführte (ON 14) Berufung „wegen der Aussprüche über die Schuld und die Strafe“ blieb unerwähnt.

Soweit im Folgenden von Bedeutung, führte das Berufungsgericht aus, die Verständigung von der Zurücklegung der Anzeige durch den Staatsanwalt habe gemäß § 90 (richtig: zuletzt) Abs 2 StPO aF das besondere Amtszeugnis ersetzt ( Brandstetter/Schmid , MedienG² § 10 Rz 8). Auch nach der Strafprozessreform ersetze die Verständigung der Staatsanwaltschaft von der Einstellung des Verfahrens das in § 10 Abs 3 MedienG angesprochene Amtszeugnis. Die Judikatur, wonach nur die Vorlage des Originals oder eine beglaubigte Urkunde zum diesbezüglichen Nachweis ausreiche, könne nicht mehr aufrechterhalten werden. Nach § 81 Abs 1 StPO habe die Bekanntmachung von Erledigungen des Gerichts und der Staatsanwaltschaft durch mündliche Verkündung, durch Zustellung einer Ausfertigung (§ 79 GOG), durch Telefax oder im elektronischen Rechtsverkehr nach Maßgabe des § 89a GOG zu erfolgen. Die Vorschriften über die Übermittlung der Erledigung im elektronischen Rechtsverkehr sind in den §§ 89a bis 89g GOG und der Verordnung des BMJ (ERV 2006) über den elektronischen Rechtsverkehr enthalten. Diese Regelungen würden gemäß § 34a Abs 5 StAG auch für den elektronischen Rechtsverkehr mit der Staatsanwaltschaft gelten. Ein Dokument, das gesetzeskonform via Web-ERV übersendet worden sei, könne und müsse auch nicht mit dem Originalabdruck des Gerichtssiegels und der Originalunterschrift des beurkundenden Beamten versehen sein.

Auch inhaltlich wäre einem Amtszeugnis nicht mehr zu entnehmen gewesen als dem Schreiben der Staatsanwaltschaft; insbesondere hätte sich auch aus einem Amtszeugnis nicht erschlossen, dass sich der inkriminierte Artikel auf das diesem zu Grunde liegende Strafverfahren bezogen habe. Den Betroffenen treffe überdies keine Obliegenheit nachzuweisen, dass das dem Amtszeugnis zu Grunde liegende Strafverfahren jenes sei, über welches berichtet worden ist ( Rami in WK² MedienG § 10 Rz 13a). Dies müsse, soweit vom Medieninhaber gefordert, erst in der Hauptverhandlung nachgewiesen werden.

Fallaktuell sei dieser Nachweis durch Verlesung der beigeschafften Aktenbestandteile des Aktes 11 St 55/11h der Staatsanwaltschaft Klagenfurt in der Hauptverhandlung erbracht worden. Der Antragsteller hätte daher durch Vorlage der Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft Klagenfurt vom 9. März 2012, AZ 11 St 55/11h, seiner Nachweispflicht nach § 10 Abs 3 MedienG Genüge getan.

Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. Oktober 2012 richtet sich gestützt auf die Behauptung einer Verletzung im Recht auf freie Meinungsäußerung nach Art 10 MRK der (rechtzeitige) Antrag der Antragsgegnerin n***** GmbH auf Verfahrenserneuerung gemäß § 363a StPO iVm § 41 Abs 1 MedienG (RIS Justiz RS0122228).

Die von der Generalprokuratur gegen das zuletzt genannte Urteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes macht eine Verletzung der §§ 10 Abs 3, 17 Abs 1 MedienG geltend.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt, steht das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 18. Oktober 2012 mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Nach § 10 Abs 1 MedienG ist auf Verlangen einer Person, über die in einem periodischen Medium berichtet worden ist, sie sei einer gerichtlich strafbaren Handlung verdächtig oder gegen sie werde bei der Staatsanwaltschaft oder bei Gericht ein Strafverfahren geführt, wenn die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Straftat abgesehen und das Ermittlungsverfahren eingestellt hat (Z 1), die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Straftat zurückgetreten ist (Z 2), das Gericht das Hauptverfahren eingestellt hat (Z 3) oder der Angeklagte freigesprochen worden ist (Z 4), eine Mitteilung darüber in dem periodischen Medium unentgeltlich zu veröffentlichen.

Gemäß Abs 3 leg cit ist die Richtigkeit einer nachträglichen Mitteilung durch Vorlage einer Ausfertigung der das Verfahren beendigenden Entscheidung oder durch ein besonderes Amtszeugnis nachzuweisen. Auf Antrag des Betroffenen ist die Staatsanwaltschaft in den Fällen des Abs 1 Z 1 und 2 leg cit verpflichtet, ein solches Amtszeugnis auszustellen, sonst das Gericht.

Gemäß § 12 Abs 1 MedienG ist das Veröffentlichungsbegehren innerhalb der in § 11 Abs 1 Z 10 MedienG genannten Frist schriftlich an den Medieninhaber oder an die Redaktion des Medienunternehmens zu richten. § 13 MedienG schreibt vor, bis zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form die Veröffentlichung zu erfolgen hat.

Wird die nachträgliche Mitteilung nicht oder nicht gehörig veröffentlicht, so kann der Betroffene gemäß § 14 Abs 1 MedienG binnen sechs Wochen bei Gericht einen Antrag gegen den Medieninhaber als Antragsgegner auf Anordnung der Veröffentlichung der nachträglichen Mitteilung stellen.

Nach § 17 Abs 1 MedienG ist auf Veröffentlichung der nachträglichen Mitteilung zu erkennen, wenn sie zu Unrecht nicht oder nicht gehörig veröffentlicht worden ist.

Ein Amtszeugnis ist vom entscheidenden Organ eigenhändig zu unterschreiben und mit einem allgemeinen Amts- bzw Gerichtssiegel zu versehen (§ 79 Abs 2 GOG und §§ 149 Abs 1 lit a, 151 Abs 1 Geo; §§ 23 Abs 1 Z 1, 24 DV StAG). Bei einem Amtszeugnis handelt es sich also um ein in Bezug auf die Authentizität mit erhöhter Garantie ausgestattetes amtliches Schriftstück.

Entgegen der vom Justizausschuss seinerzeit vertretenen Auffassung, „die Verständigung von der Zurücklegung der Anzeige durch die Staatsanwaltschaft gemäß § 90 Abs 3 StPO ersetze das besondere Amtszeugnis“ (JAB 743 BlgNR 15. GP 7), ergibt die Auslegung des § 10 Abs 3 MedienG, die zum Schutz des durch Abs 1 leg cit verpflichteten Medieninhabers mit dem äußersten Wortsinn begrenzt ist (vgl Fabrizy , StGB 10 § 1 Rz 5), dass die Einhaltung der dort explizit genannten Formerfordernisse zur Begründung des Veröffentlichungsanspruchs nach § 10 Abs 1 MedienG unabdingbar ist (vgl Rami in WK² MedienG § 10 Rz 14 mwN). Der Betroffene hat also dem Medieninhaber entweder eine Ausfertigung der das Verfahren beendigenden Gerichtsentscheidung oder ein entsprechendes Amtszeugnis vorzulegen.

In den Fällen des Absehens von der Verfolgung der Straftat und der Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft oder des Rücktritts der Staatsanwaltschaft von der Verfolgung (§ 10 Abs 1 Z 1 und 2 MedienG) kommt nur die Vorlage eines besonderen, von der Staatsanwaltschaft ausgestellten Amtszeugnisses in Betracht, weil § 194 StPO bloß eine Verständigung unter anderem des Beschuldigten von der (erfolgten) Einstellung vorsieht, nicht aber eine Ausfertigung der (staatsanwaltlichen) Entscheidung über die Verfahrensbeendigung (vgl demgegenüber das Gebot zur schriftlichen Ausfertigung der Anordnung von Zwangsmaßnahmen [§ 102 Abs 1 StPO], der Anklageschrift [§§ 210, 211 StPO], des Strafantrags [§§ 210, 451, 484 StPO] oder des Antrags auf Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher [§ 429 StPO iVm §§ 210, 211 StPO]).

Daran hat sich durch die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs (§§ 89a ff GOG, § 34a Abs 5 StAG, ERV 2006), nämlich der elektronischen Kommunikation zwischen Gerichten und Staatsanwaltschaften einerseits und Parteien bzw deren Vertretern andererseits (Einbringung von Eingaben, Zustellung von Erledigungen etc), grundsätzlich nichts geändert (aM Höhne in Berka/Heindl/Höhne/Noll , MedienG 3 § 10 Rz 9). Gemäß § 1 Abs 3 ERV 2006 können zwar alle Erledigungen, insbesondere Ausfertigungen von Entscheidungen, nach Maßgabe des § 5 ERV 2006 an Einbringer, die vom elektronischen Rechtsverkehr Gebrauch gemacht haben oder ausdrücklich der elektronischen Zustellung zugestimmt haben, elektronisch zugestellt werden. Die Übermittlung eines Amtszeugnisses in Form eines elektronischen Dokuments, das gegenüber Dritten hier dem Medieninhaber den Anforderungen der eigenhändigen Unterfertigung durch den Staatsanwalt und der Versehung mit einem Amtssiegel genügen würde, etwa eines mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des Staatsanwalts (vgl § 89c Abs 3 GOG, §§ 2 Z 3a, 4 Abs 1 SigG) und der der Amtssignatur nach § 19 Abs 3 E-GovG entsprechenden (vgl ErläutRV 1169 BlgNR 22. GP 36) elektronischen Signatur der Justiz versehenen Dokuments, ist derzeit aber weder gesetzlich noch durch die ERV 2006 vorgesehen. Ein solches Amtszeugnis ist daher nach wie vor (nur) in der in §§ 23 Abs 1 Z 1, 24 DV-StAG vorgesehenen Form schriftlich auf Papier auszufertigen und dem Beschuldigten zur Vorlage an den Medieninhaber zuzusenden (vgl § 1 Abs 3 letzter Satz ERV 2006). Gelegentliche praktische Schwierigkeiten oder Verzögerungen bei der - im Hinblick auf § 11 Abs 1 Z 10 MedienG - fristgerechten Erlangung eines den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Amtszeugnisses der Staatsanwaltschaft bieten entgegen der Ansicht des Antragstellers keine Argumentationsgrundlage für ein Abgehen von dieser Form .

Auch bei einer mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellten und im elektronischen Rechtsverkehr zugestellten (elektronischen) Ausfertigung einer gerichtlichen Entscheidung (vgl § 79 Abs 1 dritter Satz GOG) ist die Authentizität und Integrität des Schriftstücks nur dem unmittelbar am elektronischen Rechtsverkehr teilnehmenden Empfänger erkennbar, nicht aber einem Dritten, dem bloß ein nicht weiter zertifizierter Ausdruck derselben vorgelegt wird, weil ein solcher - ebenso wie die bloße Kopie einer Ausfertigung - einer Manipulation eher zugänglich ist als eine mit der Unterfertigungsstampiglie des Richters (§§ 67 Abs 2 Z 1, 149 Abs 1 lit b Geo) und der Unterschrift des Leiters der Geschäftsabteilung (§ 149 Abs 1 lit b und Abs 2 Geo), im Fall eines Urteils überdies mit dem allgemeinen Gerichtssiegel (§ 151 Abs 1 Geo) versehene Ausfertigung in Papierform. Für die Erfüllung der Nachweispflicht im Sinn des § 10 Abs 3 MedienG ist demnach - der Äußerung des Antragstellers zur Nichtigkeitsbeschwerde der Generalprokuratur zuwider - auch bei Vorlage einer gerichtlichen Entscheidung deren schriftliche Ausfertigung im Sinn des § 79 Abs 1 erster Satz GOG (versehen mit den in § 149 Abs 1 lit b und Abs 2 Geo, im Fall von Urteilen überdies in § 151 Abs 1 Geo festgelegten Merkmalen) zu verlangen, die dem Medieninhaber zugleich die Authentizität und Integrität des Schriftstücks bescheinigt. Da die ausschließliche Übermittlung von in strafgerichtlichen Erledigungen enthaltenen Daten im elektronischen Weg oder über elektronische Zustelldienste anstelle schriftlicher Ausfertigungen in § 81 Abs 1 StPO und in §§ 89a Abs 2 und 3, 89b Abs 1 Z 2 GOG oder § 1 Abs 3 erster Satz ERV 2006 nicht vorgesehen ist, bleibt dem Betroffenen unbenommen, vom Gericht im Bedarfsfall - gestützt auf § 1 Abs 3 zweiter Satz ERV 2006 - die Übermittlung einer für den Nachweis gegenüber dem Medieninhaber benötigten (herkömmlichen) schriftlichen Ausfertigung auf Papier zu verlangen. Bei einem über die Poststraße abgefertigten Urteil, das mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt wurde, ergibt sich die Möglichkeit zur Erlangung entsprechender Authentitzitätsmerkmale aus §§ 149 Abs 5 und 151 Abs 3 Geo.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 18. Oktober 2012, AZ 18 Bs 363/12g, mit dem der Medieninhaberin lediglich auf Basis der ihr vom Antragsteller vorgelegten Benachrichtigung seines Verteidigers von der Einstellung des zu 11 St 55/11h der Staatsanwaltschaft Klagenfurt geführten Ermittlungsverfahrens die Verpflichtung zur Veröffentlichung einer nachträglichen Mitteilung auferlegt wurde, verletzt daher §§ 10 Abs 3, 17 Abs 1 MedienG.

Das für die Antragsgegnerin, der gemäß § 14 Abs 3 erster Satz MedienG die Rechte des Angeklagten (vgl § 292 letzter Satz StPO) zukommen, nachteilige Urteil des Berufungsgerichts war daher zumal der reformatorischen Entscheidung mit Blick auf die fristgerechte Stellung des Erneuerungsantrags der Antragsgegnerin (Art 35 Abs 1 MRK) Art 1 des 1. ZPMRK nicht entgegensteht (RIS-Justiz RS0124740, RS0124838, RS0124798 [T2]) aufzuheben und aus den genannten Gründen in der Sache selbst der Berufung des Antragstellers nicht Folge zu geben.

Mit ihrem Antrag auf Erneuerung des Verfahrens war die Antragsgegnerin auf diese Entscheidung zu verweisen, weil sie durch die (rechtskräftige) Abweisung des Veröffentlichungsbegehrens bereits beschwerdefrei gestellt ist (vgl RIS-Justiz RS0126458). Den Einwand, dass kein § 10 Abs 3 MedienG entsprechender Nachweis erbracht worden sei, hat die Antragsgegnerin im Übrigen bereits im ordentlichen Verfahren in beiden Instanzen vorgebracht (ON 8 S 2 ff iVm ON 10 S 5; ON 15 S 2 ff iVm ON 18 S 1). Damit hat sie den Rechtsweg der Sache nach (vertikal und horizontal) ausgeschöpft, zumal sie sich in ihren Einwendungen gemäß § 14 Abs 4 MedienG auch explizit auf ihr Recht auf freie Meinungsäußerung (Art 10 MRK) bezogen (ON 8 S 2 f) und dies in erster Instanz zur sodann bloß vom unterlegenen Antragsteller bekämpften gänzlichen Abweisung des Antrags - im Sinn des Begehrens der Antragsgegnerin - geführt hat.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Kosten des Verfahrens erster Instanz auf § 19 Abs 3 MedienG, hinsichtlich jener zweiter Instanz auf §§ 14 Abs 3 dritter Satz MedienG iVm § 390a Abs 1 StPO. Die ziffernmäßige Bestimmung der von der Antragstellerin der Antragsgegnerin zu ersetzenden Kosten erster und zweiter Instanz erfolgt gemäß § 19 Abs 6 und 7 MedienG im jeweils mit Kostenverzeichnis (korrekt) begehrten Umfang. Da der für die Antragsgegnerin günstige Verfahrensausgang mittels Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes herbeigeführt und sie mit ihrem insoweit wie schon erwähnt auch inhaltlich berechtigten Antrag auf Erneuerung auf die in der Sache erkennende (das Verfahren mithin unmittelbar „erneuernde“) Entscheidung des Obersten Gerichtshofs verwiesen wurde, ist der Antragsteller nach § 14 Abs 3 dritter Satz StPO iVm §§ 390a Abs 1 StPO auch für die der Antragsgegnerin entstandenen Kosten des Erneuerungsverfahrens ersatzpflichtig (vgl RIS-Justiz RS0126968). Da das Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG) für Erneuerungsanträge nach § 363a StPO und Gerichtstage vor dem Obersten Gerichtshof zur öffentlichen Verhandlung der Sache (§ 363c Abs 1 StPO) keinen besonderen Ansatz vorsieht und dessen Tarifpost 4 Abschnitt I Z 4 und 6 bloß die Entlohnung für das ordentliche Rechtsmittelverfahren (in Verfahren über Anträge nach §§ 10 und 14 MedienG vor dem Oberlandesgericht; vgl § 14 Abs 2, 3 und 5 MedienG iVm § 489 StPO) betrifft, erscheint es sachgerecht, für solche Kosten analog den für Revisionen an den Obersten Gerichtshof und für mündliche Verhandlungen über solche festgesetzten Tarif laut Tarifpost 3 C Abschnitte I und II heranzuziehen. Ausgehend von der Bemessungsgrundlage von 8.720 Euro (§ 10 Z 8 RATG) waren für den Erneuerungsantrag - insoweit antragsgemäß - 386,60 Euro (TP 3 C Abschnitt I) zuzüglich 60 % Einheitssatz (§ 23 Abs 1 und 3 RATG) und eine Erhöhung der Entlohnung im elektronischen Rechtsverkehr von 3,60 Euro (§ 23a RATG) zuzusprechen. Für die einstündige mündliche Verhandlung vor dem Obersten Gerichtshof waren 386,60 Euro (TP 3 C Abschnitt II) zuzüglich 60 % Einheitssatz (§ 23 Abs 1 und 3 RATG) und die verrechneten (umsatzsteuerpflichtigen) Barauslagen für Fahrtkosten von 3,80 Euro (TP 9 Anmerkung 1) anzuerkennen. Insgesamt waren die Kosten der Antragsgegnerin für das Erneuerungsverfahren somit mit einer Gesamtsumme von 1.493,42 Euro (darin 248,90 Euro an Umsatzsteuer [20 % von 1.244,52 Euro]) zu bestimmen. Das Mehrbegehren von 990,58 Euro ist unberechtigt. Denn die Kosten für die Verhandlung vor dem Obersten Gerichtshof wurden überhöht mit TP 4 Abschnitt I verzeichnet. Im konkreten Fall war auch die in einem einzigen Schriftsatz mit der Äußerung zur Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes (zum Fehlen einer Kostenersatzpflicht dafür vgl RIS-Justiz RS0110754 und 15 Os 52/10a) verbundene Stellungnahme zum Croquis der Generalprokuratur zum von der Antragsgegnerin eingebrachten Erneuerungsantrag nicht notwendig zu deren zweckentsprechender Rechtsverfolgung, weil die Generalprokuratur darin unter Hinweis auf ihre Nichtigkeitsbeschwerde ohnehin für eine Beschwerdefreistellung der Antragsgegnerin durch Entscheidung in der Sache sowie Verweisung der Erneuerungswerberin auf diese Entscheidung eingetreten ist.

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