11Os125/13m – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24. September 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Vasak als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mohammed R***** wegen des Verbrechens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, Abs 3 Z 2, Abs 4 zweiter und vierter Fall StGB über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Beschwerdegericht vom 19. August 2013, AZ 7 Bs 184/13b (= ON 21 in den Akten 28 HR 184/13v des Landesgerichts Salzburg), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Mohammed R***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Beschluss wurde der Beschwerde des Mohammed R***** (ON 18) gegen den nach erster Haftverhandlung (ON 14) ergangenen Beschluss auf Fortsetzung der Untersuchungshaft nicht Folge gegeben und die freiheitsentziehende Provisorialmaßnahme aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a StPO perpetuiert.
Das Oberlandesgericht hielt den Beschuldigten für dringend verdächtig, die Verbrechen (richtig: das Verbrechen vgl Fabrizy, StGB 10 Rz 5, Schwaighofer in WK² StGB Rz 53, beide zu § 107b) nach § 107b Abs 1, Abs 3 Z 2, Abs 4 zweiter und vierter Fall StGB dadurch begangen zu haben, dass er von Dezember 2008 (§ 107b StGB ist allerdings erst am 1. Juni 2009 in Kraft getreten BGBl I 40/2009) bis 19. Juli 2013 in S***** gegen seine Gattin Samina S***** längere Zeit hindurch fortgesetzt Gewalt ausübte, indem er ihr wiederholt Schläge teils mit der Faust, teils unter Verwendung von Gegenständen, und auch Fußtritte versetzte, wodurch sie Hämatome und Rissquetschwunden erlitt, sowie sie in der Ehewohnung bis zu acht Stunden am Tag einsperrte und das Verlassen der Wohnung nur zwecks kurzer Spaziergänge gestattete, wobei durch die Tat eine umfassende Kontrolle des Verhaltens der Samina S***** hergestellt bzw eine erhebliche Einschränkung der autonomen Lebensführung der Samina S***** bewirkt wurde und der Tatzeitraum mehr als ein Jahr betrug, sowie im Rahmen dieser fortgesetzten Gewaltausübung bis März 2013 seine Gattin Samina S***** durch Versetzen von Schlägen, Niederdrücken und Fixieren ihrer Beine zur Duldung des Beischlafs und dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen, nämlich des Einführens verschiedener Gegenstände in ihre Vagina, nötigte.
Rechtliche Beurteilung
Nur gegen die Annahme der Tatbegehungsgefahr richtet sich die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten.
Die rechtliche Annahme einer der von § 173 Abs 2 StPO genannten Gefahren wird vom Obersten Gerichtshof im Rahmen des Grundrechtsbeschwerdeverfahrens nach gefestigter Rechtsprechung dahin geprüft, ob sie aus den in der angefochtenen Entscheidung angeführten bestimmten Tatsachen abgeleitet werden durfte, ohne dass die darin liegende Ermessensentscheidung als unvertretbar („willkürlich“) angesehen werden müsste (RIS Justiz RS0117806, RS0118185; Kirchbacher/Rami , WK StPO Vor §§ 170 bis 189 Rz 24b; Kier in WK² GRBG § 2 Rz 49).
Die Abstützung der Haft auf die aus den mutmaßlichen Tathandlungen abzuleitenden Persönlichkeitsdefizite des Beschuldigten ist im dargelegten Sinn korrekt erfolgt.
Durch das in der Grundrechtsbeschwerde vorgebrachte einmonatige Verbot an den Rechtsmittelwerber, die vormalige Ehewohnung zu betreten, und durch den nunmehrigen Aufenthalt des Opfers in einem Frauenhaus ist die Tatbegehungsgefahr fallaktuell nicht derart vermindert (§ 173 Abs 3 letzter Satz StPO), dass der Haftgrund wegfiele.
Mohammed R***** wurde daher im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb seine Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenausspruch abzuweisen war.