JudikaturOGH

12Os91/13v – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. September 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. September 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Buchner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alexander S***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 21. Februar 2013, GZ 34 Hv 105/12x 102, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich gefassten Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch IV./3./ und im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) ebenso aufgehoben wie der Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft ebenso auf die Kassation des Strafausspruchs verwiesen wie der Angeklagte mit seiner Beschwerde.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch (verfehlt auch von der rechtlichen Kategorie; vgl Lendl , WK StPO § 259 Rz 1) enthält, wurde Alexander S***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB als Beteiligter gemäß § 12 dritter Fall StGB (I./), der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (II./1./ und IV./1./), der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall, Abs 2 SMG (II./2./ und IV./2./), des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall und Abs 4 Z 1 SMG (II./3/.), des Verbrechens des gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 148 erster Fall StGB (III./), der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 siebenter Fall und Abs 4 Z 1 SMG (IV./3./) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (IV./4./) schuldig erkannt.

Danach hat er soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz

III./ mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen gewerbsmäßig durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die die Genannten in einem 3.000 Euro nicht übersteigenden Betrag an deren Vermögen schädigten, und zwar

...

2./ zu datumsmäßig nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkten zwischen Mitte April und 24. September 2012 in K***** und anderen Orten unbekannte Suchtgiftabnehmer durch die Vorgabe, ihnen Kokain zu verkaufen, wobei er ihnen tatsächlich die Ersatzdroge Subutex verkaufte, zur Übergabe des für Kokain vereinbarten Kaufpreises.

Rechtliche Beurteilung

Ausschließlich gegen diesen Schuldspruch wendet sich die aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Soweit die gemeinsam ausgeführte Mängel und Tatsachenrüge behauptet, der Schöffensenat sei den belastenden Angaben des Zeugen Roland B***** (vgl ON 2 in ON 59 S 41 sowie ON 75 S 38) gefolgt und habe in diesem Zusammenhang auch erwogen, dass der Angeklagte ein ähnliches Verhalten gegenüber den beiden minderjährigen Zeuginnen Tanja T***** und Sabrina R***** gesetzt habe, ohne dabei zu berücksichtigen, dass er „ganz offenbar gegenüber den Minderjährigen und auch gegenüber dem Zeugen B***** schlichtweg geprahlt“ habe, ergeht sie sich in eigenständigen Beweiswerterwägungen, ohne damit jedoch ein Begründungsdefizit aufzuzeigen oder aus den Akten erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Dem weiteren Beschwerdevorbringen zuwider hat sich das Erstgericht sehr wohl mit der leugnenden Verantwortung des Nichtigkeitswerbers auseinandergesetzt (US 21).

Weshalb es von Relevanz sein sollte, dass „positive Beweisergebnisse dafür, dass es sich tatsächlich um Kokain gehandelt habe, nicht vorliegen“, ist angesichts des bestehenden Tatvorwurfs nicht nachvollziehbar.

Der im Übrigen keine entscheidende Tatsache betreffende Vorwurf, das Erstgericht habe auch keine Feststellung getroffen, in welchem Zeitraum Subutex als Kokain tatsächlich verkauft worden sei (dSn Z 9 lit a), geht schon angesichts der Konstatierung des Tatzeitraums ins Leere (US 4, 11).

Mit dem abschließenden Einwand, allein aus der Aussage des Zeugen Roland B*****, dass der Angeklagte für das Strecken von Suchtgift bekannt sei, könne auch nicht geschlossen werden, dass er Subutex als Kokain verkauft habe, orientiert sich die Rüge nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe, insbesondere soweit sie auf die weiteren Angaben des genannten Zeugen Bezug nehmen (US 21), und verfehlt bereits deshalb den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt (RIS Justiz RS0119370, RS0116504; Ratz , WK StPO § 281 Rz 394).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Ferner wurde Alexander S***** zu Punkt IV./3./ des Urteils schuldig erkannt, am 15. September 2012 in St. J***** der am 26. August 1998 geborenen Tanja T***** und der am 24. März 1998 geborenen Sabrina R***** vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich „Kokain (bzw Subutex)“ zum Konsum angeboten, somit den genannten Jugendlichen den Gebrauch von Suchtgift ermöglicht zu haben, wobei er selbst volljährig und mehr als zwei Jahre älter als die Minderjährigen war.

Insoweit überzeugte sich der Oberste Gerichtshof aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde davon, dass dem Urteil nicht geltend gemachte, zum Nachteil des Angeklagten von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeit anhaftet (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).

Die offenbar unter Berücksichtigung der Verantwortung des Angeklagten (vgl US 21 f, 24) - getroffene Feststellung, dieser habe Tanja T***** und Sabrina R***** „Kokain (bzw Subutex)“ (US 12, vgl auch US 4), also das eine oder das andere, somit unter Umständen ausschließlich Subutex angeboten, vermag den diesbezüglichen Schuldspruch (wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 siebenter Fall und Abs 4 Z 1 SMG) nicht zu tragen.

Strafrechtlich relevantes Verhalten nach dem Suchtmittelgesetz bezieht sich immer nur auf in Suchtgiftverordnung oder Psychotropenverordnung erfasste Wirkstoffe. Es sind daher stets konkrete Urteilsfeststellungen zur solcherart entscheidenden Tatsache der Beschaffenheit, nämlich der Wirkstoffart (und -menge) der jeweils tatverfangenen Substanzen erforderlich.

Die - hier vorliegende - bloße Bezeichnung mit Marken- oder Handelsnamen von (allenfalls ein Suchtgift oder einen psychotropen Stoff enthaltenden) Tabletten genügt den aufgezeigten Feststellungserfordernissen nicht (RIS-Justiz RS0114428; Litzka/Matzka/Zeder SMG² § 1 Rz 11 bis 14 mwN).

Dass Subutex allenfalls gerichtsnotorisch den in der Suchtgiftverordnung aufscheinenden Wirkstoff Buprenorphin enthält (vgl 15 Os 28/11y), vermag daran nichts zu ändern, weil es in Betreff notorischer Tatsachen zwar keiner Beweisaufnahme, wohl aber deren Feststellung bedarf ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 600; vgl zB jüngst 14 Os 47/13p).

Dieser Nichtigkeit nach Z 9 lit a begründende Rechtsfehler mangels Feststellungen zog die Aufhebung des Schuldspruchs IV./3./, des Strafausspruchs sowie des Beschlusses gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO und bezüglich dieses Tatvorwurfs die Verweisung der Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung nach sich (§ 285e StPO).

Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft ebenso auf die Kassation des Strafausspruchs zu verweisen wie der Angeklagte mit seiner Beschwerde.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise