13Os61/13i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 29. August 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bitsakos als Schriftführer in der Strafsache gegen Necdet O***** und eine Angeklagte wegen Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Jela G***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7. März 2013, GZ 54 Hv 195/12h 30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Der Angeklagten Jela G***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Jela G***** des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 und § 15 StGB schuldig erkannt.
Danach hat sie vom 17. März 2010 bis zum 6. November 2012 in Wien mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Verfügungsberechtigte der W***** AG und eine Richterin des Handelsgerichts Wien durch die wahrheitswidrige Behauptung, ihr seien durch Einbruch in ein Kellerabteil Gegenstände im Gesamtwert von 18.600 Euro gestohlen worden, samt entsprechender Klagsführung (zum Nachteil der W***** AG) zur Auszahlung einer Versicherungsleistung in der genannten Höhe bzw zur Klagsstattgebung verleitet und dies versucht, wobei die Tat infolge des gerichtlichen Zuspruchs von rund 8.600 Euro teils vollendet wurde, in Bezug auf den Restbetrag (ca 10.000 Euro) hingegen aufgrund einer nach Einholung eines Gutachtens (am 29. Juni 2012) vorgenommenen Klagseinschränkung beim Versuch blieb.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 5, 5a, (richtig) 9 lit a und (richtig) 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten geht fehl.
Die Mängelrüge (Z 5) lässt nicht erkennen, weshalb Feststellungen zum „Verhältnis zwischen den Mitarbeitern der Privatbeteiligten und der Beschuldigten“ sowie darüber, dass „die Privatbeteiligte, die im Zivilverfahren unterlegen ist, keine Berufung erhoben“ habe, zur rechtsrichtigen Beurteilung des Anklagesachverhalts erforderlich sein sollen (der Sache nach Z 9 lit a), und verfehlt solcherart die gebotene Ableitung des behaupteten Rechtsfehlers aus dem Gesetz ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 588 f).
Indem die Beschwerde die fehlende Erörterung von Verfahrensergebnissen einwendet, ohne die diesbezüglichen Fundstellen in den Akten anzuführen, entzieht sie sich ebenfalls einer inhaltlichen Erwiderung (RIS Justiz RS0124172).
Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass die Tatrichter ohnedies nicht davon ausgingen, dass das gegenständliche Kellerabteil im Zeitpunkt des angeblichen Einbruchs „feucht oder modrig“ gewesen sei (siehe insbesonders US 6 und US 8), aus welchem Grund es unter dem Aspekt der Urteilsvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) der Erörterung in eben diese Richtung weisender Verfahrensergebnisse gerade nicht bedurfte.
Mit Unschärfen in der Aussage des Zeugen Roman S***** (ON 29 S 13 bis 21) sowie mit dessen Depositionen über die ihm gegenüber getätigten Angaben des Ivica G***** setzte sich das Erstgericht sehr wohl auseinander (US 6 f und US 8 f).
Die Tatrichter legten in eingehender (US 6 bis 10), den Gesetzen logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechender (Z 5 vierter Fall) Beweiswürdigung dar, aus welchen Gründen sie annahmen, dass der Einbruch in das Kellerabteil der Jela G***** nicht tatsächlich stattgefunden hat, sondern zum Zweck des rechtswidrigen Erlangens einer Versicherungsleistung vorgetäuscht worden ist, und dass sie demgemäß die (leugnende) Verantwortung der Beschwerdeführerin und die damit übereinstimmenden Angaben ihres Ehemannes, des Zeugen Ivica G*****, als widerlegt erachteten (US 9). Hievon ausgehend war eine Auseinandersetzung mit sämtlichen Details der Aussage des Genannten aus dem Blickwinkel der Urteilsvollständigkeit nicht erforderlich, sie hätte vielmehr dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) widersprochen (RIS Justiz RS0098377).
Die Tatsachenrüge (Z 5a) entwickelt ihre Argumentation nicht aus in der Hauptverhandlung vorgekommenen (§ 258 Abs 1 StPO) Beweismitteln und ist demnach einer meritorischen Erledigung nicht zugänglich ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 481).
Soweit die Beschwerde zur Unterstützung ihres diesbezüglichen Vorbringens auf nunmehr vorgelegte Urkunden verweist, genügt der Hinweis auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot.
Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) hinsichtlich des von der Klagseinschränkung umfassten Betrags (ca 10.000 Euro) den Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch (§ 16 StGB) reklamiert (der Sache nach Z 9 lit b), bezieht sie sich im Hinblick darauf, dass allein der nach den Urteilsfeststellungen vom Handelsgericht Wien zugesprochene Betrag (rund 8.600 Euro) die hier relevante Wertgrenze des § 147 Abs 2 StGB (3.000 Euro) übersteigt, weder auf schuld noch auf subsumtionsrelevante Umstände.
Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass (hier der Sache nach eingewendete) fehlende Feststellungen zu einem sogenannten Ausnahmesatz als Feststellungsmangel geltend zu machen sind, die Beschwerde insoweit also auf in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO), die vermissten Konstatierungen indizierende Verfahrensergebnisse hätte hinweisen müssen ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 600 bis 602), welchem Erfordernis hier nicht entsprochen wurde. Im Hinblick darauf, dass nach der Aktenlage das gegenständliche Strafverfahren bereits im Februar 2011 eingeleitet wurde (ON 2 S 1) und die angesprochene Klagseinschränkung erst nach Vorlage eines entsprechenden Sachverständigengutachtens im Juni 2012 erfolgte (US 5), hätte es dabei wie klarstellend ergänzt sei insbesonders auch des Aufzeigens von Indizien für die Annahme der Freiwilligkeit des behaupteten Rücktritts (hiezu eingehend Hager/Massauer in WK² StGB §§ 15, 16 Rz 133 bis 151) bedurft.
Soweit die Beschwerde fehlende Feststellungen zur subjektiven Tatseite behauptet, ohne dabei von den diesbezüglichen Sachverhaltsannahmen des Erstgerichts (US 5 f) auszugehen, verfehlt sie den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS Justiz RS0099810).
Indem die Rechtsrüge auf der Basis spekulativer Überlegungen anhand eigener Beweiswerterwägungen für die Beschwerdeführerin günstige Schlussfolgerungen anstellt, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.