JudikaturOGH

14Os81/13p – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. August 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. August 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bandarra als Schriftführer in der Strafsache gegen Stefan R***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 erster Fall und 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 10. Jänner 2013, GZ 27 Hv 155/12y 60, weiters über dessen Beschwerde gegen den zugleich gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Stefan R***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 (erster Fall) und Abs 3, 148 erster Fall und 15 StGB (I) und des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant - in Innsbruck und anderen Orten

I. mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, sowie in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrug eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, durch Täuschung über seine Leistungswilligkeit (1) und sein Auftreten als zahlungsfähiger und williger Kunde (2-12) teilweise unter Verwendung falscher oder verfälschter Urkunden (10), im Urteil namentlich genannte Personen zu dort beschriebenen Handlungen verleitet und zu verleiten versucht (7, 10 und 11), wodurch diese einen insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Vermögensschaden in Höhe von 70.030,03 Euro erlitten, und zwar:

...

10. am 3. April 2012 einen Angestellten des Unternehmens H*****, nämlich Markus B*****, unter Verwendung eines total gefälschten vorläufigen Führerscheins zur Herausgabe eines „1er Coupe (BMW 120 cd)“ und eines „Mini Cooper“ im Gesamtwert von 46.000 Euro;

11. am 3. April 2012 einen Angestellten des Unternehmens A***** GmbH, nämlich Konrad P*****, zur Herausgabe eines Audi A3 Sportback im Wert von 18.350 Euro;

12. im Dezember 2010 David D***** zur Überlassung eines Computers im Wert von 3.500 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Die ausschließlich gegen den Schuldspruch I/10, I/11 und I/12 gerichtete, aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Der Vorwurf fehlender Erörterung (Z 5 zweiter Fall) einzelner zudem unerheblicher - Passagen aus den Angaben des Markus B***** in Bezug auf die versuchte Herauslockung des PKW Mini Cooper (I/10) unterstellt der Aussage dieses Zeugen den aktenwidrigen Inhalt, der Angeklagte habe hinsichtlich beider Fahrzeuge nach einer Probefahrt gefragt (vgl dagegen ON 59 S 12), und zeigt insoweit auch keinen erörterungsbedürftigen Widerspruch zu der entsprechenden Feststellung (US 11) auf.

Dass auch in Betreff des PKW BMW 120 cd bereits ein Kaufvertrag abgeschlossen wurde (I/10), lässt sich den Feststellungen entgegen der Fehlinterpretation des Beschwerdeführers nicht entnehmen (US 11 ff), womit der darauf bezogene Einwand unvollständig begründeter (Z 5 zweiter Fall) und aktenwidriger Feststellungen (der Sache nach Z 5 vierter Fall; vgl zur Aktenwidrigkeit im Sinn der Z 5 letzter Fall: RIS-Justiz RS0099547) von vornherein ins Leere geht.

Die gegen die logisch nachvollziehbar und empirisch einwandfrei begründete Feststellung, wonach der Angeklagte nicht beabsichtigte, sich durch die Unterzeichnung von Kaufverträgen (I/10 und I/11) bloß eine Probefahrt zu erschleichen (US 12 f), vorgebrachten Erwägungen (Z 5 vierter Fall) kritisieren bloß die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Entgegen dem weiteren Einwand „nicht vollständiger Begründung“ (gemeint offenbar: Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite zu I/10 und I/11 (US 12 f) ist auch der neben weiteren von der Beschwerde prozessordnungswidrig ignorierten beweiswürdigenden Erwägungen erfolgte - Verweis auf Erfahrungen des Angeklagten bei einem früheren (vergeblichen) Versuch, die Übergabe eines Fahrzeugs ohne Vorlage eines Führerscheins oder Abschluss eines Kaufvertrags zu erwirken, und auf sein darauf angepasstes objektives Verhalten bei den hier in Rede stehenden Fakten (US 24 ff) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden.

Die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zu I/12 erschöpft sich mit dem Hinweis auf das Fehlen einer Vertragsurkunde über den verfahrensgegenständlichen Computer (US 14) und daran anknüpfende eigenständige Erwägungen erneut in einer hier unzulässigen Kritik an der erstgerichtlichen Beweiswürdigung, ohne ein Begründungsdefizit im Sinn der Z 5 aufzuzeigen. Im Übrigen haben die Tatrichter ihre Überzeugung von einer (täuschungsbedingten) Übergabe des Computers aufgrund einer auch schriftlich dokumentierten Kaufabrede den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechend - aus der für glaubwürdig befundenen Aussage des Zeugen D***** abgeleitet und dabei auch die insoweit leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers und den Umstand, dass der entsprechende schriftliche Vertrag nicht vorgelegt werden konnte, erörtert (US 28 f).

Mit der der Sache nach aufgestellten Behauptung mangelnder Ausführungsnähe der zum Schuldspruch I/10 angelasteten Tathandlungen in Bezug auf die versuchte Herauslockung (neben eines PKW Mini Cooper im Wert von 22.500 Euro [US 11]) auch eines BMW 120 cd im Wert von 23.500 Euro geht die Beschwerde (nominell Z 9 lit a, der Sache nach - weil insoweit bloß für die Qualifikation nach § 147 Abs 3 StGB entscheidend - Z 10; vgl Ratz , WK StPO § 282 Rz 16) nicht von der Gesamtheit der dazu getroffenen Feststellungen aus und verfehlt damit den (auf der Sachverhaltsebene) gerade darin gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 581).

Sie ignoriert nämlich die insoweit zentralen Urteilsannahmen, nach denen der Beschwerdeführer sein vom entsprechenden Betrugsvorsatz getragenes Vorhaben, Markus B***** durch Täuschung über seine Zahlungsfähigkeit und -willigkeit zur Herausgabe beider Fahrzeuge zu verleiten, bereits durch sein Auftreten als solventer Kunde, die Vorlage eines gefälschten „vorläufigen Führerscheins“, die Einigung über den Gesamt („Paket-“)Preis und die Unterfertigung der Vertragsurkunde über den Kauf des PKW Mini Cooper in die Tat umgesetzt hatte, wobei der Abschluss des Kaufvertrags hinsichtlich des PKW BMW 120 cd bloß daran scheiterte, dass Markus B***** die entsprechende Probefahrt, von der der Angeklagte seine endgültige „Kaufentscheidung“ nur zum Schein abhängig gemacht hatte, auf den Nachmittag verschob und zwischenzeitig die Polizei verständigte, weil er aufgrund der vorgelegten Dokumente misstrauisch geworden war (US 11 ff, 24 ff).

Dieses Verhalten ist bereits als Täuschungshandlung und somit als (Beginn der) Tatausführung zu werten, weil es der Umschreibung der Tathandlung durch das Tatbild des § 146 StGB entspricht ( Fabrizy in WK² StGB § 12 Rz 18). Da mit dem Beginn der Tatausführung das strafbare Versuchsstadium jedenfalls erreicht ist, stellt sich die Frage der Ausführungsnähe nicht ( Hager/Massauer in WK² StGB § 15 Rz 26 ff; vgl auch RIS Justiz RS0089830).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde (ON 71 S 7 f) folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise