4Ob150/13g – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Hartmut Gräf, Rechtsanwalt in Kirchdorf an der Krems, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Sattler Schanda, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 18.000 EUR), im Verfahren über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 18. Juli 2013, GZ 3 R 49/13t 13, mit welchem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 2. Mai 2013, GZ 19 Cg 35/13p 9, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zur Unterlassung bestimmter Aussagen zu verpflichten, damit verbindet sie ein Veröffentlichungsbegehren. Den Wert des Streitgegenstands gab sie in der Klage mit 36.000 EUR an, ohne Unterlassungs- und das Veröffentlichungsbegehren gesondert zu bewerten. Zur Sicherung des Unterhaltsbegehrens beantragt sie eine einstweilige Verfügung.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert seines Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig sei. Den Bewertungsausspruch begründete es damit, dass die Klägerin ihre Urteilsbegehren nicht gesondert bewertet habe. Im Zweifel sei daher von einer gleichteiligen Bewertung - mit jeweils 18.000 EUR - auszugehen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich ein Rechtsmittel der Klägerin . Sie erhebt einerseits einen außerordentlichen Revisionsrekurs, in dem sie dem Rekursgericht einen vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmenden Ermessensmissbrauch bei der Bewertung des Entscheidungsgegenstands vorwirft, und beantragt andererseits die Abänderung des Zulassungsausspruchs durch das Rekursgericht, dies verbunden mit einem ordentlichen Revisionsrekurs. Zur Begründung für den Zulassungsantrag und den ordentlichen Revisionsrekurs verweist sie auf die Zulassungsbeschwerde und die Ausführung des außerordentlichen Revisionsrekurses.
Das Erstgericht legt das Rechtsmittel dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor. Diese Vorgangsweise ist nicht zu beanstanden, weil die Klägerin vorbringt, dass der Bewertungsausspruch des Rekursgerichts nicht bindend sei und sie daher einen außerordentlichen Revisionsrekurs erheben könne.
Rechtliche Beurteilung
Dennoch ist der Akt dem Erstgericht zur Vorlage an das Rekursgericht zurückzustellen .
1. Der Bewertungsausspruch des Gerichts zweiter Instanz ist unanfechtbar und für den Obersten Gerichtshof grundsätzlich bindend, es sei denn, das Gericht zweiter Instanz hätte zwingende Bewertungsvorschriften verletzt oder den ihm vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessensspielraum überschritten (RIS-Justiz RS0042450 [T7, T19], RS0042515 [T8, vgl auch T7, T9 und T10]). Bestehen wie hier keine zwingenden Bewertungsvorschriften, so hat sich die Bewertung am objektiven Wert der Streitsache zu orientieren (4 Ob 314/85 = ÖBl 1985, 166; 4 Ob 61/04f = EvBl 2004/180 mwN); nur eine offenkundige Fehlbeurteilung wäre aufzugreifen (4 Ob 61/04f mwN; RIS-Justiz RS0042450 [T8], RS0042515 [T7]). Eine solche offenkundige Unterbewertung ist hier nicht erkennbar, lässt sich dem Vorbringen der Klägerin in erster Instanz doch nicht entnehmen, welche konkrete wirtschaftliche Bedeutung die beanstandete Werbemaßnahme für sie hat. Eine Zweifelsregel, dass der (prozessuale) Wert des Entscheidungsgegenstands bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsbegehren immer über 30.000 EUR liegen müsse, gibt es nicht. Dem weiteren Verfahren ist daher der Bewertungsausspruch des Rekursgerichts zugrunde zu legen.
2. In Streitigkeiten, in denen der Entscheidungsgegenstand zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt und in denen das Gericht zweiter Instanz die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ausgesprochen hat, ist auch im Sicherungsverfahren nach § 402 Abs 4, § 78 EO und § 528 Abs 2 Z 1a ZPO vorbehaltlich des § 528 Abs 2a ZPO der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig (RIS-Justiz RS0097221 [T1, T3]). Gemäß §§ 528 Abs 2a, 508 ZPO kann allerdings in einem solchen Fall eine Partei einen Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erklärt werde. Mit demselben Schriftsatz ist der ordentliche Revisionsrekurs auszuführen. Dieser mit dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbindende Antrag ist beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen und gemäß § 508 Abs 3 und 4 ZPO vom Rekursgericht zu behandeln. Der Oberste Gerichtshof ist in solchen Fällen zur Entscheidung über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses funktionell unzuständig.
3. Die Klägerin hat in ihrem Rechtsmittel einen solchen Zulassungsantrag gestellt und den ordentlichen Revisionsrekurs ausgeführt. Dass sie dafür auf die Zulassungsbeschwerde und die Begründung des außerordentlichen Revisionsrekurses verwiesen hat, schadet nicht. Denn auch ohne einen an das Rekursgericht gerichteten Zulassungsantrag wäre entweder die Zulassungsbeschwerde des außerordentlichen Revisionsrekurses in diesem Sinn umzudeuten oder allenfalls ein Verbesserungsverfahren einzuleiten gewesen (RIS-Justiz RS0109623 [T5], RS0109501 [T12]).
4. Aus diesem Grund ist der Akt dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückzustellen, das Rechtsmittel dem Rekursgericht zur Entscheidung über den Zulassungsantrag vorzulegen.