Der Oberste Gerichtshof hat am 21. August 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Dr. Michel Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kurzthaler als Schriftführer, in der Strafsache gegen Mag. Ivan L***** wegen Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 901 Bl 31/13a des Landesgerichts Korneuburg, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss dieses Gerichts vom 5. April 2013, AZ 901 Bl 31/13a (ON 17 des Ermittlungsakts AZ 25 St 35/12b der Staatsanwaltschaft Korneuburg), erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Janda, des Beschuldigten, seines Verteidigers Mag. Münzker sowie des Opfervertreters Mag. Rast zu Recht erkannt:
Der Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 5. April 2013, AZ 901 Bl 31/13a, verletzt §§ 195 Abs 2 erster Satz, 196 Abs 2 erster Satz StPO.
Der Beschluss wird aufgehoben und es wird der Antrag des Marian L***** vom 1. März 2013 auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens AZ 25 St 35/12b der Staatsanwaltschaft Korneuburg als unzulässig zurückgewiesen.
Gründe:
Die Staatsanwaltschaft Korneuburg leitete am 31. August 2012 zu AZ 25 St 35/12b ein Ermittlungsverfahren gegen Mag. Ivan L***** wegen des Verdachts von Straftaten nach §§ 206 Abs 1, 207 Abs 1, 212 Abs 1 Z 1 StGB ein. Der Genannte stand aufgrund der Erhebungen des Landeskriminalamts Niederösterreich im Verdacht, im Sommer 2011 bis zuletzt am 12. November 2011 im Zuge von Besuchsaufenthalten in M***** mit seinem am 12. November 2003 geborenen Sohn Marian L*****, sohin einer unmündigen Person, in wiederholten Angriffen dem Beischlaf gleichzusetzende Handlungen, nämlich Analverkehr, unternommen zu haben. Weiters habe er seiner am 14. Mai 2005 geborenen Tochter Roksolana L***** in den Sommermonaten 2011 pornographische Bilder bzw Videos vorgeführt und das Mädchen im Genitalbereich berührt (ON 2).
Die Staatsanwaltschaft stellte am 14. November 2012 (ON 1 S 5) das Verfahren mangels Erweislichkeit der Vorwürfe gemäß § 190 Z 2 StPO ein und verständigte hievon (unter anderem) die anwaltliche Vertreterin der Opfer. Diese begehrten mit erst am 12. Februar 2013 bei der Staatsanwaltschaft eingelangtem Antrag vom 28. November 2012 gemäß § 194 Abs 2 StPO (ON 13) eine Begründung durch Anführung der für die Einstellung maßgeblichen Tatsachen und Erwägungen. Diesem Begehren entsprach die Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 13. Februar 2013 (ON 14), in welchem die leugnende Verantwortung des Beschuldigten unter Hinweis auf Widersprüche und teilweise objektivierte Falschangaben der Zeugen als nicht widerlegbar erachtet wurde.
Am 1. März 2013 beantragte Marian L***** die Fortführung des Verfahrens gemäß § 195 StPO (ON 15).
Mit Beschluss vom 5. April 2013 ordnete das Landesgericht Korneuburg die Fortführung des zu AZ 25 St 35/12b der Staatsanwaltschaft Korneuburg geführten Ermittlungsverfahrens gegen Mag. Ivan L***** wegen §§ 206 Abs 1, 207 Abs 1, 212 Abs 1 Z 1 StGB gemäß § 195 Abs 1 Z 2 StPO an (ON 17). Das Gericht führte aus, dass der Fortführungswerber rechtzeitig (BS 2 zweiter Absatz) und auch zu Recht (BS 5 f) das Unterlassen erheblicher Beweisaufnahmen moniert habe.
Der Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 5. April 2013 steht wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde ausführt mit dem Gesetz nicht in Einklang.
Gemäß § 195 Abs 2 erster Satz StPO ist der Antrag auf Fortführung des Verfahrens binnen vierzehn Tagen nach Verständigung von der Einstellung (§ 194 StPO) oder im Fall eines fristgerecht eingebrachten Verlangens gemäß § 194 Abs 2 StPO nach Zustellung der Einstellungsbegründung einzubringen. Ein Fortführungsantrag ist jedoch unabhängig von einer Einstellungsverständigung oder der Zustellung einer Einstellungsbegründung nur innerhalb von drei Monaten ab der Einstellung des Verfahrens zulässig. Ein außerhalb dieser absoluten Frist eingebrachter Antrag auf Fortführung ist verspätet und gemäß § 196 Abs 2 erster Satz StPO als unzulässig zurückzuweisen (vgl RIS Justiz RS0127939).
Vorliegend hat das Landesgericht Korneuburg die Rechtzeitigkeit des Fortführungsantrags angenommen, obwohl die Einstellung des Verfahrens bereits mehr als drei Monate vor Antragstellung erfolgt war.
Dieser Rechtsfehler gereicht dem Beschuldigten zum Nachteil, weshalb sich der Oberste Gerichtshof veranlasst sah, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Antrag des Marian L***** vom 1. März 2013 auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Korneuburg zu AZ 25 St 35/12b als unzulässig zurückzuweisen.
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