15Os86/13f – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 21. August 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Dr. Michel Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kurzthaler als Schriftführer in der Strafsache gegen Ahmet B***** wegen Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall und Abs 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 50 Hv 65/12d des Landesgerichts Wiener Neustadt, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 17. Oktober 2012, GZ 50 Hv 65/12d 92, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Bauer, und der Verteidigerin Dr. Hohler-Rössel zu Recht erkannt:
Spruch
Der Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 17. Oktober 2012, GZ 50 Hv 65/12d 92, verletzt im Umfang des Widerrufs der mit Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Vollzugsgericht vom 12. Oktober 2009, AZ 44 BE 486/09p, gewährten bedingten Entlassung aus dem unbedingten Strafteil der zu AZ 39 Hv 22/09w des Landesgerichts Wiener Neustadt verhängten Freiheitsstrafe § 53 Abs 1 zweiter Satz StGB in der im Beschlusszeitpunkt geltenden Fassung.
Der Beschluss wird im genannten Umfang aufgehoben und es wird vom Widerruf der bedingten Entlassung abgesehen.
Text
Gründe:
Ahmet B***** wurde mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 9. September 2009, GZ 39 Hv 22/09w 128, des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB sowie des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 (Abs 1) StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 30 Monaten verurteilt. Nach § 43a Abs 4 StGB wurde ein Teil der Freiheitsstrafe im Umfang von 20 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Aus dem Vollzug des unbedingten Teils dieser Freiheitsstrafe wurde der Verurteilte mit Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Vollzugsgericht vom 12. Oktober 2009, GZ 44 BE 486/09p-6, am 21. November 2009 unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren (mit einem Strafrest von drei Monaten) bedingt entlassen (ON 136 in AZ 39 Hv 22/09w des Landesgerichts Wiener Neustadt).
Mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 17. Oktober 2012, GZ 50 Hv 65/12d 92, wurde Ahmet B***** mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall und Abs 3 SMG sowie des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr verurteilt. Im gemeinsam mit dem Urteil ergangenen Beschluss wurde (unter anderem) gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO die zu AZ 44 BE 486/09p des Landesgerichts Wiener Neustadt gewährte bedingte Entlassung aus dem unbedingten Teil der zu AZ 39 Hv 22/09w desselben Gerichts verhängten Freiheitsstrafe widerrufen und zugleich gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO vom Widerruf des bedingt nachgesehenen Strafteils dieser Freiheitsstrafe unter Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre abgesehen.
Rechtliche Beurteilung
Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, steht der zuletzt genannte Beschluss vom 17. Oktober 2012 im Ausspruch über den Widerruf der zu AZ 44 BE 486/09p des Landesgerichts Wiener Neustadt erfolgten bedingten Entlassung aus dem unbedingten Strafteil der zu AZ 39 Hv 22/09w des Landesgerichts Wiener Neustadt verhängten Freiheitsstrafe unter gleichzeitigem Absehen vom Widerruf des bedingt nachgesehenen Teils dieser Freiheitsstrafe mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Nach § 53 Abs 1 zweiter Satz StGB in der im Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung konnten die bedingte Nachsicht eines Teils einer Freiheitsstrafe und die bedingte Entlassung aus dem nicht bedingt nachgesehenen Teil dieser Strafe nur gemeinsam widerrufen werden (RIS Justiz RS0125448).
Da die aufgezeigte Gesetzesverletzung zum Nachteil des Verurteilten wirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, ihre Feststellung mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).
Bleibt anzumerken, dass durch die im Beschluss vom 12. Oktober 2009 ausgesprochene Verlängerung der Probezeit des bedingt nachgesehenen Strafteils auf fünf Jahre (§ 494a Abs 6 StPO) ex lege (§ 49 dritter Satz StGB) auch die Verlängerung der (früher endenden) Probezeit der bedingten Entlassung (bis zum Ablauf der später endenden Probezeit der bedingten Strafnachsicht) bewirkt wurde (vgl 13 Os 112/12p; zuletzt 11 Os 49/13k).