JudikaturOGH

8Ob51/13b – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Juli 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Konkurssache der Gemeinschuldnerin A***** Gesellschaft mbH, zuletzt *****, vertreten durch Dr. iur. F***** B*****, über den Rekurs der Gemeinschuldnerin gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Wien vom 22. März 2013, GZ 13 Nc 1/13s, 13 Nc 2/13p 4 und vom 28. März 2013, GZ 13 Nc 3/13k 9, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Gemeinschuldnerin hatte bereits mit einem am 17. 9. 2012 überreichten Antrag die Mitglieder des Senats 6 des Erstgerichts als befangen abgelehnt, der zur Entscheidung in den Rechtsmittelverfahren 28 R 178/12w und 28 R 190/12k berufen ist. Das Erstgericht hat diesen Ablehnungsantrag mit Beschluss vom 19. 10. 2012, GZ 13 Nc 12/12g, 13 Nc 13/12d-2 zurückgewiesen. Dem von der Gemeinschuldnerin gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs gab der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 24. 1. 2013, 8 Ob 143/12f, nicht Folge.

Gegenstand des nunmehrigen Rechtsmittel-verfahrens sind drei weitere Ablehnungsanträge der Gemeinschuldnerin:

1. Die Gemeinschuldnerin bekämpfte mit Rekurs vom 22. 9. 2012 (ON 537) die Beschlüsse des Erstgerichts vom 17. 9. 2012 ON 535 und 536. Dieser Rekurs wurde dem Rekursgericht zu den AZ 28 R 11/13p und 28 R 12/13k zur Entscheidung vorgelegt. In diesem Rekurs erklärte sie, sämtliche Mitglieder des Rekurssenats aus den gleichen Gründen abzulehnen, die bereits im Antrag in den genannten Rekursverfahren 28 R 178/12w und 28 R 190/12k geltend gemacht worden seien. Dieser Antrag wurde dem Erstgericht zu 13 Nc 1/13s vorgelegt.

2. Am 8. 1. 2013 überreichte die Gemein-schuldnerin einen weiteren Ablehnungsantrag (vom 3. 1. 2013) gegen die zur Entscheidung in den Rekursverfahren 28 R 178/12w und 28 R 190/12k berufenen Mitglieder des Senats 6 des Erstgerichts. Es seien nachträgliche Gründe hervorgekommen, die die Befangenheit der abgelehnten Richter belegen. Aus der Begründung des Beschlusses vom 12. 12. 2012, 28 R 131/12h ergebe sich, dass die Rekursrichter ihre Entscheidung mit einer Aktenwidrigkeit belastet hätten, die ausreichend bescheinige, dass sie die Konkursakten entweder gar nicht oder nicht vollständig geprüft hätten. Entgegen den Behauptungen der Rekursrichter in dieser Entscheidung habe die Bezahlung der Forderungen der Gläubiger nicht „knapp drei Jahre“ in Anspruch genommen, sondern seien Abtretungserklärungen mehrerer Gläubiger über zahlreiche, bereits am 27. 5. 2009 erfolgte Zahlungen der Alleingesellschafterin bereits zu einem früheren Zeitpunkt beigelegt gewesen und habe die Alleingesellschafterin am 16. 6. 2009 weitere Zahlungen nachgewiesen. Die noch im Zeitpunkt der Prüfungstagsatzung am 23. 12. 2009 offenen Forderungen mehrerer Gläubiger seien strittig gewesen, sodass sich die Frage der Werthaltigkeit einer Patronatserklärung erst nach rechtskräftiger Feststellung der Forderungen stelle, weil dies Voraussetzung für die Zahlungsbereitschaft der Alleingesellschafterin gewesen sei. Aktenwidrig sei die Begründung der Entscheidung des Rekursgerichts, weil nicht der Masseverwalter ein von der Gemeinschuldnerin näher bezeichnetes Zwangsversteigerungsverfahren betrieben und die Befriedigung der Gläubiger bewerkstelligt habe; denn dieses sei bereits lange vor Konkurseröffnung anhängig gewesen, was sich auch aus dem Konkursakt ergebe. Die Forderung der betreibenden Bank sei von der Alleingesellschafterin, nicht aber vom Masseverwalter betrieben worden. Aktenwidrig sei schließlich die Begründung einer weiteren Entscheidung des Rekurssenats vom 12. 12. 2012 (28 R 132/12f), wonach die Schuldnerin dem Masseverwalter nur „rudimentäre Informationen“ geliefert habe, sodass er nicht in der Lage gewesen sei, Jahresabschlüsse zu erstellen. Vielmehr habe die Gemeinschuldnerin in der Eingabe ON 444 ihre Aktiven und Passiven vollständig aufgezählt, es gehöre zum Aufgabenbereich des Masseverwalters, die Wertansätze zu ermitteln.

Der Senatspräsident und die an diesen Entscheidungen beteiligten Richterinnen des Rekurssenats hätten der Gemeinschuldnerin vorsätzlich oder fahrlässig einen konkreten Vermögensschaden zugefügt und ihr Amt pflichtwidrig ausgeübt, sodass die Befürchtung einer Befangenheit auch im Hinblick auf die noch ausstehenden Entscheidungen zu befürchten sei. Die Befangenheit der beiden weiteren Senatsmitglieder ergebe sich aus deren kollegialem Naheverhältnis zu ihren Senatsmitgliedern.

Dieser Ablehnungsantrag wurde dem Erstgericht zu 13 Nc 3/13k zur Entscheidung vorgelegt.

3. Mit einem weiteren Ablehnungsantrag vom 20. 1. 2013 lehnte die Gemeinschuldnerin wiederum die Mitglieder des Senats 6 des Erstgerichts ab. Die abgelehnten Richter hätten am 12. 12. 2012 Beschlüsse in den Rekursverfahren 28 R 131/12h und 28 R 132/12f und am 8. 1. 2013 einen Beschluss im Rekursverfahren 28 R 162/12t gefasst. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch eine rechtskräftige Entscheidung in den Ablehnungsverfahren 13 Nc 12/12g und 13 Nc 13/12d des Erstgerichts noch nicht vorgelegen. Die abgelehnten Richter hätten daher gegen § 25 JN verstoßen. Die Befangenheit der abgelehnten Richter ergebe sich überdies auch daraus, dass sie sich für ihren Rechtsstandpunkt in der Entscheidung 28 R 162/12t zu Unrecht auf die Entscheidung 8 Ob 263/00k berufen würden.

Das Erstgericht wies die Ablehnungsanträge der Gemeinschuldnerin zurück. Das Wesen der Befangenheit bestehe in einer Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive, wobei im Interesse der Justiz ein strenger Maßstab für die Beurteilung des Vorliegens von Befangenheit anzuwenden sei, weil auch schon der Anschein, ein Richter lasse sich bei seiner Entscheidung von anderen als rein sachlichen Gesichtspunkten leiten, jedenfalls vermieden werden sollte. Umgekehrt solle es das Ablehnungsrecht nicht ermöglichen, sich nicht genehmer Richter zu entledigen. Im Ablehnungsverfahren gehe es primär um private, persönliche Beziehungen der abgelehnten Richter zu einer Prozesspartei, nicht aber um eine allfällige Fehlerhaftigkeit der Entscheidung, deren Überprüfung im Instanzenweg anzustreben sei. Die von der Schuldnerin behaupteten Fehler in der Verfahrensführung oder bei der rechtlichen Meinungsbildung seien nicht im Ablehnungsverfahren zu überprüfen. Allfällige Verfahrensverstöße, die keinen Anhaltspunkt für eine unsachliche Entscheidung begründen, begründeten keine Befangenheit. Die Anträge gegen die zwei nicht an den Entscheidungen des Rekursgerichts beteiligten Richter seien unbegründet, weil ein bloßes kollegiales Naheverhältnis keine Befangenheit begründe.

Gegen diese Beschlüsse, und zwar lediglich im Umfang der Zurückweisung des Ablehnungsantrags gegen den Präsidenten des Senats 6 und die Richterinnen ***** und *****, soweit sie in den Rekursverfahren 28 R 178/12w, 28 R 190/12k; 28 R 11/12p und 28 R 12/13k zur Entscheidung berufen sind (s S 8 des Rekurses), richtet sich der Rekurs der Gemeinschuldnerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss abzuändern und dem Ablehnungsantrag stattzugeben. Die Rekurswerberin beantragt die Durchführung einer mündlichen Rekursverhandlung.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig (§ 24 Abs 2 JN), er ist jedoch nicht berechtigt.

I. Zur Entscheidung über den im Rekurs vom 22. 9. 2012 enthaltenen Ablehnungsantrag:

Diesen Ablehnungsantrag erhob die Gemeinschuldnerin „aus den gleichen Gründen, wie sie im Antrag vom 16. September 2012“ dargelegt worden seien. Der Ablehnungsantrag vom 16. 9. 2012 wurde aber bereits rechtskräftig zurückgewiesen (Beschluss des Erstgerichts vom 19. 10. 2012; bestätigt mit 8 Ob 143/12f vom 24. 1. 2013). Der ausschließlich auf die bereits erfolglos gebliebenen Gründe gestützte Ablehnungsantrag wurde daher schon aus diesem Grund zurecht zurückgewiesen (RIS Justiz RS0046075; RZ 1975/1). Dass die Gemeinschuldnerin die Begründung der Entscheidung 8 Ob 143/12f als unrichtig bezeichnet, vermag daran nichts zu ändern.

II. Zu den Ablehnungsgründen vom 3. 1. und vom 20. 1. 2013:

Für die Annahme einer Befangenheit genügt es insoweit ist dem Rekurswerber beizupflichten , dass eine Befangenheit mit Grund befürchtet werden muss oder dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte. Andererseits soll aber die Ablehnung auch nicht die Möglichkeit bieten, dass sich Parteien ihnen nicht genehmer Richter entledigen können ( Mayr in Rechberger ³ § 19 JN Rz 4 mwN). Aus eben diesem Grund wird von der Rechtsprechung die Tatsache, dass der Ablehnungswerber dem abgelehnten Richter Rechts oder Verfahrensfehler bzw unrichtige Rechtsauffassungen vorwirft, im Allgemeinen nicht als Befangenheitsgrund gewertet, und zwar auch dann nicht, wenn der Ablehnungswerber seine Vorwürfe mit Anzeigen oder Amtshaftungsansprüchen verbindet ( Mayr in Rechberger ³ § 19 JN Rz 4 mwN). Es trifft aber zu, dass jeder Einzelfall sorgfältig zu prüfen ist und dass etwa offensichtliche und grobe Verstöße gegen Verfahrensvorschriften, die die Annahme rechtfertigen, der Richter habe sich von anderen als sachlichen Motiven leiten lassen, die Annahme der Befangenheit des Richters begründen können ( Mayr in Rechberger ³ § 19 JN Rz 4 mwN). Dafür reicht es aber nicht aus, dass der Ablehnungswerber Rechtsauffassungen und Vorgehensweisen der abgelehnten Richter als unrichtig bezeichnet und davon ausgehend von einem „offensichtlichen“ Fehlverhalten spricht.

Auch das Erstgericht hat all dies keineswegs in Abrede gestellt. Es hat aber zu Recht darauf verwiesen, dass es nicht Aufgabe des Ablehnungsverfahrens ist, die Verfahrensführung und die Rechtsauffassungen der abgelehnten Richter zu überprüfen (RIS Justiz RS0111290). Gerade darauf zielen aber die Ausführungen des Rekurswerbers ab, der sich überdies auch in den nunmehr zu erörternden Ablehnungsanträgen teilweise auf Vorwürfe stützt, die bereits im vorangegangenen Verfahren die Annahme einer Befangenheit der abgelehnten Richter nicht rechtfertigen konnten. Dem Erstgericht ist jedenfalls beizupflichten, dass keiner der in den beiden Ablehnungsanträgen vorgebrachten Gründe die Annahme rechtfertigt, die abgelehnten Richter hätten sich bei ihrer Vorgangsweise bzw bei ihren Entscheidungen von anderen als sachlichen Überlegungen leiten lassen. Derartiges ist dem Vorbringen des Ablehnungswerbers nicht zu entnehmen, der es im Übrigen ausdrücklich unterlässt, den abgelehnten Richtern vorsätzliches Handeln zu seinem Nachteil anzulasten. Auf die zu den vorgebrachten Vorwürfen aus dem Akt ersichtlichen näheren Umstände braucht daher gar nicht mehr eingegangen zu werden.

Die Behauptung der Gemeinschuldnerin, das Erstgericht habe über seinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht entschieden, ist falsch. Dieser Antrag wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom 22. 4. 2013 zurückgewiesen. Vor allem aber ist dieser Antrag überhaupt erst am 29. 3. 2013 und damit erst nach der Fällung der angefochtenen Entscheidung beim Erstgericht eingelangt. Von einem Mangel des Verfahrens kann daher keine Rede sein.

Für die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Obersten Gerichtshof besteht aus den schon dargelegten Gründen keine Veranlassung.

Dem unberechtigten Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Rückverweise