JudikaturOGH

14Os125/12g – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Juli 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Juli 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Müller als Schriftführerin in der Strafsache gegen Bogdan F***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Bogdan F***** gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 11. Juli 2012, GZ 601 Hv 5/11b 1194, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Ulrich und des Verteidigers Gilkarov, LL.M. zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlass der vom Obersten Gerichtshof bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückgewiesenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Bogdan F***** wird hinsichtlich des Verurteilten Dursun At***** das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, zur Gänze aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Dursun At***** wird von dem wider ihn erhobenen Vorwurf, er habe am 30. Juni 2005 in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Ferhat A***** Verfügungsberechtigte der B***** AG, *****, durch Täuschung über seine Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit unter Verwendung „falscher oder verfälschter bzw inhaltlich unrichtiger Urkunden oder anderer solcher Beweismittel“, nämlich einer „falschen oder inhaltlich unrichtigen“ Einkommens und Arbeitsbescheinigung der Pi***** KEG, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zur Gewährung eines Kredits von 45.000 Euro an ihn verleitet, wobei er das genannte Kreditinstitut in einem 3.000 Euro, nicht aber 50.000 Euro übersteigenden Betrag an dessen Vermögen schädigte,

gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das unter anderem auch einen Bogdan F***** betreffenden Schuldspruch umfasst, wurde soweit hier von Interesse Dursun At***** wegen des nun vom Freispruch umfassten Sachverhalts des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB (B) schuldig erkannt.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Bogdan F***** Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung erhoben; Dursun At***** ließ das Urteil unangefochten.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Bogdan F***** wurde vom Obersten Gerichtshof bereits mit dem in nichtöffentlicher Sitzung gefassten Beschluss vom 9. Juli 2013, GZ 14 Os 125/12g-4, zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur davon, dass dem Urteil nicht geltend gemachte Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO) in Ansehung des Dursun At***** betreffenden Schuldspruchs B anhaftet, die gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO eine Aufhebung des Urteils im diesen Verurteilten betreffenden Umfang gebietet.

Nach § 57 Abs 2 StGB erlischt die Strafbarkeit von Taten, die weder mit lebenslanger Freiheitsstrafe noch mit Freiheitsstrafe von 10 bis 20 Jahren oder lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind, durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beginnt, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört.

Im vorliegenden Fall beträgt die Verjährungsfrist für die Strafbarkeit des mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bedrohten Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB gemäß § 57 Abs 3 dritter Fall StGB fünf Jahre. Sie beginnt mit der Beendigung des strafbaren Verhaltens, wobei § 58 Abs 1 StGB für den Fall des späteren Erfolgseintritts eine Ablaufhemmung normiert ( Marek in WK 2 StGB § 58 Rz 5).

Nach den hier wesentlichen Urteilsfeststellungen erfolgte der Abschluss des dem Schuldspruch des Dursun At***** (B) zugrunde liegenden Kreditvertrags am 30. Juni 2005, die Kreditvaluta wurde dem Verurteilten teilweise sofort, der Rest „kurz danach“ ausbezahlt (US 4 und 43 f), womit der Betrug vollendet war ( Kirchbacher in WK² StGB § 146 Rz 130 iVm Rz 91; RIS Justiz RS0065663) und die Verfolgungsverjährung fünf Jahre danach eingetreten ist.

Konstatierungen zu die Frist verlängernden Umständen im Sinn des § 58 StGB wurden nicht getroffen, was die (vom Schöffengericht implizit vorgenommene) rechtliche Beurteilung, die Strafbarkeit des in Rede stehenden Betrugs sei nicht verjährt, unschlüssig macht (vgl dazu RIS Justiz RS0122332; Ratz , WK StPO § 281 Rz 602).

Solche Konstatierungen sind nach der Aktenlage auch in einem erneuerten Verfahren nicht zu erwarten.

Denn die vor In Kraft Treten des Strafprozessreformgesetzes BGBl I 2004/19 ohne gerichtlichen Auftrag erfolgte polizeiliche Vernehmung des Genannten als „Verdächtiger“ am 13. November 2007 (US 77 ff; ON 310 S 227 ff; ON 820 S 475 ff) vermochte die Verjährung vor Einbringung der Anklageschrift vom 29. März 2011 (US 2; ON 609) am 6. April 2011 (Datum des Einlangens) nicht zu hemmen, weil diese keine Vernehmung als Beschuldigter iSd §§ 164, 165 StPO idF BGBl I 2004/19 darstellt.

Deshalb war von einer Verweisung zu neuer Entscheidung aus prozessökonomischen Gründen abzusehen und Dursun At***** sofort gemäß § 259 Z 3 StPO freizusprechen (vgl RIS-Justiz RS0118545; Ratz , WK-StPO § 288 Rz 24; Marek in WK² StGB § 58 Rz 19).

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