JudikaturOGH

11Os91/13m – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. Juli 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Juli 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel und Dr. Michel Kwapinski als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Wagner Haase als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Malte H***** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB, AZ 83 Hv 42/13y des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 29. Mai 2013, AZ 32 Bs 9/13b (ON 25), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Malte H***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 27. April 2013, GZ 352 Hr 137/13a 13, wurde über Malte H***** aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a und Z 3 lit d StPO die Untersuchungshaft verhängt (ON 13).

Mit der angefochtenen Entscheidung gab das Oberlandesgericht Wien der dagegen gerichteten Beschwerde des Angeklagten (ON 18) nicht Folge und ordnete aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a und Z 3 lit d StPO die Fortsetzung der Haft an.

Dabei erachtete das Beschwerdegericht Malte H***** im Wesentlichen korrespondierend mit der zwischenzeitig eingebrachten Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wien vom 24. Mai 2013 (ON 22) dringend verdächtig, am 7. April 2013 in Wien an einer fremden Sache, nämlich am Wohnhaus in 1040 Wien, R*****, ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen versucht zu haben, indem er vor und im Wohnhaus Treibstoff verschüttete und diesen vor dem Wohnhaus in Brand setzte, wobei der Ausbruch der Feuersbrunst nur deshalb unterblieb, weil das Feuer von dem das Geschehen unmittelbar beobachtenden und dazwischen tretenden Jamal O***** mittels eines Feuerlöschers gelöscht werden konnte.

In rechtlicher Hinsicht subsumierte das Oberlandesgericht dieses als hafttragend erachtete Verhalten dem Verbrechen der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Grundrechtsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Nach ständiger Rechtsprechung kann im Verfahren über eine Grundrechtsbeschwerde die Sachverhaltsgrundlage des dringenden Tatverdachts in sinngemäßer Anwendung der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO angefochten werden (RIS Justiz RS0110146).

Entgegen dem Vorbringen fehlender Begründung (§ 10 GRBG iVm § 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO) legte das Beschwerdegericht sogar sehr eingehend dar, aufgrund welcher Beweismittel es zu den in objektiver und subjektiver Hinsicht getroffenen Verdachtsannahmen gelangte (BS 5 ff).

Indem die Beschwerde (§ 10 GRBG iVm § 281 Abs 1 Z 5a StPO) auf das dem Angeklagten keine relevanten Störungen attestierende psychiatrisch neurologische Gutachten verweist und die tatrichterliche Beweiswürdigung des Oberlandesgerichts zu den Haftgründen kritisiert, weckt sie damit beim Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der Annahmen der Beschwerdeentscheidung; ebenso wenig, wenn sie das Fehlen einer Eignung der Tathandlungen zur Herbeiführung einer Feuersbrunst behauptet, dabei auf zum Tatzeitpunkt herrschende Temperaturen von unter 10 Grad Celsius, auf in ON 8 enthaltene, vom Oberlandesgericht aber miteinbezogene Lichtbildbeilagen und auch die Tatsache verweist, dass Benzin selbst nicht brennbar ist.

Ob es aufgrund der Konfliktlage zu einer erneuten Tathandlung kommen könnte, ist für die Beurteilung des dringenden Tatverdachts nicht von Bedeutung und steht den Annahmen des Oberlandesgerichts nicht entgegen.

Soweit die Grundrechtsbeschwerde nicht aus den Akten argumentiert, entzieht sie sich einer meritorischen Erwiderung.

Die rechtliche Annahme einer der in § 173 Abs 2 StPO genannten Gefahren wird vom Obersten Gerichtshof dahin geprüft, ob sie aus den in der angefochtenen Entscheidung angeführten bestimmten Tatsachen abgeleitet werden durfte, ohne dass die darin liegende Ermessensentscheidung als unvertretbar und daher willkürlich angesehen werden müsste (RIS Justiz RS0117806).

Den einen formell einwandfreien Schluss auf das Vorliegen des Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr zulassenden Ausführungen des Oberlandesgerichts (BS 11 f) setzt der eine Konfliktlage bestreitende Angeklagte mit dem Einwand, dass die Haftgründe mit der Zeit abnehmen, keine substantiellen Argumente entgegen.

Auf Basis der Sachverhaltsannahmen des Oberlandesgerichts zur dringenden Verdachtslage steht die im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung erst etwas mehr als ein Monat andauernde Haft dem Vorbringen zuwider weder zur Bedeutung der Sache noch zu der zu erwartenden Strafe außer Verhältnis (§ 173 Abs 1 StPO).

Zu Unrecht wirft die Grundrechtsbeschwerde dem Oberlandesgericht auch eine aus dem besonderen Beschleunigungsgebot in Haftsachen resultierende Grundrechtsverletzung durch Entscheidungsfindung erst fünf Wochen nach Einbringen der Beschwerde gegen die Verhängung der Untersuchungshaft vor.

Zunächst wurde die Beschwerde nicht wie behauptet am 30. April 2013, sondern erst am 2. Mai 2013 eingebracht (ON 18). Nach einer vom Erstgericht am 3. Mai 2013 veranlassten Anfertigung von Kopien des zu diesem Zeitpunkt bei der Staatsanwaltschaft befindlichen Akts (ON 1 S 13) ordnete es am Tag von deren Einlangen (am Freitag den 10. Mai 2013) die Vorlage des Akts an das Oberlandesgericht an (ON 1 S 15), wo er nach dem VJ Register am 15. Mai 2013 registermäßig erfasst wurde. Da der Akt zunächst der Oberstaatsanwaltschaft zur allfälligen Stellungnahme übermittelt werden musste (§§ 24 und 89 Abs 1 StPO), liegt mit Blick auf die am 29. Mai 2013 ergangene Entscheidung durch das Oberlandesgericht eine Säumigkeit in der Erledigung der Haftsache nicht vor.

Der Angeklagte wurde daher im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb die Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.

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