JudikaturOGH

5Ob38/13v – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Juni 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. Ing. Mag. E***** H*****, geboren am *****, 2. F***** H*****, B.Sc., geboren am *****, beide vertreten durch Mag. Reinhard Wittmann, öffentlicher Notar in Wien, wegen Einverleibung eines Belastungs und Veräußerungsverbots ob EZ 3038 GB *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht vom 7. Jänner 2013, AZ 13 R 229/12t, mit dem infolge Rekurses der Antragsteller der Beschluss des Bezirksgerichts Neusiedl am See vom 9. November 2012, TZ 22934/2012, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wie folgt zu lauten hat:

„Aufgrund der Vereinbarung (Belastungs und Veräußerungsverbot) vom 9. 10. 2012 und der Geburtsurkunde des Standesamts W***** H***** vom *****, Nummer der Eintragung *****, werden ob der EZ 3038 GB ***** im C Blatt die Einverleibung des Belastungs und Veräußerungsverbots sowie dessen Ersichtlichmachung im Eigentumsblatt für F***** H*****, geb. *****, bewilligt.

Hievon werden verständigt:

1. Mag. Reinhard Wittmann, GZ 3513/Notar/UF, 1140 Wien, Hütteldorfer Straße 110;

2. Ing. Mag. E***** H*****, geboren am *****;

3. F***** H*****, B.Sc., geboren am *****.“

Vollzug und Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

Text

Begründung:

Die Antragsteller begehrten mit ihrem verfahrenseinleitenden Grundbuchgesuch (nur) gestützt auf deren Vereinbarung vom 9. 10. 2012 die Einverleibung und Ersichtlichmachung des im Spruch wiedergegebenen Belastungs und Veräußerungsverbots zugunsten des Zweitantragstellers ob der im Eigentum des Erstantragstellers stehenden Liegenschaft EZ 3038 GB *****.

Das Erstgericht wies das Gesuch mit der Begründung ab, dass ein Verwandtschaftsverhältnis der Antragsteller iSd § 364c ABGB nicht durch Standesurkunden nachgewiesen worden sei.

In ihrem Rekurs machten die Antragsteller geltend, dass die Vorlage einer entsprechenden Standesurkunde irrtümlich unterblieben sei (nicht angeklicktes „Häkchen“ im ERV Antrag), das Erstgericht aber ein Verbesserungsverfahren hätte einleiten müssen. Die Antragsteller reichten die im Spruch bezeichnete Geburtsurkunde iSd § 82a Abs 5 GBG in Form der Vorlage der Freigabebestätigung für das Urkundenarchiv des österreichischen Notariats „cyberDOC07“ nach. Dieser Freigabebestätigung war (zusätzlich) ein mit einem (blauen) Stempelaufdruck „KOPIE Mag. Reinhard Wittmann Öffentlicher Notar“ versehener Ausdruck der Geburtsurkunde angeheftet.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge. Es bejahte zwar die Möglichkeit des Vorliegens eines verbesserbaren Formgebrechens iSd § 82a Abs 2 GBG, hielt den Antragstellern allerdings entgegen, dass das Formgebrechen gemäß § 82a Abs 5 GBG durch die Vorlage einer tauglichen Urkunde mit dem Rekurs zu verbessern gewesen wäre. Da die Antragsteller aber nur die Kopie der Geburtsurkunde vorgelegt hätten, müsse der Rekurs erfolglos bleiben, ohne dass abschließend geprüft werden müsse, ob das Erstgericht den Antragstellern tatsächlich einen Verbesserungsauftrag hätte erteilen müssen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil die Bedeutung der vorliegenden Entscheidung nicht über den Einzelfall hinausgehe.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der nach Verbesserungsauftrag im Elektronischen Rechtsverkehr eingebrachte außerordentliche Revisions-rekurs der Antragsteller wegen Aktenwidrigkeit mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Bewilligung der Einverleibung des Belastungs und Veräußerungsverbots. Die Antragsteller machen im Wesentlichen geltend, sie hätten das Formgebrechen gemäß § 82a Abs 5 GBG durch die Freigabebestätigung für das Urkundenarchiv beinhaltend die Bekanntgabe des Zugriffscodes beseitigt. Die Annahme des Rekursgerichts, sie hätten lediglich eine unbeglaubigte Kopie der Geburtsurkunde vorgelegt, sei aktenwidrig.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

1. Weist ein Antrag ein Formgebrechen auf, das die ordnungsgemäße Behandlung zu hindern geeignet ist, so ist dem Antragsteller gemäß § 82a Abs 1 GBG der Auftrag zu erteilen, das Formgebrechen längstens binnen einer Woche zu beseitigen.

2.1. Als ein verbesserbares Formgebrechen ist es nach § 82a Abs 2 GBG insbesondere anzusehen, wenn dem Antrag eine für die Erledigung erforderliche Urkunde nicht oder, falls dies vorgeschrieben ist, nicht in Urschrift angeschlossen ist. Urkunden können nur nachgereicht werden, wenn sie bereits im Zeitpunkt des ersten Einlangens des Antrags in der Form errichtet waren, die für die begehrte Eintragung erforderlich ist.

2.2. Ein solches verbesserbares Formgebrechen iSd § 82a Abs 2 GBG lag hier nach der Aktenlage vor. Die Notwendigkeit der Bereitstellung einer Standesurkunde im Wege des Elektronischen Rechtsverkehrs zum Nachweis des Verwandtschaftsverhältnis der Antragsteller iSd § 364c ABGB war im vorliegenden Kontext evident, ist nach den unbedenklichen Angaben im Rekurs nur irrtümlich unterblieben und die Standesurkunde existierte selbstverständlich auch schon lange vor dem Einlangen des Grundbuchgesuchs in der erforderlichen Form.

3. Wird wie hier geschehen im Rekurs gegen die Abweisung eines Antrags geltend gemacht, dass dem Antragsteller ein Verbesserungsauftrag zu erteilen gewesen wäre, so ist nach § 82a Abs 5 GBG mit dem Rekurs auch das Formgebrechen zu beseitigen. Dieser Anforderung haben die Antragsteller durch die Freigabebestätigung beinhaltend die Bekanntgabe des Zugriffscodes zum im Urkundenarchiv gespeicherten Original der Geburtsurkunde entsprochen. Dieser Vorgang ersetzt die Vorlage des Originals (vgl § 10 Abs 2 ERV; Potyka in Kodek , Grundbuchsrecht 1.01 § 10 ERV Rz 3; Bayer , Grundbuch NEU 2 , 110). Die der Freigabebestätigung zusätzlich angeschlossene Kopie der Geburtsurkunde war überflüssig, aber auch unschädlich.

4. In Stattgebung des Revisionsrekurses waren nach erfolgter Beseitigung des vorgelegenen verbesserbaren Formgebrechens die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinn der Bewilligung des Grundbuchgesuchs abzuändern und insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Rückverweise