14Os68/13a – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Juni 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bitsakos als Schriftführer in der Strafsache gegen Aneury de Jesus B***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 11. Februar 2013, GZ 27 Hv 152/11x 113, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Im ersten Rechtsgang wurde Aneury de Jesus B***** mit Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 30. März 2012, GZ 27 Hv 152/11x 88, der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 1 SMG, § 12 zweiter Fall StGB (A/I), nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1, Abs 4 Z 1 und 3 SMG (A/II) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB (B) schuldig erkannt.
Nach diesem Schuldspruch hat er
A/ in Linz und anderen Orten als Mitglied einer kriminellen Vereinigung vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge
I/ als Bestimmungstäter aus und eingeführt, wobei er die Straftaten gewerbsmäßig beging und schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt wurde, indem er Ende November/Anfang Dezember 2008 der vom Amtsgericht München rechtskräftig verurteilten Maria C***** in der Dominikanischen Republik insgesamt 278 Gramm Kokain (mit einem Wirkstoffgehalt von 60 % und einer Mindestmenge an „Cocain Hydrochlorid“ von 162,3 Gramm) mit dem Auftrag „übergab“ (zukommen ließ; vgl US 8 f), das Suchtgift gegen einen Schmuggellohn von 4.500 Euro via Deutschland nach Österreich zu bringen, wobei Maria C***** bei ihrer Einreise in München festgenommen wurde;
II/ anderen überlassen, wobei er die Straftaten gewerbsmäßig beging und schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt wurde und die Straftaten in Bezug auf Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge beging, indem er von Anfang Jänner 2007 bis 13. November 2007 (ausgenommen den Zeitraum 22. Juli 2007 bis 27. Juli 2007, in dem er sich in der Schweiz in Haft befand) sowie ab 15. Jänner 2008 bis 21. September 2008 (über einen Zeitraum von etwa 68 Wochen) wöchentlich 300 Gramm Kokain zum Grammpreis zwischen 50 Euro und 60 Euro, insgesamt sohin zumindest 20,4 Kilogramm Kokain, vom abgesondert verfolgten Jacinto de Jesus F***** alias Ivan Alexis Ca***** („Nando“) und von der (abgesondert) rechtskräftig verurteilten Isaura Isabel H***** erwarb
und diese Suchtgiftmengen abzüglich einer Kokainmenge von 185,80 Gramm Kokain (vgl Urteil des Landesgerichts Steyr zu AZ 11 Hv 3/08h betreffend Überlassung von Kokain an Wolfgang T*****), sohin 20,2142 Kilogramm Kokain (mit einem Wirkstoffgehalt von 20 % und demnach 4.042,84 Gramm Reinsubstanz) gewinnbringend an unbekannte und nachgenannte Abnehmer verkaufte, und zwar
a/ von Anfang November 2007 bis 13. November 2007 und von 15. Jänner 2008 bis Ende Februar 2008 zwei Mal jeweils 30 Gramm Kokain, insgesamt sohin 60 Gramm Kokain, zum Grammpreis von 65 Euro an den (abgesondert) rechtskräftig verurteilten Antonio D*****;
b/ von Sommer 2006 bis 13. November 2007 (ausgenommen den Zeitraum 22. Juli 2007 bis 27. Juli 2007, in dem er sich in der Schweiz in Haft befand) sowie von 15. Jänner 2008 bis Sommer 2008 zwei „Lines“ Kokain unentgeltlich und bei monatlichen Übergaben insgesamt ca 25 Gramm Kokain zum Grammpreis von 70 Euro bis 90 Euro an die (abgesondert) rechtskräftig verurteilte Ysabel Reina R*****;
B/ am 19. Juli 2008 in Linz Kenia Altagracia G***** durch Versetzen eines Stoßes, wodurch sie gegen einen Tisch fiel, am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig in Form einer Schwellung und leichten Rötung im Bereich des linken Auges sowie eines Kratzers am Hals am Körper verletzt.
Mit Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs vom 16. Oktober 2012, AZ 14 Os 81/12m (ON 105 der Hv Akten), wurde das Urteil, das im Übrigen unberührt blieb, in teilweiser Stattgebung und aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten im Schuldspruch A/I sowie in der rechtlichen Unterstellung der dem Schuldspruch A/II zugrundeliegenden Taten (auch) unter § 28a Abs 4 Z 1 SMG und demgemäß im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht Linz zu neuer Verhandlung und Entscheidung verwiesen. Im Übrigen (demnach in Betreff des Schuldspruchs A/II wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 3 SMG sowie des Schuldspruchs B) wurde die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten zurückgewiesen und der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft nach Zurückweisung auch ihrer Nichtigkeitsbeschwerde gegen einen Freispruch des Angeklagten von weiteren Anklagefakten mit ihren Berufungen auf die Kassation des Strafausspruchs verwiesen.
Im nunmehr zweiten Rechtsgang wurde Aneury de Jesus B***** nach Einstellung des Verfahrens wegen der dem aufgehobenen Schuldspruch A/I zugrundeliegenden Tat und (rechtlich verfehlt; vgl zum „Qualifikationsfreispruch“ RIS Justiz RS0120128 und RS0115553) hinsichtlich der zu A/II aufgehobenen rechtlichen Unterstellung der diesem Schuldspruch zugrundeliegenden Taten auch unter die Qualifikation der Taten durch Begehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung nach § 28a Abs 4 Z 1 SMG gemäß § 227 Abs 1 StPO für das bereits im ersten Rechtsgang rechtskräftig abgeurteilte Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 3 SMG (A/II) und das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB (B) zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen „wegen mehrfacher Verstöße gegen Art 6 MRK“ erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Die Beschwerde richtet sich inhaltlich nämlich gegen den bereits im ersten Rechtsgang rechtskräftig gewordenen Schuldspruch A/II, indem sie neuerlich die diesem zugrundeliegenden entscheidenden Tatsachen und das Verfahren im ersten Rechtsgang in Frage zu stellen versucht.
Ein die allfällige Nichtigkeit der Sanktion (§ 281 Abs 1 Z 11 StPO) oder das Verfahren im zweiten Rechtsgang betreffendes Vorbringen enthält das Rechtsmittel nicht. Mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von Tatumständen, die einen das im zweiten Rechtsgang ergangene der Straffestsetzung für den bereits in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch dienende Urteil vom 11. Februar 2013 betreffenden Nichtigkeitsgrund begründen sollen, war die Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.