JudikaturOGH

14Os62/13v – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Juni 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Juni 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bitsakos als Schriftführer in der Strafsache gegen Michael H***** wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 und Abs 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 054 Hv 198/12z des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss dieses Gerichts vom 28. Jänner 2013 (ON 26 S 9) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Holzleithner, und der Verteidigerin Dr. Wolf zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache AZ 054 Hv 198/12z des Landesgerichts für Strafsachen Wien verletzt der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 28. Jänner 2013 (ON 26 S 9) in Betreff des Ausspruchs, wonach gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO vom Widerruf der (teil-)bedingten Nachsicht der mit Urteil desselben Gerichts vom 14. Jänner 2009, GZ 163 Hv 141/08p-16, verhängten Freiheitsstrafe abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde, § 53 Abs 1 und 3 StGB.

Der Beschluss wird in diesem Umfang ersatzlos aufgehoben.

Text

Gründe:

Michael H***** wurde mit am 19. Jänner 2009 in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 14. Jänner 2009, GZ 163 Hv 141/08p 16, zu einer siebenmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, von der gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Teil von sechs Monaten unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Der unbedingte Teil der Freiheitsstrafe wurde am 2. März 2009 vollzogen (ON 28).

Mit (rechtskräftigem) Urteil vom 14. Oktober 2009, GZ 162 Hv 70/09s-53, sprach das Landesgericht für Strafsachen Wien als Schöffengericht über Michael H***** unter Bedachtnahme auf das eben genannte Urteil eine viermonatige Zusatz (freiheits )strafe aus (ON 30 S 3 ff im Akt AZ 163 Hv 141/08p des Landesgerichts für Strafsachen Wien). Aus dem Vollzug dieser Freiheitsstrafe wurde der Genannte mit Beschluss desselben Gerichts als Vollzugsgericht vom 5. Jänner 2010, GZ 187 BE 324/09y-9, am 19. Jänner 2010 nach Verbüßung von zwei Monaten und 20 Tagen unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt entlassen.

Am 28. Jänner 2013 erkannte das Landesgericht für Strafsachen Wien Michael H***** zu AZ 054 Hv 198/12z des am 16. September 2012 begangenen Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 und Abs 2 StGB schuldig (ON 36). Mit gleichzeitig gefasstem Beschluss (ON 26 S 9) sah es (unter anderem) vom Widerruf der zu AZ 163 Hv 141/08p des Landesgerichts für Strafsachen Wien gewährten (teil-)bedingten Strafnachsicht ab und verlängerte hinsichtlich dieser Entscheidung die Probezeit auf fünf Jahre.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer gemäß § 23 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt, verletzt dieser Beschluss das Gesetz:

Die Entscheidung darüber, ob eine bedingte Strafnachsicht widerrufen oder (im Fall des Absehens vom Widerruf) die Probezeit verlängert wird (§ 53 Abs 3 erster Satz StGB), setzt gemäß § 53 Abs 1 erster Satz StGB eine während der Probezeit begangene strafbare Handlung voraus (vgl auch § 494a Abs 1 erster Satz StPO).

Die Probezeit ist als Frist des materiellen Strafrechts nach den Regeln des § 68 StGB zu berechnen. Sie beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung, mit der die bedingte Nachsicht ausgesprochen worden ist (§ 49 erster Satz StGB). Demgemäß entspricht der Ablauftag einer nach Jahren bestimmten Probezeit ziffernmäßig dem Tag, an dem das Urteil in Rechtskraft erwachsen ist. Zeiten, in denen der Verurteilte auf behördliche Anordnung angehalten worden ist, sind in die Probezeit nicht einzurechnen (§ 49 zweiter Satz StGB).

Demgemäß endete die Probezeit zum Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 14. Jänner 2009, GZ 163 Hv 141/08p 16, die mit Ablauf des 19. Jänner 2009 begann, unter Berücksichtigung der in diesem Verfahren und jenem zu AZ 162 Hv 70/09s desselben Gerichts in Strafhaft verbrachten Zeit von drei Monaten und 20 Tagen (vgl oben), mit Ablauf des 9. Mai 2012, womit die Entscheidung über die Verlängerung der Probezeit wegen der am 16. September 2012 begangenen Tat rechtsirrig war.

Da diese Gesetzesverletzung zum Nachteil des Verurteilten wirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, deren Feststellung mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).

Rückverweise