JudikaturOGH

14Os51/13a – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Juni 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Juni 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bitsakos als Schriftführer in der Auslieferungssache von Alenka K***** und einer weiteren betroffenen Person, AZ 8 HR 255/11f des Landesgerichts Klagenfurt, über den Antrag der Betroffenen Alenka K***** auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Aufgrund eines Auslieferungs- und Festnahmeersuchens des US Department of Justice vom 5. August 2011 wurde Alenka K***** am 27. Dezember 2011 festgenommen. Am folgenden Tag verhängte das Landesgericht Klagenfurt über sie die Auslieferungshaft (ON 13), die es mit Beschlüssen vom 11. Jänner 2012 (ON 33) und vom 22. Februar 2012 (ON 71) fortsetzte. Einer dagegen gerichteten Beschwerde gab das Oberlandesgericht Graz als Beschwerdegericht mit Beschluss vom 7. März 2012, AZ 9 Bs 79/12d (ON 76), dahin Folge, dass die Auslieferungshaft (nur) aus dem Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 1 StPO iVm § 29 ARHG fortzusetzen, jedoch gemäß § 180 Abs 1 StPO gegen Leistung einer Sicherheit von 250.000 Euro und gegen Ablegung der Gelöbnisse nach § 173 Abs 5 Z 1 und 2 StPO aufzuheben sei. Nach Erlag der Kaution wurde Alenka K***** am 14. März 2012 freigelassen, jedoch nach Rechtskraft des Beschlusses über die Zulässigkeit der Auslieferung (ON 33 und 90) sowie deren Bewilligung durch die Bundesministerin für Justiz (ON 92) zum Zweck der Durchführung der für den 30. März 2012 in Aussicht genommenen Auslieferung (§ 36 Abs 1 ARHG) am 26. März 2012 erneut festgenommen. Nachdem die Übergabe an die amerikanischen Justizbehörden (vorübergehend) nicht durchgeführt werden konnte, wurde sie am 29. März 2012 abermals freigelassen (ON 123).

Mit Beschluss vom 31. Juli 2012 hat das Landesgericht Klagenfurt die von Alenka K***** erlegte Kaution für verfallen erklärt, weil diese den geleisteten Gelöbnissen zuwider sich dauerhaft von ihrem österreichischen Aufenthaltsort entfernt habe und einer Ladung zur Verhandlung am 27. Juli 2012 nicht nachgekommen sei (ON 161 S 4 f). Das Oberlandesgericht Graz gab der Beschwerde der Alenka K***** mit Beschluss vom 27. September 2012, AZ 9 Bs 302/12y (ON 175) keine Folge. Dagegen richtet sich deren Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens (§ 363a Abs 1 StPO), der eine Verletzung des in Art 1 1. ZPMRK garantierten Schutzes des Eigentums geltend macht.

Rechtliche Beurteilung

Bei einem nicht auf ein Urteil des EGMR gestützten Erneuerungsantrags handelt es sich um einen subsidiären Rechtsbehelf. Demgemäß gelten alle für Individualbeschwerden an den EGMR normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen (Art 34 f MRK) auch für derartige Anträge (RIS-Justiz RS0122737), insbesondere (hier von Bedeutung) die Erschöpfung des Instanzenzugs. Diese erfordert einerseits die vorherige Ergreifung aller von der Rechtsordnung vorgesehenen (effektiven) Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe (vertikale Erschöpfung) und (in diesen) die Geltendmachung der Konventionsverletzung zumindest der Sache nach und in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften (horizontale Erschöpfung). Die Antragstellerin hat demgegenüber in ihrer Beschwerde (ON 171) gegen den erstinstanzlichen Beschluss im Wesentlichen bloß das Vorliegen der Voraussetzungen des § 180 Abs 4 StPO in tatsächlicher Hinsicht bestritten und das Unterbleiben einer Freigabe der Kaution aus Anlass ihrer neuerlichen Festnahme zum Zweck der Durchführung der Auslieferung kritisiert. Sie hat damit eine Verletzung des Art 1 1. ZPMRK (oder einer anderen Bestimmung mit ähnlichem Regelungsgehalt [vgl Art 5 StGG]) weder nominell noch der Sache nach geltend gemacht (vgl 13 Os 16/09s, EvBl 2009/77, 512).

Der Erneuerungsantrag war daher mangels horizontaler Rechtswegerschöpfung im Sinn des Art 35 Abs 1 MRK unzulässig und ohne inhaltliche Erörterung zurückzuweisen.

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