JudikaturOGH

11Os50/13g – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Mai 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Mai 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kurzthaler als Schriftführer, in der Strafsache gegen Vadim F***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 dritter und vierter Fall, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 15. Jänner 2013, GZ 4 Hv 133/12m 48, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde sowie aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch 4./ sowie in der rechtlichen Unterstellung der Taten auch unter § 130 dritter und vierter Fall StGB, demzufolge in der zu den Schuldspruchfakten gebildeten Subsumtionseinheit und im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache hiezu an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Aufhebung des Strafausspruchs verwiesen.

Vadim F***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Freispruch des Angeklagten wegen gleichartiger Vorwürfe enthält, wurde Vadim F***** des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 dritter und vierter Fall und 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er (soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung zusammengefasst und durch Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe ergänzt) zwischen 12. und 18. Juli 2012 in Graz in insgesamt neun Angriffen im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit unbekannt gebliebenen Mittätern (mit Ausnahme des Einbruchs in den PKW US 5) den im Urteilsspruch bezeichneten Geschädigten die dort genannten Wertgegenstände in einem 3.000 Euro übersteigenden Gesamtwert überwiegend durch Einbruch in Gebäude bzw einmal in einen Pkw mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen bzw wegzunehmen versucht, wobei er sich „mit diesen Diebstählen“ eine „wiederkehrende Einnahmequelle“ verschaffen wollte (US 5), unter anderem

4./ am 16. Juli 2012 der P***** AG durch Überklettern der Umzäunung des Firmenareals, Einschlagen eines Fensters des Aufenthaltsraums, Öffnen der Fensterverriegelung, Einsteigen sowie Aufbrechen einer Brandschutztür, Bargeld und Wertgegenstände wegzunehmen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist in Übereinstimmung mit der Generalprokuratur teilweise im Recht.

Wie die gegen das Urteilsfaktum 4./ gerichtete Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zutreffend aufzeigt, enthält das angefochtene Urteil keine zur Annahme der Täterschaft des Angeklagten ausreichende Begründung. Der Hinweis in US 7, wonach eine Videoaufnahme zwei Täter zeige, wobei eine Person eine Trainingshose trage, die deutliche Ähnlichkeit mit jener aufweise, die beim Angeklagten sichergestellt worden sei, genügt den Erfordernissen der vollen Bestimmtheit des § 270 Abs 2 Z 5 StPO nicht. Welche markante Besonderheit (vgl US 9) die angeführte Trainingshose aufweist, welche für sich allein nach allgemeiner Lebenserfahrung einen für die Verurteilung hinreichend sicheren Schluss auf die Täterschaft des Angeklagten zulässt, ist den Entscheidungsgründen nämlich nicht zu entnehmen.

Der aufgezeigte Begründungsmangel erfordert schon bei nichtöffentlicher Beratung die Aufhebung des davon betroffenen Schuldspruchfaktums 4./ (§ 285e StPO).

Die weitere Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht jedoch fehl.

Mit ihre Bezugnahme auf die (das Urteilsfaktum 5./ betreffende) DNA Spur des Ivan G***** (ON 40 S 5) zeigt die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zufolge der dazu angestellten Erwägungen der Tatrichter, wonach es sich bei G***** um einen Mittäter des Angeklagten handelt (US 8 und 9), kein unberücksichtigt gebliebenes Verfahrensergebnis auf.

Entgegen dem weiteren Vorwurf hat sich der Schöffensenat auch mit den an mehreren Tatorten sichergestellten, dem Angeklagten nicht zurechenbaren Fuß- bzw Schuhspuren auseinandergesetzt und deren Vorhandensein im Einklang mit den Denkgesetzen durch das Handeln einer „Tätergruppierung“, also dem Zusammenwirken mehrerer Personen erklärt (vgl US 5 und 7).

Die auch unter dem Aspekt der Unvollständigkeit aufgestellte Behauptung des Beschwerdeführers, wonach die Rufdatenrückerfassung keine Übereinstimmung mit den Tatorten erbracht hätte, entfernt sich von der Aktenlage. In zwei Fällen konnte nämlich sehr wohl eine örtliche Nähe zum Tatgeschehen nachgewiesen werden. Im Übrigen konnte dagegen mangels Verfügbarkeit von Standortdaten gar keine Aussage getroffen werden (ON 46 S 25), weshalb dieses Verfahrensergebnis auch keiner weiteren Erörterung (vgl US 7) bedurfte.

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) einen den Angeklagten betreffenden Zueignungsvorsatz vermisst, vernachlässigt sie die gerade dazu getroffenen Feststellungen (US 5). Indem sie auf die bloße Verwendung der verba legalia verweist, einen Sachverhaltsbezug aber vermisst, übergeht sie den bei vernetzter Betrachtung auf US 4 f und US 8 bis 10 hergestellten Bezug zum Urteilsspruch, woraus sich (ungeachtet zum Teil falscher Faktenbezeichnung) gerade noch hinreichend deutlich ergibt, auf welche Weise und durch Zueignung welcher Sachen sich der Angeklagte unrechtmäßig bereichern wollte. Sie entzieht sich damit insoweit einer meritorischen Erledigung.

In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde auch unter Berücksichtigung der Einwände gegen die Stellungnahme der Generalprokuratur bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof (im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur) auch vom Vorliegen nicht geltend gemachter materiell rechtlicher Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO), die zugunsten des Angeklagten von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO). Die Feststellung allein, „der Betroffene“ habe sich mit diesen Diebstählen eine wiederkehrende Einnahmequelle verschaffen wollen (US 5), trägt die vom Erstgericht angenommene Absicht des Vadim F*****, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Diebstählen und solchen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nicht. Gewerbsmäßigkeit (§ 70 StGB) verlangt die Absicht des Täters, sich durch die wiederkehrende Begehung der strafbaren Handlung für einen längeren Zeitraum (von zumindest einigen Wochen) eine wirksame Einkommensquelle zu erschließen ( Jerabek in WK² StGB § 70 Rz 7). Zur zeitlichen Dimension der diesbezüglichen Intention des Angeklagten trifft das Erstgericht aber keine Festellungen.

Demnach war die rechtliche Unterstellung der Taten auch unter § 130 dritter und vierter Fall StGB und die zu den Schuldspruchfakten gebildete Subsumtionseinheit schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort aufzuheben (§§ 285e, 290 Abs 1 zweiter Satz StPO).

Die Kassation des Strafausspruchs war Folge der Aufhebung des Schuldspruchs im angeführten Umfang.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Der Kostenausspruch, der sich nicht auf die amtswegige Maßnahme bezieht ( Lendl , WK StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Anzumerken bleibt, dass im Urteil nur die allgemeine Kostenersatzpflicht auszusprechen ist. Ob die Pauschalkosten einbringlich oder uneinbringlich sind, ist in einem gesonderten Beschluss nach Rechtskraft des Urteils vorzubehalten. Demgegenüber wäre die bis zum Urteil erster Instanz erlittene Vorhaft im Urteil anzurechnen gewesen (vgl Fabrizy , StPO 11 § 400 Rz 1).

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