12Os7/13s – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Mai 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Müller als Schriftführerin in der Strafsache gegen Zvezdan S***** und eine andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 2, 130 zweiter und dritter Fall, 15 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Zvezdan S***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 14. Mai 2012, GZ 12 Hv 8/12f 282, sowie über die Beschwerden des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss auf Verlängerung einer Probezeit nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Knibbe, des Angeklagten Zvezdan S***** und des Verteidigers Mag. Lienhart
I. zu Recht erkannt:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in Ansehung des Angeklagten Zvezdan S***** in den Schuldsprüchen C./1./ sowie C./2./ im Hinblick auf einen verfälschten belgischen Reisepass Nr ***** und einen gefälschten italienischen Personalausweis mit der Nr *****, demzufolge auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung und des Beschlusses auf Verlängerung der Probezeit) aufgehoben und in diesem Umfang in der Sache selbst erkannt:
Zvezdan S***** wird vom Vorwurf, er habe ab dem Frühjahr 2011 bis zum 15. Juni 2011 in W***** und an anderen Orten den abgesondert verfolgten Pero O***** dazu bestimmt, falsche oder verfälschte Urkunden mit dem Vorsatz herzustellen, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden und zwar durch Aufforderung einen durch Auswechslung des Lichtbilds verfälschten nationalen (FSNr *****) sowie einen internationalen serbischen (FSNr *****) Führerschein (C./1./), einen durch Austausch des Datenblattes verfälschten belgischen Reisepass (RPNr *****) und einen italienischen Personalausweis (Nr *****) (C./2./) jeweils lautend auf Zdravko J*****, geboren am *****, nach W***** zu liefern oder seiner Gattin Maja in B***** zu übergeben, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Zvezdan S***** wird für die ihm weiterhin zur Last liegenden Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 2, 130 zweiter und dritter Fall, 15 Abs 1 StGB (A./I./ und II./) und der Hehlerei nach § 164 Abs 1 und Abs 4 zweiter Fall StGB (B./) sowie für das Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 12 zweiter Fall, 223 Abs 1, 224 StGB (C./2./) und des Betrugs nach § 146 StGB (D./), gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Amtsgerichts Salzgitter (Deutschland) vom 28. November 2011, AZ 10 Ds 302 Js 28511/11, sowie unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB zu einer
Zusatzfreiheitsstrafe von fünf Jahren
verurteilt.
Der Angeklagte Zvezdan S***** und die Staatsanwaltschaft werden mit ihren Berufungen auf die Strafneubemessung verwiesen.
Die Anrechnung der Vorhaft wird dem Erstgericht überlassen.
Dem Angeklagten Zvezdan S***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Die Entscheidung über ein amtswegig in Aussicht genommenes Vorgehen hinsichtlich der Verurteilten Snezana M***** wird einer weiteren Entscheidung vorbehalten;
II. den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Vom Widerruf der dem Angeklagten Zvezdan S***** zu AZ 093 Hv 33/08s des Landesgerichts für Strafsachen Wien gewährten bedingten Nachsicht eines Teils der Freiheitsstrafe wird abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert.
Mit ihren Beschwerden werden der Angeklagte Zvezdan S***** und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch eine rechtskräftige Verurteilung der Snezana M***** und einen Freispruch enthaltenden Urteil wurde Zvezdan S***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 2, 130 zweiter und dritter Fall, 15 Abs 1 StGB (A./I./ und II./), des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 und Abs 4 zweiter Fall StGB (B./), des Vergehens der Urkundenfälschung nach §§ 12 zweiter Fall, 223 Abs 1 StGB (C./1./), der Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 12 zweiter Fall, 223 Abs 1, 224 StGB (C./2./) und des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB (D./) schuldig erkannt.
Danach haben verkürzt wiedergegeben
A./ Zvezdan S***** und Snezana M***** nachgenannten Personen fremde bewegliche Sachen, Zvezdan S***** in einem 50.000 Euro übersteigenden Gesamtwert und Snezana M***** in einem 3.000 Euro übersteigenden Gesamtwert, mit dem Vorsatz weggenommen oder wegzunehmen versucht, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie die Taten in der Absicht begingen, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Diebstähle eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar
I./ Zvezdan S***** als Mitglied einer kriminellen Vereinigung im bewussten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbarer Täter mit den abgesondert verfolgten Goran P*****, Mario L***** und einer nicht näher bekannten „Sneza“
1./ am 26. oder 27. November 2010 in M***** der Ulrike Po***** 260 Goldringe im Gesamtwert von circa 56.000 Euro, wobei er und „Sneza“ als kaufinteressiertes Pärchen auftraten, und Ulrike Po***** ablenkten, sodass Mario L***** die Beute an sich nehmen konnte, während Goran P***** in unmittelbarer Tatortnähe im Auto wartete;
2./ am 21. Dezember 2010 in B***** Margaretha St***** Schmuck im Wert von 134.950 Euro, wobei er und „Sneza“ als kaufinteressiertes Pärchen Margaretha St***** ablenkten und dadurch Goran P***** und Mario L***** die arbeitsteilige Wegnahme der Beute ermöglichten;
II./ Zvezdan S***** und Snezana M*****
a./ als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung am 17. Mai 2011 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbare Täter mit den abgesondert verfolgten Goran P*****, Jasmina H***** und Mario L*****, wobei Zvezdan S***** und Jasmina H***** jeweils als kaufinteressiertes Pärchen auftraten und Snezana M*****, Mario L***** und Goran P***** arbeitsteilig teils Aufpasserdienste leisteten und sich teils für den Eintritt ins Geschäft zwecks unbemerkten Zugriffs auf die Beute bereithielten, wobei die Tatvollendung jeweils unterblieb;
1./ in B***** Berechtigten des Juweliergeschäfts W***** Schmuck in unbekanntem Wert;
2./ in S***** Berechtigten des Juweliergeschäfts T***** Schmuck in unbekanntem Wert;
b./ in W***** teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken, teils allein im Frühjahr 2011 bis 14. Juni 2011 zum Nachteil von nicht näher bekannten Berechtigten von Bekleidungsgeschäften, Parfümerien und Schuhgeschäften in mehreren Angriffen Markenbekleidungsartikel, Markenbrillen, Markenschuhe und hochpreisige Parfüms, wobei Zvezdan S***** Waren in einem 3.000 Euro übersteigenden Wert erbeutete;
B./ Zvezdan S***** und Snezana M***** zwischen dem 5. Mai 2011 und dem 15. Juni 2011 in W***** und an anderen Orten in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger Straftaten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, die Täter einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen, nämlich bislang unbekannt gebliebene Personen, die in der Nacht zum 5. Mai 2011 in Deutschland, *****, zum Nachteil von Berechtigten des Juweliergeschäfts B***** Schmuckstücke, darunter die im Zuge der Hausdurchsuchungen bei Zvezdan S***** (ein Ring) und Snezana M***** (sieben Ringe) sichergestellten acht Mustertrauringe, erbeuteten, in Kenntnis dieser Umstände nach der Tat beim Verheimlichen der acht Ringe in einem 3.000 Euro nicht übersteigenden Wert unterstützt, indem sie diese in ihren Wohnungen in W***** aufbewahrten;
C./ Zvezdan S***** ab Frühjahr 2011 bis zum 15. Juni 2011 in W***** und an anderen Orten Pero O***** dazu bestimmt falsche und verfälschte ausländische öffentliche Urkunden, die teilweise durch Gesetz inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt sind, mit dem Vorsatz herzustellen, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden und zwar durch die Aufforderung, ihm folgende Urkunden jeweils lautend auf Zdravko J*****, geboren am *****, nach W***** zu liefern oder seiner Gattin Maja in B***** zu übergeben, und zwar
1./ einen durch Auswechslung des Lichtbilds verfälschten nationalen (FSNr *****) sowie einen internationalen (FSNr *****) serbischen Führerschein;
2./ einen durch Austausch des Datenblattes und Totalfälschung von Grenzkontrollstempel verfälschten serbischen Reisepass mit der Nummer *****;
einen durch Austausch des Datenblattes verfälschten belgischen Reisepass mit der Nummer *****;
eine Totalfälschung eines italienischen Personalausweises mit der Nummer *****;
D./ Zvezdan S***** in B***** vom 16. Mai 2011 bis zum 17. Mai 2011 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Gertraud und Helmut M***** durch die falsche Vorgabe ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Hotelgast zu sein, unter Verwendung des Aliasnamen Zoran Mi*****, somit durch Täuschung über Tatsachen, zur Bereitstellung eines Nächtigungsquartiers für fünf Personen um einen Gesamtpreis von 120 Euro und zur Übergabe des Zimmerschlüssels in nicht näher bekanntem Wert, also zu einer Handlung verleitet, welche Gertraud und Helmut M*****, am Vermögen schädigte.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Zvezdan S*****, der keine Berechtigung zukommt.
Mit dem Einwand der Unvollständigkeit in Ansehung der Urteilsannahme einer vom Angeklagten ausgeübten führenden Rolle innerhalb der kriminellen Vereinigung spricht der Nichtigkeitswerber keine entscheidenden Tatsachen an (RIS Justiz RS0117264), stellt doch die Qualifikation des § 130 zweiter Fall StGB nur darauf ab, dass der Diebstahl als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung begangen wurde.
Die Rüge unterbliebener konkreter Feststellungen zum Wert der zum Urteilsfaktum A./II./b./ angeführten Diebesbeute (der Sache nach Z 10) übergeht die entsprechenden Konstatierungen im Urteil (US 15). Im Übrigen spricht der Rechtsmittelwerber mit seiner Kritik einer unvollständigen und widersprüchlichen Auseinandersetzung der Tatrichter betreffend den Wert der zu A./II./b./ inkriminierten Diebesbeute in Anbetracht der von ihm übergangenen Urteilsannahmen zu A./I./1./ und 2./, wonach zusätzlich Beute im Wert von mehr als 190.000 Euro erzielt wurde (US 15) im Hinblick auf die verwirklichte Qualifikation nach § 128 Abs 2 StGB keine entscheidenden Tatsachen an.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit zu verwerfen.
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde war jedoch eine nicht geltend gemachte unrichtige Anwendung des Gesetzes (§ 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO) zum Nachteil des Angeklagten von Amts wegen aufzugreifen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).
§ 271 Abs 1 Z 5 StPO ermöglicht es dem Obersten Gerichtshof, sich über den Inhalt eines in der Hauptverhandlung verlesenen Schriftstücks ein Bild zu machen. Solcherart ist er in der Lage, sich vom Fehlen einzelner Spezialitätserfordernisse zu überzeugen ( Ratz , WK StPO § 290 Rz 17) und einen Feststellungsmangel im Sinne des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO amtswegig aufzugreifen ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 600). Wenn wie hier (ON 281 S 40) die für die Feststellungen über prozessuale Tatsachen notwendigen Beweismittel in der Hauptverhandlung vorgekommen sind, kann der Oberste Gerichtshof aus den Akten eigenständige Feststellungen treffen und aufgrund dieser in der Sache selbst entscheiden ( Ratz , WK StPO § 288 Rz 40 ff). Dies trifft hier zu.
Grundlage für die Übergabe des Angeklagten Zvezdan S***** war die „Auslieferungsbewilligung“ der Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig vom 30. September 2011, AZ 204 Ausl A 45/11 (ON 169 S 5). Die Übergabe wurde zum Zweck der Strafverfolgung wegen der im Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft Leoben vom 6. Juli 2011 (ON 87) bezeichneten Straftaten bewilligt, wobei auf die Beachtung des Grundsatzes der Spezialität nicht verzichtet wurde.
Die Schuldsprüche C./1./ sowie C./2./ (insoweit im Hinblick auf zwei der dort inkriminierten Dokumente, nämlich einen verfälschten belgischen Reisepass Nummer ***** und einen gefälschten italienischen Personalausweis Nummer *****) betreffen im Europäischen Haftbefehl nicht verfolgte Sachverhalte. Dies widerspricht dem Grundsatz der Spezialität der Übergabe, weil der Angeklagte Zvezdan S***** nur im Hinblick auf das im Schuldspruch D./ erfasste Geschehen auf die Beachtung des Grundsatzes der Spezialität nach § 31 Abs 3 EU JZG verzichtet und seine Zustimmung zur Verfolgung bestimmter, vor der Übergabe begangener, strafbarer Handlungen nach § 31 Abs 2 Z 5 EU JZG erklärt hatte (ON 241). Die Schuldsprüche C./1./ und C./2./ (hier lediglich im Hinblick auf einen verfälschten belgischen Reisepass Nummer ***** und einen gefälschten italienischen Personalausweis Nummer *****) sind somit mit einem prozessualen Verfolgungshindernis im Sinne des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO behaftet.
Für ein bereits anhängiges Nachtragsübergabeverfahren finden sich keine aktenkundigen Hinweise, weshalb das angefochtene Urteil in den betroffenen Schuldsprüchen aufzuheben und in der Sache selbst mit einem Freispruch vorzugehen war (RIS-Justiz RS0098426).
Bei der durch die Aufhebung des Strafausspruchs erforderlichen Neubemessung war die Strafe bei Zvezdan S***** für die ihm weiterhin zur Last liegenden Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 2, 130 zweiter und dritter Fall, 15 Abs 1 StGB (A./I./ und II./) und der Hehlerei nach § 164 Abs 1 und Abs 4 zweiter Fall StGB (B./) sowie für das Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 12 zweiter Fall, 223 Abs 1, 224 StGB (C./2./ in Bezug auf einen verfälschten serbischen Reisepass) und des Betrugs nach § 146 StGB (D./), gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Amtsgerichts Salzgitter (Deutschland) vom 28. November 2011, AZ 10 Ds 302 Js 28511/11 (mit dem über den Angeklagten wegen eines [Trick-]Diebstahls eine neunmonatige, bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe verhängt worden war; ON 247), sowie unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB zu bestimmen. Dabei waren die neun einschlägigen Vorstrafen (ON 238 und 279), die mehrfache Deliktsqualifikation beim Diebstahl, eine die Wertgrenze des § 128 Abs 2 StGB nahezu um das Vierfache übersteigende Schadenshöhe (RIS-Justiz RS0091126), das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit zwei Vergehen und die Tatwiederholung als erschwerend, das reumütige Geständnis, der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, die teilweise Schadensgutmachung und die unverhältnismäßig lange Verfahrensdauer (weil die Ausfertigung des angefochtenen Urteils in der nicht mit besonderen Schwierigkeiten verbundenen Haftsache über sechs Monate in Anspruch nahm) hingegen als mildernd zu werten.
Dagegen war nicht zusätzlich als erschwerend zu werten, dass die strafbare Handlung durch einen längeren Tatzeitraum (§ 33 Abs 1 Z 1 dritter Fall StGB) hindurch fortgesetzt wurde. Denn die hier angenommene Qualifikation der Tatbegehung im Rahmen einer kriminellen Vereinigung (§ 130 zweiter Fall StGB) setzt nach § 278 Abs 2 StGB unter anderem einen auf längere Zeit angelegten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen voraus, sodass die erschwerende Gewichtung einer längeren Deliktszeit fallbezogen eine unzulässige doppelte Verwertung derselben belastenden Tatsache bedeuten würde.
An Stelle der an sich dem Unrecht der Taten und der Schuld des Zvezdan S***** entsprechenden Zusatzstrafe von fünf Jahren und drei Monaten war aufgrund der nicht vom Angeklagten oder seinem Verteidiger zu vertretenden unangemessen langen Verfahrensdauer (§ 34 Abs 2 StGB) als Ausgleich für die Konventionswidrigkeit (Art 6 Abs 1 MRK) eine um drei Monate geringer bemessene Freiheitsstrafe von fünf Jahren festzusetzen (vgl RIS Justiz RS0114926).
Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die Strafneubemessung zu verweisen.
Die Vorhaftanrechnung war dem Erstgericht zu überlassen.
Die Probezeit zu der Zvezdan S***** gewährten bedingten Nachsicht eines Teils der Freiheitsstrafe im Verfahren AZ 093 Hv 33/08s des Landesgerichts für Strafsachen Wien lief am 12. Juni 2011 ab (vgl ON 279). Ein Großteil der nunmehr inkriminierten Straftaten wurde innerhalb dieser Probezeit begangen, sodass gemäß § 56 StGB eine Entscheidung über einen Widerruf noch möglich war, weil das gegenständliche Verfahren gegen den Angeklagten Zvezdan S***** seit 27. April 2011 (§ 1 Abs 2 StPO; vgl S 21 in ON 1) anhängig wurde. Allerdings war zusätzlich zu der nunmehr verhängten Freiheitsstrafe, die für den Angeklagten erstmals ein längeres, mehrjähriges Haftübel mit sich bringt, ein Widerruf der im Verfahren AZ 093 Hv 33/08s des Landesgerichts für Strafsachen Wien ausgesprochenen Freiheitsstrafe nicht geboten, um diesen von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, zumal die hier maßgeblich ins Gewicht fallenden einschlägigen Vorstrafen wegen Vermögensdelikten länger zurückliegen. Allerdings war es aus spezialpräventiven Gründen erforderlich, die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern.
Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte waren mit ihren Beschwerden auf diese Entscheidung zu verweisen.
Der Kostenausspruch, der sich nicht auf die amtswegige Maßnahme bezieht ( Lendl , WK StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Die Entscheidung über ein weiteres amtswegig in Aussicht genommenes Vorgehen (§ 290 Abs 1 StPO) hinsichtlich der Verurteilten Snezana M***** betreffend eine Urteilsnichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO wird einer weiteren Entscheidung vorbehalten.