13Ns12/13p – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 30. April 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in der Strafvollzugssache des Karl W***** wegen Übernahme der Strafvollstreckung über den Zuständigkeitsstreit betreffend die Durchführung des zu AZ 5 Ns 1/13d des Landesgerichts für Strafsachen Graz anhängigen Verfahrens nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 60 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo. 2005 den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Das Verfahren ist vom Landesgericht für Strafsachen Graz zu führen.
Text
Gründe:
Dem Verfahren AZ 5 Ns 1/13d des Landesgerichts für Strafsachen Graz liegt ein Antrag (ON 2 S 36, 211) des in Kanada in der Justizanstalt Collins Bay inhaftierten österreichischen Staatsangehörigen Karl W***** zugrunde, die über ihn von kanadischen Gerichten verhängten Freiheitsstrafen (ON 2 S 67 ff, 261 ff) in Österreich zu vollstrecken (§§ 64 ff ARHG).
Mit Verfügung vom 7. Februar 2013 überwies das Landesgericht für Strafsachen Graz den Antrag gemäß § 38 erster Satz StPO mit der Begründung, dass der Antragsteller seit Jahrzehnten in Österreich über keinen Wohnsitz oder Aufenthalt verfüge, unter Hinweis auf § 67 Abs 1 ARHG dem Landesgericht für Strafsachen Wien. Dieses überwies den Antrag mit Verfügung vom 25. Februar 2013 wieder dem Landesgericht für Strafsachen Graz mit der Argumentation zurück, dass jenes Gericht zuständig ist, in dessen Sprengel die betroffene Person ihren Wohnsitz oder Aufenthalt hat oder zuletzt hatte, womit sich zufolge des letzten Wohnsitzes des Karl W***** an einer Wohnadresse in S***** die Zuständigkeit des Landesgerichts für Strafsachen Graz ergebe.
Mit der Begründung, der Antragsteller habe sich seit Ende der „1980er Jahre“ im Ausland befunden, „weswegen ausgeschlossen ist, dass er im Zeitraum 10. Mai 1991 bis 20. April 2004 (AS 3/ON 2) in S***** seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte“, legte das Landesgericht für Strafsachen Graz die Akten dem Obersten Gerichtshof vor.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur erwogen:
Gemäß § 67 Abs 1 ARHG ist für Ersuchen um Vollstreckung der Strafe das Landesgericht zuständig, in dessen Sprengel die betroffene Person ihren Wohnsitz oder Aufenthalt hat oder zuletzt hatte. Ergibt sich nach dieser Bestimmung keine Zuständigkeit eines bestimmten Landesgerichts, so ist das Landesgericht für Strafsachen Wien subsidiär zuständig. Das Landesgericht für Strafsachen Wien soll demnach nur dann ausnahmsweise zuständig sein, wenn keine Anhaltspunkte für eine Zuständigkeit nach dem ersten Satz des § 67 Abs 1 ARHG bestehen, wobei selbst der Ort der Geburt (im Fall des Karl W*****: L*****) als Anknüpfungspunkt für die örtliche Zuständigkeit in Betracht kommen kann (vgl Martetschläger in WK 2 ARHG § 67 Rz 1).
Laut aktenkundigem Ausdruck aus dem zentralen Melderegister war Karl W***** von 10. Mai 1991 bis 20. April 2004 an einer Wohnadresse in S***** mit Hauptwohnsitz gemeldet (ON 2 S 3) und wurde nach der Aktenlage entgegen den Ausführungen des Landesgerichts für Strafsachen Graz im April 1994 von den USA nach Österreich ausgewiesen (ON 2 S 53, 171, 224, 245). Mangels aktenkundiger Anhaltspunkte für die gegenteilige Annahme (wie etwa in dem 14 Nds 73/02 zugrunde liegenden Fall; vgl dazu auch Nordmeyer , WK StPO § 25 Rz 4) ergeben sich damit ausreichende Indizien, dass sich Karl W***** anlässlich seines letzten Aufenthalts in Österreich an der Adresse des gemeldeten Hauptwohnsitzes aufgehalten hat, woraus die Zuständigkeit des Landesgerichts für Strafsachen Graz folgt.