7Ob55/13h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. P***** B*****, vertreten durch Engin Deniz Reimitz Hafner Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. J***** L*****, vertreten durch Mag. Patrycja Gamsjäger, Rechtsanwältin in Wien, und die Nebenintervenientin A***** Versicherungs AG, *****, vertreten durch Dr. Thomas Lederer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 103.238,69 EUR sA, über die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei, der beklagten Partei und der Nebenintervenientin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. November 2012, GZ 3 R 84/11m 74, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 27. April 2011, GZ 22 Cg 52/02v 64, teilweise abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Vertreterin des Beklagten gab dessen außerordentliche Revision am 24. 12. 2012 (rechtzeitig) zur Post. Sie unterließ in der nicht im Elektronischen Rechtsverkehr übermittelten Eingabe die Bescheinigung, dass die konkreten technischen Möglichkeiten im Einzelfall ausnahmsweise nicht vorliegen (§ 1 Abs 1c ERV 2006 idF BGBl II 2012/141). Für den deshalb mit einem Formmangel behafteten Rechtsmittelschriftsatz ist vom Erstgericht ein fristgebundenes Verbesserungsverfahren durchzuführen.
Gemäß § 89c Abs 5 Z 1 GOG idF BGBl I 2012/26 sind Rechtsanwälte nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten zur Teilnahme am Elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung ist wie ein Formmangel zu behandeln, der zu verbessern ist (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26). Für Eingaben eines Rechtsanwalts ab dem maßgeblichen Stichtag 1. 5. 2012 (§ 98 Abs 15 Z 1 GOG), die auf dem Postweg und nicht im Elektronischen Rechtsverkehr eingebracht werden, ist demnach ein Verbesserungsverfahren durchzuführen. Die bisherige Rechtsprechung (RIS Justiz RS0124215; RS0124335; RS0124555), die in der nicht auf elektronischem Weg eingebrachten Eingabe keinen die geschäftsordnungsgemäße Behandlung hindernden Formmangel erkannte und von einem folgenlosen Verstoß gegen eine reine Ordnungsvorschrift ausging, kann infolge Änderung der Rechtslage für solche Eingaben seit 1. 5. 2012 nicht mehr aufrecht erhalten werden. In gewollter Abkehr von dieser Judikatur müssen die im neu gefassten § 89c Abs 5 GOG idF BGBl I 2012/26 genannten ERV Teilnehmer/innen in Hinkunft den Elektronischen Rechtsverkehr zwingend verwenden (ErläutRV 1676 BlgNR 24. GP 3). Das gesetzwidrige Absehen von der Nutzung des Elektronischen Rechtsverkehrs durch zur Nutzung Verpflichtete soll als Verletzung einer zwingend einzuhaltenden Formvorschrift (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26) zu einem Verbesserungsverfahren und bei einem Ausbleiben der Verbesserung zur Zurückweisung der Eingabe führen (1 Ob 156/12s mwN; 10 ObS 163/12m).
Demnach sind die Akten dem Erstgericht zurückzustellen, das den Beklagten gemäß §§ 84, 85 ZPO unter Setzung einer angemessenen Frist zur Einbringung seiner außerordentlichen Revision durch die Rechtsvertreterin im Elektronischen Rechtsverkehr aufzufordern hat. Wird die gesetzte Frist eingehalten, so gilt das Anbringen als zum ursprünglichen Zeitpunkt eingebracht (§ 85 Abs 2 ZPO).