11Os12/13v – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 19. März 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Pausa als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Danut N***** wegen des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, Z 2, 130 vierter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. November 2012, GZ 072 Hv 53/12h 110, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Danut N***** des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 4, 129 Z 1, Z 2, 130 vierter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien und anderen Orten mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, anderen fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro übersteigenden Wert durch Einbruch weggenommen, wobei er den schweren Diebstahl durch Einbruch in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar
1. zwischen 25. und 27. Oktober 2011 in Wien Gewahrsamsträgern der M*****gmbH durch Aufbrechen eines Fensters und Einsteigen sowie teilweise durch Aufbrechen von Vitrinen zehn Mobiltelefone, sechs Silberringe, vier Taschenuhren, zwei Silberketten, eine Silberhalskette mit Anhänger, einen Goldring, einen Silberanhänger, zwei Notebooks Marke HP, ein Notebook Acer, ein Notebook Sony und einen Computer Compaq Presario im Gesamtwert von 1.427,60 Euro;
2. zwischen 16. und 17. November 2011 in G***** Gewahrsamsträgern von P***** durch Aufbrechen des Entlüftungsfensters und Einsteigen sowie teilweise durch Aufbrechen von Vitrinen 25 Mobiltelefone, zwei Stück Radarwarngeräte, ein Navigationsgerät Tom Tom, drei Stück Wetterstationen „Technoline“, alkoholfreie Getränke, Batterien, neun USB Sticks, Computerzubehör, einen MP3 Player, eine Digitalkamera Canon, Lautsprecher, neun Taschenlampen, eine Web Cam und vier Kopfhörer im Gesamtwert von 3.090,13 Euro.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, 9 [lit] a und 10 StPO.
Der Beschwerdeführer hat im Stadium der fortgesetzten Hauptverhandlung zum Faktum 2 eine „Tatrekonstruktion“ begehrt (selbst verfasster Schriftsatz ON 101), eine diesbezügliche Antragstellung in der Hauptverhandlung ist nicht erfolgt. Eine Relevierung der Nichtdurchführung dieser Beweiserhebung aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO scheitert daher am Fehlen eben dieser Prozesshandlung als unabdingbarem Erfordernis der Geltendmachung mit Nichtigkeitsbeschwerde. Die Verfahrensrüge (Z 3) unterlassener Anleitung des Angeklagten, „diesen Antrag zurückzuziehen oder aufrecht zu erhalten“, vermag sich einerseits auf keine in § 281 Abs 1 Z 3 StPO genannte Gesetzesstelle zu stützen ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 193) und verkennt überdies, dass der Beschwerdeführer durchgehend von einem Verteidiger vertreten war, dessen offenkundiges Versagen nicht einmal im Rechtsmittel (das ein anderer Rechtsanwalt als der in der Hauptverhandlung Tätige ausführt) behauptet wird womit aber jegliche Basis für eine unterlassene Manuduktionspflicht fehlt ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 315).
Die Mängelrüge (Z 5) verfällt über weite Strecken in ein Anfechtungsvorbringen, wie es nur die im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehene Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld ermöglicht und entzieht sich insoweit meritorischer Erwiderung.
Wiewohl die Überführung des Nichtigkeitswerbers primär auf der Auswertung von an den Tatorten hinterlassenen Körperspuren basiert (US 5), waren die Tatrichter nicht zur Erörterung des Fehlens von DNA Abrieben an bestimmten Gegenständen verhalten. Einen sekundären Spurentransfer hat das Erstgericht ebenso ausdrücklich ausgeschlossen wie eine (möglicherweise Spuren hinterlassende) konkrete Arbeitstätigkeit des Angeklagten im Bereich des Tatobjekts von Faktum 1 (US 5 f). Gleichermaßen mängelfrei gewürdigt wurden die Aussagen der Zeugen Eugen und Virgina F*****, die dem Beschwerdeführer ein Alibi verschaffen sollten (US 6). Die in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwürfe der Aktenwidrigkeit verkennen die durch § 281 Abs 1 Z 5 fünfter Fall StPO eröffnete Anfechtungsmöglichkeit grundlegend (RIS Justiz RS0099492, RS0099431, RS0099524; Ratz , WK StPO § 281 Rz 393 und 467).
Angeblich zusätzlich notwendige Beweiserhebungen (hier: „bei der im Innenhof tätigen Baufirma“ sowie im Zusammenhang mit der DNA Expertise) können mit Mängelrüge nicht nachträglich eingefordert werden (13 Os 59/06k, SSt 2006/62; RIS Justiz RS0099400).
„Dass der DNA Beweis nicht gelungen“ sei, ist eine Hypothese des Rechtsmittelwerbers, mit der sich das Erstgericht auch nicht unter dem Gesichtspunkt auseinandersetzen musste, dass sich „die Methoden zur Exploration der DNA in Österreich und Deutschland unterscheiden“.
Das Gutachten des gerichtsmedizinischen Sachverständigen (ON 86, ON 88 S 25 f) haben die Tatrichter mängelfrei erörtert (US 6 f); dem vermag der Beschwerdeführer nur eigenständig beweiswürdigende Spekulationen entgegenzuhalten, ohne einen Begründungsmangel im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO aufzeigen zu können.
Auf welche Anfechtungskategorie des § 281 Abs 1 StPO das Vorbringen „jedoch im Rahmen der geforderten gerichtlichen Wahrheitsfindung hätte das Erstgericht davon ausgehen müssen, dass durch die offensichtlich gewollte Platzierung der Getränkeflasche dem Angeklagten die Tat hat untergeschoben werden sollen vermutlich von dem oder den Tätern“ abstellen soll, bleibt unerfindlich; auch „Aktenwidrigkeit“ wird in diesem Zusammenhang einmal mehr als bloß sprachlicher, nicht aber rechtlich greifbarer Vorwurf eingesetzt.
Von bloßer Verwendung der verba legalia kann entgegen der formelhaften Behauptung der Rechtsrüge (Z 9 lit a) die die entsprechenden Feststellungen US 4 aus dem Zusammenhang US 3 f reißt keine Rede sein (vgl RIS Justiz RS0098664, RS0119090).
Der Subsumtionsrüge (Z 10) gegen die Annahme der Qualifikation nach § 128 Abs 1 Z 4 StGB zuwider wurden die Schadensbeträge entsprechend festgestellt (US 4). Das weitere als Darstellung materiell rechtlicher Nichtigkeit intendierte Vorbringen wäre sofern es sich nicht überhaupt in eigenständig beweiswürdigenden Mutmaßungen verliert als Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) einordenbar, verfehlt aber selbst bei diesem Verständnis das Abstellen auf entscheidende Tatsachen, weil es eine am letztgenannten Nichtigkeitsgrund orientierte stringente Gedankenführung fehlen lässt, die zur Möglichkeit eines Schadens beider Fakten unter zusammengerechnet 3.000 Euro führen könnte.
Die Bekämpfung der Qualifikation nach § 130 vierter Fall StGB („bei richtiger Würdigung ... hätte das Erstgericht ...“) verlässt durch Infragestellen der Sachverhaltsbasis des Ersturteils (US 4) sinnfällig den gesetzlich vorgegebenen Rahmen der Geltendmachung materiell rechtlicher Nichtigkeit (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 581, 584).
Die Rechtsmittelpassage „in Widersprüchlichkeit zu den eigenen Feststellungen im Urteil, wonach der Angeklagte sowohl von versperrten als auch von offenen Vitrinen Gegenstände entnommen haben soll, wäre daher ein Schuldspruch wegen teilweisen Diebstahls und teilweisem Einbruchsdiebstahls zu fällen“, lässt eine methodische Ableitung aus dem Gesetz (hier § 29 StGB) vermissen (instruktiv Ratz in WK² StGB § 29 Rz 10).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.