JudikaturOGH

4Ob240/12s – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. März 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** W*****, vertreten durch Dr. Walter Hausberger und andere Rechtsanwälte in Wörgl, gegen die beklagte Partei H***** H*****, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Heitzmann GmbH in Innsbruck, wegen Räumung (Streitwert 4.000 EUR) und Feststellung (Streitwert 20.000 EUR sA), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 2. Oktober 2012, GZ 1 R 92/12d 15, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Das Berufungsgericht wies das Begehren des Klägers auf Feststellung, dass er Alleineigentümer einer Liegenschaft sei, mit Teilurteil ab und verwies die Rechtssache hinsichtlich des Räumungsbegehrens an das Erstgericht zurück. Der Umstand, dass der Kläger grundbücherlicher Alleineigentümer sei, sei unstrittig. Aus dem Vorbringen des Klägers ergebe sich kein Anhaltspunkt für eine Behauptung des Beklagten, er hätte durch einen Erwerbsvorgang Eigentum erworben. Durch das behauptete bloße Titelgeschäft werde das Alleineigentum des Klägers nicht in Frage gestellt. Dem Kläger fehle daher das rechtliche Interesse an der Feststellung seiner Eigentümerschaft. Der Wert des Entscheidungsgegenstands über das Feststellungsbegehren übersteige 30.000 EUR; die Revision sei nicht zulässig.

Der Kläger macht in der Zulassungsbeschwerde seiner außerordentlichen Revision geltend, für die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens sei es gleichgültig, ob das behauptete Recht im Einzelfall überhaupt bestehen könne oder ob bei richtiger Beurteilung von Haus aus feststehe, dass es keine gesetzliche Grundlage habe. Die Voraussetzungen für die Bejahung eines Feststellungsinteresses seien vielmehr eine den Kläger belastende fälschliche Berühmung eines Rechts, eine dadurch hervorgerufene Gefährdung seiner Rechtsstellung und die Eignung der Feststellung zur Beseitigung dieser Gefährdung. Der Beklagte habe mehrfach behauptet, er habe einen Kaufvertrag über eine auf der in Frage stehenden Liegenschaft gelegene Wohnung geschlossen. Hinzu komme, dass er diese Wohnung auch in Besitz habe und den Kläger von jeglicher Nutzung ausschließe.

Rechtliche Beurteilung

Dazu ist Folgendes auszuführen:

1. Das gemäß § 228 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung muss im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz gegeben sein (RIS Justiz RS0039085; RS0039178; RS0039204). Behauptungen des Beklagten im Berufungs und Revisionsverfahren können zu dessen Begründung nicht herangezogen werden.

2. Das rechtliche Interesse muss sich aus dem Klagevorbringen im Zusammenhalt mit den Einwendungen der beklagten Partei ergeben (RIS Justiz RS0039058). Gleichgültig ist, ob ein vom Beklagten behauptetes Recht im Einzelfall überhaupt bestehen kann, also objektiv gesehen möglich ist, oder ob bei richtiger Beurteilung von Haus aus feststeht, dass es keine gesetzliche Grundlage hat (RIS Justiz RS0039096; RS0039260).

3. Das Feststellungsinteresse ist zu bejahen, wenn der Bestand des streitigen Rechts bestritten wird, sodass eine tatsächliche Ungewissheit und Unsicherheit besteht. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese Ungewissheit durch ein Verhalten des Beklagten verursacht wird. Ein aktueller Anlass zur präventiven Klärung des strittigen Rechtsverhältnisses ist zum Beispiel dann zu bejahen, wenn der Beklagte ein Recht des Klägers hartnäckig bestreitet oder sich das Recht ernstlich anmaßt (RIS Justiz RS0038968; RS0039007 [T4]). Auch die Feststellung des Eigentumsrechts ist zulässig, wenn sich der Beklagte eindeutig und ernstlich eines Eigentums an der streitgegenständlichen Sache berühmt und sich insbesondere auf deren Ankauf bzw Ersitzung beruft (RIS Justiz RS0010338 [T10]).

4. Das Feststellungsbegehren muss geeignet sein, über die Beziehungen der Parteien ein für allemal Klarheit zu schaffen (RIS Justiz RS0038908 [T5]). Aus Zweck und Funktion der Feststellungsklage ergibt sich, dass das festzustellende Recht inhaltlich und umfänglich genau und zweifelsfrei bezeichnet werden muss (RIS Justiz RS0037437).

5. Grundsätzlich richtet sich das Bestehen des rechtlichen Interesses an der alsbaldigen Feststellung nach den Umständen des Einzelfalls, denen vom Fall grober Fehlbeurteilung abgesehen keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt (RIS Justiz RS0037977 [T2]; RS0039224).

6. Nach dem Beklagtenvorbringen in erster Instanz (dessen Auslegung ebenfalls nach den Umständen des Einzelfalls zu erfolgen hat und daher in der Regel keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründet RIS Justiz RS0042828), insbesondere der Außerstreitstellung des (derzeitigen) Alleineigentums des Klägers, behauptet der Beklagte in der Sache tatsächlich nicht, Eigentümer der Liegenschaft geworden zu sein; er behauptet vielmehr ein Recht auf Nutzung bzw Übertragung des Eigentums an einem Liegenschaftsanteil. Im Hinblick darauf ist die begehrte Feststellung, der Kläger sei (zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz) Alleineigentümer der Liegenschaft, nicht geeignet, ein zwischen den Streitteilen tatsächlich strittiges Rechtsverhältnis zu klären.

Die Verneinung des Feststellungsinteresses des Klägers im Zusammenhang mit dem konkreten Klagebegehren durch das Berufungsgericht ist vertretbar und stellt keine (grobe) Fehlbeurteilung dar, die vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre.

Die außerordentliche Revision des Klägers wird daher in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen iSv § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig zurückgewiesen.

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