3Ob45/13h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI C*****, vertreten durch Stolz Schartner Rechtsanwälte GmbH in Radstadt, gegen die beklagte Partei M*****, vertreten durch Birnbaum Toperczer Pfannhauser Rechtsanwälte in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO, Streitwert 5.241,46 EUR), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 22. November 2012, GZ 4 R 338/12b 20, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 31. Juli 2012, GZ 2 C 106/08y 16, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 447,98 EUR (darin 74,66 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung:
Der Kläger hat sich in einem anlässlich der Scheidung seiner Ehe mit der Beklagten abgeschlossenen Vergleich zu einem nach dem Verbraucherpreisindex wertgesicherten monatlichen Unterhalt von 19.500 ATS verpflichtet; die Scheidungsvereinbarung enthält auch eine Berechnungsregel für den Fall, dass die Beklagte wieder über eigenes Einkommen verfügt oder sich das Einkommen des Klägers verringert.
Der Beklagten wurde am 5. März 2008 die Exekution zur Hereinbringung der Wertsicherungsbeträge für die ab September 2007 zu leistenden Unterhaltsbeiträge bewilligt. Mit seiner Oppositionsklage begehrt der Kläger den Ausspruch, dass der entsprechende Anspruch der Beklagten in Ansehung von 1.780,42 EUR an Rückstand und von 288,42 EUR an laufendem Unterhalt erloschen sei. Der Kläger brachte zusammengefasst vor, dass der Unterhaltsanspruch der Beklagten ruhe, weil sie in einer Lebensgemeinschaft lebe. Im Übrigen sei sie als Krankenschwester auf ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 EUR anzuspannen.
Das Erstgericht wies die Oppositionsklage auch im zweiten Rechtsgang ab. Eine Lebensgemeinschaft liege nicht vor; zudem könne die Beklagte auch nicht auf das behauptete erzielbare Einkommen angespannt werden. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach nachträglich aus, dass die Revision zulässig sei.
In seiner Revision führt der Kläger zusammengefasst aus, dass das Berufungsgericht in dem im zweiten Rechtsgang gefällten Urteil die Bindung an seine im seinerzeitigen Aufhebungsbeschluss geäußerte Rechtsansicht ignoriert habe. Zu Unrecht habe es vom Erstgericht ohne entsprechendes Vorbringen getroffene Feststellungen nicht als überschießend gewertet. Übrig bleibe allein die Feststellung, dass sich die Beklagte nicht beim AMS als arbeitssuchend gemeldet habe, was dazu führe, dass sie auf das vom Kläger behauptete Eigeneinkommen anzuspannen sei.
Rechtliche Beurteilung
Damit wird keine erhebliche Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) aufgezeigt.
1. Selbst dann, wenn das Berufungsgericht von seiner im ersten Rechtsgang zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht abgewichen wäre, würde dies keinen Revisionsgrund darstellen, weil die Rechtsfrage vom Obersten Gerichtshof unabhängig von der Entscheidung des Berufungsgerichts zu lösen ist (RIS-Justiz RS0042173 [T5]). Ein „nicht hinnehmbarer Eingriff“ in den § 499 ZPO liegt daher nicht vor.
2. Das Berufungsgericht hat in seinem im ersten Rechtsgang erlassenen Aufhebungsbeschluss (ON 10) die Ansicht vertreten, die Beklagte habe gegen die Verpflichtung verstoßen, sich beim AMS als arbeitssuchend zu melden; es müsse ihr aber der Beweis offen stehen, dass selbst eine Meldung beim AMS nicht zu einer zumutbaren Beschäftigung geführt hätte.
Diesen von ihrem erstinstanzlichen Vorbringen („als Krankenschwester auf dem Arbeitsmarkt unvermittelbar“) gedeckten Beweis hat die Beklagte unzweifelhaft erbracht. Das Erstgericht hat an zwei Stellen festgestellt, dass die Beklagte ihre Aussichten, eine Anstellung zu finden, durch eine Meldung beim AMS als arbeitssuchend nicht verbessern hätte können; das Unterlassen der Meldung blieb ohne Einfluss auf ihre Beschäftigungssituation.
Soweit die Revision diesen Umstand ignoriert, ist sie nicht gesetzmäßig ausgeführt.
3. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Nicht-Meldung beim AMS als arbeitssuchend löse nicht automatisch die Anspannung auf ein bestimmtes Einkommen aus, hält sich im Rahmen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung: Einer Person, die aus welchen Gründen immer (Krankheit, Alter etc) zu einer Erwerbstätigkeit nicht in der Lage ist, kann wegen der fehlenden Leistungsfähigkeit kein potenzielles Einkommen unterstellt werden (RIS-Justiz RS0047686 [T9]).
Auch aus diesem Grund wären die vermeintlich „überschießenden Feststellungen“ irrelevant.
4. Die Revision des Klägers ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.