JudikaturOGH

14Os11/13v – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. März 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. März 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kogler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Edmund K***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 1. Oktober 2012, GZ 25 Hv 240/11g 64, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Edmund K***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 2. August 2011 in W***** Anita W***** mit Gewalt zur Duldung von geschlechtlichen Handlungen, die dem Beischlaf gleichzusetzen sind, und zum Beischlaf genötigt, indem er sie an den Händen ergriff, sie in einen Holzverschlag zog und sie in weiterer Folge an den Brüsten berührte, ihr gewaltsam ihre Hose bis zu den Knien herunterzog, mit einem Finger in ihre Scheide eindrang, sie zu Boden drückte, sich gegen ihren Willen auf sie legte, ihre heftigen Abwehrhandlungen durch das Entgegendrücken seines Körpers unterband und sodann den vaginalen Geschlechtsverkehr an ihr vollzog.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Den Beschwerdeausführungen zuwider haftet dem angefochtenen Urteil kein Begründungsmangel im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO an. Unvollständig ist ein Urteil nämlich nur dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (RIS-Justiz RS0118316). Dem Gebot der gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe zufolge (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) ist das Schöffengericht nicht gehalten, den vollständigen Inhalt sämtlicher Zeugenaussagen und sonstiger Beweise zu erörtern (RIS-Justiz RS0106642).

Die Frage, ob und gegebenenfalls wohin der Angeklagte im Zusammenhang mit der Tat ejakuliert hat, betrifft weder eine für den Schuldspruch oder die Subsumtion entscheidende Tatsache (vgl auch 14 Os 67/12b), noch stellen solche Begleitumstände eine unabdingbare Voraussetzung für die Annahme solcher Tatsachen dar. Im Übrigen haben die Tatrichter ohnehin berücksichtigt, dass die Zeugin Anita W***** in Bezug auf diese Begleitumstände anders als zum Kerngeschehen (der gewaltsamen digitalen und vaginalen Penetration) unterschiedliche Angaben gemacht hatte (US 12 f). Ebenso bezogen sie in ihre Überlegungen den Bericht über die gynäkologische Untersuchung vom 4. August 2011 (US 17) und die Ausführungen der gerichtsmedizinischen Sachverständigen ein, wonach latente Spuren von allfälligem Ejakulat an Kleidungsstücken auch nach Reinigung mit einem trockenen Taschentuch zurückbleiben müssten, an der Gummibundhose des Opfers hingegen keine Spermaspuren gefunden wurden (US 14 f). Zwar gingen sie davon aus, dass der Angeklagte den Geschlechtsverkehr bis zur Ejakulation durchgeführt hatte (US 7 und 17), ob allerdings Sperma des Angeklagten (auch) auf die Hose des Opfers gelangte, ließen sie offen. Aufgrund des durch Vorführung der Ton und Bildaufnahme über die kontradiktorische Vernehmung in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks von der Zeugin gelangten sie zu dem Schluss, dass bloß das Begleitgeschehen betreffende Widersprüche in deren Aussagen auf mit deren geistiger Behinderung einhergehende Verständigungs-schwierigkeiten zurückzuführen sind (US 16 f), diese Abweichungen die Glaubwürdigkeit des Opfers jedoch nicht ernsthaft in Frage stellen. Diese Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen ist jedoch der Anfechtung mit Mängelrüge entzogen (RIS Justiz RS0106588). Ein darüber hinaus erörterungsbedürftiger Widerspruch zu den Angaben der Sachverständigen bestand nicht.

Ebenso betrifft der Einwand unvollständiger Berücksichtigung einerseits des Widerspruchs einer im Urteil referierten Aussage der Zeugin W***** (US 12) zu nicht ausdrücklich erwähnten Angaben ihres Vaters betreffend den Zeitpunkt ihrer ersten Äußerung über den Vorfall und andererseits von unterschiedlichen Angaben der Zeugin dazu, wie oft sie vom Angeklagten penetriert wurde und ob sie „allein“ oder „zusammen“ mit dem Angeklagten nach Hause ging, bloß das vom Erstgericht ohnehin angesprochene „Begleitgeschehen“ (US 16 f) und gerade keine entscheidenden Tatsachen.

Die Aussage des Opfers, auch der Angeklagte habe sich (zunächst auch) „in der Hütte“ befunden, steht in keinem erörterungsbedürftigen Widerspruch zur Urteilsannahme, der Angeklagte habe die Tür zur Holzhütte von außen mit einem Holzpflock verstellt (US 5 f), sodass über die Bezugnahme auf (diesbezügliche) Depositionen des Opfers und der mit den kriminalpolizeilichen Ermittlungen befassten Beamtinnen (US 19 f) keine nähere Auseinandersetzung mit dieser Frage geboten war.

Der Verweis der Tatrichter auf „im Kerngeschehen gleichlautende Angaben“ des geistig behinderten Opfers (US 16 f) stellt auch keine „Scheinbegründung“ (richtig: Z 5 vierter Fall) dar. Ein solcher Urteilsmangel liegt nur vor, wenn für den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache entweder überhaupt keine oder nur solche Gründe angegeben sind, aus denen sich nach den Denkgesetzen und allgemeiner Lebenserfahrung ein Schluss auf die zu begründende Tatsache entweder überhaupt nicht ziehen lässt oder der logische Zusammenhang kaum noch erkennbar ist (RIS Justiz RS0099413).

Mit dem Vorbringen, „allenfalls werden die obigen Ausführungen gleichlautend zum Nichtigkeitsgrund gemäß § 281 Abs 1 Z 5a StPO erhoben“, gelingt es dem Angeklagten letztlich auch nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken (vgl RIS Justiz RS0119583 und RS0118780).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise