14Os108/12g – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Jänner 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fruhmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz S***** wegen des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 (§§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1) StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 22. August 2012, GZ 38 Hv 25/12h 15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung, zu Recht erkannt:
Spruch
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an den Einzelrichter des Landesgerichts Wiener Neustadt verwiesen.
Mit seinen Rechtsmitteln wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz S***** des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 (§§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1) StGB schuldig erkannt.
Danach hat er sich am 11. September 2011 in D*****, wenn auch nur fahrlässig, durch den Konsum einer nicht mehr feststellbaren Menge alkoholischer Getränke, in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt und im Rausch dadurch, dass er BI Reinhard F***** und RI Jochen T*****, beide Polizeibeamte der Bundespolizeidirektion Wiener Neustadt, fernmündlich zur Ausführung einer strafbaren Handlung, nämlich des Missbrauchs der Amtsgewalt, zu bestimmen suchte, indem er von den Genannten wiederholt energisch forderte, ihre gegen seinen Sohn Matthias S***** geführte Amtshandlung nach einem „positiven Alkovortest“ (Überprüfung der Atemluft auf den Verdacht der Beeinträchtigung durch Alkohol gemäß § 5 Abs 2a StVO) durch Abmahnung zu beenden und von einem „Alkotest mittels geeichtem Alkomaten“ (Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt gemäß § 5 Abs 2 StVO) und der wegen des Lenkens eines Kraftfahrzeugs im alkoholisierten Zustand gebotenen vorläufigen Abnahme des Führerscheins (§ 39 Abs 1 FSG) abzusehen, sohin bei Organen der Straßenaufsicht den Tatentschluss zu erwecken versuchte, mit dem Vorsatz, dadurch den Staat an seinen Rechten auf Handhabung der Verkehrspolizei (§ 94a StVO), Erstattung einer Anzeige gemäß den §§ 5 Abs 1, 99 Abs 1b StVO und Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zur Entziehung der Lenkerberechtigung (§ 24 FSG) zu schädigen, ihre Befugnisse, im Namen des Bundes und des Landes Niederösterreich als deren Organe in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich zu missbrauchen,
sohin eine Handlung begangen, die ihm außer diesem Zustand als das Verbrechen der Bestimmung zum Missbrauch der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB zugerechnet würde.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlass der dagegen vom Angeklagten aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, dass der Schuldspruch mit einer ungerügt gebliebenen, dem Angeklagten zum Nachteil gereichenden Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a, § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) behaftet ist:
Die im Zustand voller Berauschung begangene Tat muss alle objektiven und subjektiven Merkmale der mit Strafe bedrohten Handlung aufweisen ( Fabrizy , StGB 10 § 287 Rz 2; RIS Justiz RS0095882). Voraussetzung für die Strafbarkeit der Bestimmung zum Amtsmissbrauch ist in subjektiver Hinsicht aber, dass der Bestimmende es für gewiss hält, der Beamte werde bei bestimmungsgemäßem Verhalten (zumindest) vorsätzlich seine Befugnis missbrauchen (RIS Justiz RS0108964; Marek/Jerabek , Korruption und Amtsmissbrauch 4 § 302 Rz 60 f). Eine solche Beurteilung lassen die Annahmen im Ersturteil (US 5 f) nicht zu.
Aufgrund dieses Rechtsfehlers mangels Feststellungen ist eine Kassation des (gesamten) Urteils bereits bei der nichtöffentlichen Beratung unumgänglich (§ 285e, § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).
Mit seinen Rechtsmitteln war der Angeklagte auf die aufhebende Entscheidung zu verweisen.
Die auch schon für den ersten Rechtsgang gültige Zuständigkeit des Einzelrichters gründet auf § 31 Abs 4 Z 1 StPO (RIS Justiz RS0100271).
Zufolge gänzlicher Urteilsaufhebung hatte kein Ausspruch nach § 390a Abs 1 StPO zu erfolgen (vgl Lendl , WK StPO § 390a Rz 7).