14Os114/12i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Dezember 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fruhmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Michael K***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 3. April 2012, GZ 25 Hv 19/12d 63, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Michael K***** der Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB (A/1/1 und A/2/1) und der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (A/2/4) sowie der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (A/1/2) und § 107 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (A/2/2), der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (A/2/3) und der Sachbeschädigung (zu ergänzen:) nach § 125 StGB (B) sowie des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG (C) schuldig erkannt.
Danach hat er
(A) Silke M*****
1) in S*****
1/1 im Mai 2011 durch Gewalt und Drohung mit dem Tod zur Bekanntgabe des Namens „eines allfällig neuen Freundes bzw Intimpartners“ genötigt, indem er ihr wiederholt eine Gaspistole an Kopf und Gesicht ansetzte, sie ins Gesicht schlug und an den Haaren riss;
1/2 zwischen September und Oktober 2011 durch die mehrfache sinngemäße Äußerung, er werde sie umbringen, zumindest mit einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht, um sie dadurch in Furcht und Unruhe zu versetzen;
2) am 14. Oktober 2011
2/1 durch Gewalt und Drohung mit dem Tod zu Handlungen genötigt, und zwar
2/1/1 in Salzburg zur widerstandslosen Begleitung vom Messepalast zum dortigen Parkplatz, indem er eine Faustfeuerwaffe gegen sie richtete und dabei sinngemäß äußerte, er werde sie mit dieser scharfen und geladenen Waffe erschießen, wenn sie nicht mitgehe;
2/1/2 während einer gemeinsamen Autofahrt auf der Westautobahn zwischen Salzburg und R***** zur Bekanntgabe ihres neuen Liebhabers und der Anzahl der intimen Kontakte, indem er knapp über ihren Beinen mit der Waffe in die Beifahrertüre schoss;
2/1/3 in A*****
2/1/3/1 durch Vorhalten einer Faustfeuerwaffe zum Trinken von Schnaps;
2/1/3/2 durch Abgabe eines Schusses gegen die Wand und Vorhalten der Waffe zum Vorzeigen ihrer neuen Tätowierung;
2/2 auf der Westautobahn zwischen Salzburg und R***** nach der zu 2/1/2 geschilderten Tathandlung gefährlich mit dem Tod bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er einen weiteren Schuss in die Beifahrertüre abgab;
2/3 in Salzburg und an anderen Orten widerrechtlich gefangen gehalten, indem er sie mit einer Faustfeuerwaffe bedrohte, ihr einen Schlag gegen den Hinterkopf versetzte, sie an den Haaren riss, sie in sein Fahrzeug drängte, dieses zusperrte, die Faustfeuerwaffe griffbereit unter seinem Oberschenkel verwahrte, sie wiederholt zum Verbleiben im Fahrzeug aufforderte, widrigenfalls er sie erschießen werde, ihr androhte, dass der nächste Schuss ins Knie gehen werde und sie im Anschluss daran in seine Wohnung in A***** verbrachte, wo er die Wohnungs und die Küchentüre versperrte;
2/4 in A***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) und durch Entziehung der persönlichen Freiheit zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er sie unter Vorhalt einer Faustfeuerwaffe aufforderte, sich auszuziehen und unter Ausnützung des Eindrucks der vorangegangenen Tathandlungen den Geschlechtsverkehr an ihr vollzog, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) des Opfers, nämlich eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung in Form einer posttraumatischen Belastungsstörung, zur Folge hatte;
(B) am 14. Oktober 2011 in A***** fremde bewegliche Sachen beschädigt, indem er
1) durch die unter A/2/1/2 und A/2/2 geschilderten Tathandlungen zwei Durchschüsse der Beifahrertüre des PKW des Dominik H***** und
2) durch die unter A/2/1/3/2 geschilderte Tathandlung einen Einschuss im Mauerwerk der nicht in seinem Eigentum befindlichen Wohnung M***** in A***** verursachte;
(C) von etwa Mitte August bis 14. Oktober 2011 wenn auch nur fahrlässig unbefugt eine Schusswaffe der Kategorie B, nämlich eine Faustfeuerwaffe der Marke V*****, Kaliber 7, 65 besessen und geführt.
Rechtliche Beurteilung
Die aus dem Grunde des § 281 Abs 1 Z 5a StPO inhaltlich ausschließlich gegen die Annahme der Qualifikation des § 201 Abs 2 erster Fall StGB erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Die prozessordnungskonforme Darstellung der Tatsachenrüge (Z 5a) verlangt, aus dem in der Hauptverhandlung vorgekommenen Beweismaterial (§ 258 Abs 1 StPO) unter konkreter Bezugnahme auf solches anhand einer Gesamtbetrachtung der tatrichterlichen Beweiswürdigung erhebliche Bedenken gegen die Urteilsfeststellungen zu entscheidenden Tatsachen abzuleiten ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 481, 487).
Mit dem Hinweis auf einzelne isoliert und aus dem Zusammenhang gerissen zitierte Passagen aus der Aussage der Zeugin Silke M***** (wonach es „ab dem Geschlechtsverkehr keine Bedrohung gegeben hat“, sie unter wenn auch nicht konkret auf den „Vorfall“ bezogenen Albträumen leide, aufgrund der es ihr „in der Früh … wahnsinnig schlecht“ gehe, deshalb aber zum Zeitpunkt der kontradiktorischen Vernehmung noch keinen Arzt konsultiert habe) und die (nur) siebentägige Dauer des stationären Krankenhausaufenthalts im Anschluss an die Tathandlung werden derartige erhebliche Bedenken gegen die Feststellung des Eintritts einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung nicht geweckt.
Mit der auf eigenen Beweiswerterwägungen beruhenden Behauptung, die schriftliche Bestätigung einer seit November 2011 andauernden therapeutischen Behandlung des posttraumatischen Belastungssyndroms (vom Typ F 43.1) des Tatopfers (Beilage ./3 zu ON 62) sei mangels psychiatrischer Ausbildung der Therapeutin „im Rahmen eines Strafprozesses nicht prozessrelevant“, orientiert sich die Beschwerde nicht an den dargestellten Kriterien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.
Entsprechendes gilt für die Kritik am Unterbleiben amtswegiger Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens, weil nicht dargelegt wird, wodurch der Angeklagte an der Ausübung seines Rechts, die begehrte Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war (RIS Justiz RS0114036, RS0115823; Ratz , WK StPO § 281 Rz 480).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.