9ObA132/12w – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf und Hon. Prof. Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Werner Rodlauer und Peter Schönhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gottfried S*****, vertreten durch Dr. Burmann, Dr. Bacher, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei B*****, vertreten durch Dr. Pfurtscheller, Dr. Orgler, Mag. Huber, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 24 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 20. Juli 2012, GZ 13 Ra 13/12b 15, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits und Sozialgericht vom 13. Februar 2012, GZ 48 Cga 129/11b 11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 77,04 EUR (darin enthalten 12,84 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, zu Punkt N 54 im Abschnitt IV („Entlohnung“) des hier unstrittig anzuwendenden Rahmen-Kollektivvertrags für Arbeiter in der chemischen Industrie ist zutreffend. Es kann daher auf dessen Begründung verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Es geht um den Passus, wonach die Arbeitnehmer für an gesetzlichen Feiertagen neben der zufolge § 9 Abs 1 Arbeitsruhegesetz vorgesehenen Fortzahlung des regelmäßigen Entgelts das doppelte des auf die „geleistete Arbeit entfallenden Entgelts“ zu erhalten haben und dass davon nicht nur die aus dem Monatsbezug durch Division errechnete „Grundvergütung“ erfasst ist, sondern auch die Schicht und Nachtarbeitszulage.
Ergänzend ist den Ausführungen der Beklagten Folgendes entgegenzuhalten:
Zutreffend verweist die Beklagte darauf, dass die hier maßgebliche Auslegungsfrage zum Kollektivvertrag eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darstellt (RIS Justiz RS0109942; RS0121516).
Unstrittig ist auch, dass die Auslegung der Kollektivverträge allgemein so wie Gesetze, also primär nach dem objektiven Wortsinn im Zusammenhang mit den übrigen Regeln und der ersichtlichen Absicht der Kollektivvertragsparteien zu erfolgen hat (RIS Justiz RS0010088; RS0008828; RS0008897 jeweils mwN). Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich auch, dass allgemein zu unterstellen ist, dass die Kollektivvertragsparteien eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung und einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen erzielen wollten.
Das Berufungsgericht hat sich in seiner Entscheidung sehr ausführlich und umfassend nicht nur mit dem Wortlaut, sondern auch der Systematik der umfangreichen Entgeltregelungen in dem Kollektivvertrag auseinandergesetzt.
Dem Argument der Beklagten, dass im Zusammenhang mit der Definition der sogenannten „Grundvergütung“ im Punkt N 52 auch auf die Sonn , Feiertags und Überstundenarbeit abgestellt wird, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend entgegengehalten, dass dies schon deshalb schlüssig ist, weil es auch Feiertagsarbeit ohne Schichtarbeit geben kann.
Die hier maßgebliche Regelung im Punkt N 54 stellt eindeutig auf das Doppelte des auf die geleistete Arbeit „entfallenden Entgelts“ ab und damit dann, wenn im Rahmen der Schicht gearbeitet wird, auch auf die Schicht und Nachtarbeitszulagen. Dies kann auch nicht als Versehen angesehen werden, weil etwa im anderen Zusammenhang wieder ausdrücklich nur auf die „Grundvergütung“ als Bemessungsgrundlage hingewiesen wird.
Hinzu kommt auch, dass gerade der Begriff „Grundvergütung“ auch zum Ausdruck bringt, dass dies noch keine abschließende Entgeltregelung im Sinne dieses Kapitels sein muss. Da in diesem Kapitel immer wieder auf die „Grundvergütung“ Bezug genommen wird, teilweise aber eben auch andere Ansätze gewählt werden, kann auch der Überlegung der Revision, dass die Definition der „Grundvergütung“ bei der vom Berufungsgericht gewählten Auslegung nicht sinnhaft wäre, nicht gefolgt werden. Insoweit bietet es sich auch nicht an, in der hier maßgeblichen Bestimmung des Kollektivvertrags bloß - wie von der Revision ausgeführt - eine „schlampige Formulierung“ zu erblicken. Die Unterschiede in der Entlohnung zwischen der normalen Sonntags bzw Sonntags Feiertagsarbeit und der sonstigen Feiertagsarbeit hat das Berufungsgericht durchaus schlüssig erklärt, in dem es auf unterschiedliche Wertungen - einerseits generell am Wochenende die Wochenendruhe zu gewährleisten und andererseits an sonstigen Feiertagen die Entgelterhaltung in den Vordergrund zu stellen - hingewiesen hat. Solche Unterscheidungen lassen sich eindeutig etwa auch im Zusammenhang mit der Entlohnung der normalen Arbeitszeit und von Überstundenarbeit finden. Insoweit vermögen auch die argumentativen Ansatzpunkte der Beklagten, die auf die Definition des Entgelts für die Überstundenarbeit nach dem Kollektivvertrag abstellen, keine gegenteilige Auslegung zu stützen.
Dass es sich bei dem Punkt N 52 mit der Überschrift „Grundvergütung“ um eine eigene Definition handelt, ist ohnehin nicht strittig.
Insgesamt lassen sich weder aus der Wortinterpretation des Punkts N 54 noch aus der systematischen Interpretation Zweifel an der Auslegung ableiten, dass in dessen Bereich das gesamte Entgelt erfasst sein soll.
Bei diesem klaren Auslegungsergebnis bedarf es auch keines näheren Eingehens auf die in ihrer Unterschiedlichkeit vom Berufungsgericht ohnehin erkannten Regelungen für die Arbeitszeit am 24. und 31. 12., die auch in einem anderen Abschnitt geregelt sind.
Der Revision war dementsprechend nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 2 ASGG, 50 und 41 ZPO.