JudikaturOGH

15Os148/12x – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Dezember 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Dezember 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Dr. Michel Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krausam als Schriftführerin in der Strafsache gegen Virgil S***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 2, 130 dritter und vierter Fall, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 11. September 2012, GZ 37 Hv 73/12k 82, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch von gleichgelagerten Vorwürfen enthält, wurde Virgil S***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 2, 130 dritter und vierter Fall, 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Toderel V***** und weiteren unbekannten Mittätern fremde bewegliche Sachen Nachgenannten mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern,

I. weggenommen, und zwar

C. zwischen 27. und 28. Juni 2009 in E*****

1. Karl B***** 117 Armbanduhren im Gesamtwert von 8.300 Euro, Schmuck im Gesamtwert von 20.300 Euro sowie Bargeld im Wert von 400 Euro;

2. Falk Bl***** Bargeld im Wert von 4.430,55 Euro

3. Rudolf W***** Bargeld im Wert von 1.249,46 Euro

D. zwischen 2. und 3. August 2009 in O***** Gewahrsamsträgern der K***** GmbH Schmuck, Markenuhren und Bargeld im Gesamtwert von 92.617,87 Euro

I. zwischen 1. und 3. Juni 2011 in H***** Gewahrsamsträgern des Unternehmens S***** Sport und Freizeitbekleidung sowie Bargeld im Gesamtwert von 26.024 Euro

J. zwischen 13. und 14. Juni 2011 in V***** Gewahrsamsträgern der V***** GmbH Markenbekleidung im Gesamtwert von 39.710 Euro

II. wegzunehmen versucht, und zwar

D. zwischen 13. und 14. Juni 2011 in V***** Gewahrsamsträgern des J***** Wertgegenstände und Bargeld,

wobei er den Diebstahl an Sachen mit einem insgesamt ca 186.000 Euro betragenden Wert beging bzw zu begehen suchte, indem er in Gebäude einbrach und Behältnisse aufbrach bzw aufzubrechen trachtete und den schweren Diebstahl (§ 128 StGB) sowie den Diebstahl durch Einbruch (§ 129 StGB) in der Absicht beging bzw zu begehen suchte, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf Z 1, 4, 5a und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Aus Z 1 rügt der Beschwerdeführer die Beteiligung eines seiner Meinung nach gemäß § 43 Abs 2 StPO vom Hauptverfahren ausgeschlossenen Richters an der Entscheidung, weil der vorsitzende Richter im Ermittlungsverfahren die Zustimmung zu einer polizeilichen Ausführung des Zeugen V***** gegeben habe (ON 6 S 3). Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer seiner im Gesetz normierten Rügeobliegenheit nicht nachgekommen ist (s hiezu Ratz , WK StPO § 281 Rz 133 ff), ist die Erteilung der Zustimmung zur Ausführung eines Inhaftierten einer Beweisaufnahme iSd § 43 Abs 2 StPO nicht gleichzuhalten, stellt diese Gesetzesbestimmung doch auf eine inhaltliche Vorbefassung ab ( Lässig , WK StPO § 43 Rz 18 f).

Die Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert die Abweisung von vier in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträgen (ON 81 S 24 f).

Die Vernehmung von Floare und Alexandru T***** konnte ohne Verletzung von Verteidigungsrechten unterbleiben. Denn das dazu angegebene Beweisthema, dass „Toderel V***** [ein Belastungszeuge] während seines Aufenthalts in Österreich stets dort gewohnt hat, und nicht wie behauptet in diversen Pensionen sowie dass er ein Floare T***** gehöriges Auto während seines Aufenthalts verwendete“, sprach keine erhebliche Tatsache an (zum Begriff siehe Ratz , WK StPO § 281 Rz 29).

Gleiches gilt für die begehrte Ausforschung und Vernehmung der Manuela V***** zum selben Beweisthema. Zudem enthielt der Antrag keinerlei Hinweis, weshalb die beantragte Zeugin Informationen über den Aufenthalt ihres Ex Mannes haben sollte (§ 55 Abs 1 letzter Satz StPO).

Der Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens „aus dem Fachgebiet Physiognomie zum Beweis dafür, dass es sich [bei dem] auf den Überwachungsvideos des Einbruchs in der SCS (Fa V*****) bei keiner der beiden Personen um den hier Angeklagten handelt“, konnte ohne Schmälerung von Verteidigungsrechten abgewiesen werden, weil auch dieser Antrag nicht darlegte, weshalb angesichts der schlechten Qualität der Bilder aus den Überwachungskameras, die lediglich zwei maskierte, dunkel gekleidete Menschen zeigen, die sich gebückt oder kriechend bewegen, ein entsprechendes Gutachten möglich sein und ungeachtet der am Tatort sichergestellten DNA Spur des Angeklagten (ON 78) das gewünschte Ergebnis bringen sollte.

Schließlich hat es der Beschwerdeführer auch verabsäumt, anlässlich seines Antrags auf Einholung „eines medizinischen Sachverständigengutachtens betreffend den Angeklagten zum Beweis dafür, dass dessen linkes Bein unverletzt ist,“ darzulegen, welche erhebliche Tatsache damit bewiesen werden könnte, bezieht sich der Antrag doch auf eine ihrer Art und Entstehung nach nicht näher spezifizierte Wunde am Knie, die einer der Täter des Einbruchs im Juni 2011 erlitten haben soll.

Die in der Beschwerde zur Fundierung der Anträge nachgetragenen Gründe sind prozessual verspätet und somit unbeachtlich (RIS Justiz RS0099618).

Der formelle Nichtigkeitsgrund nach Z 5a greift seinem Wesen nach erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, mit anderen Worten intersubjektiv gemessen an Erfahrungs und Vernunftsätzen eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahe legen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt wird dadurch nicht ermöglicht (RIS Justiz RS0119583).

Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) eigenständige Erwägungen zur Aussage des Zeugen Toderel V***** anstellt, dessen Glaubwürdigkeit in Zweifel zieht und darüber spekuliert, wie eine Taschenlampe mit dem DNA Abdruck des Angeklagten an den Tatort gelangen konnte, gelingt es ihr nicht, solche erheblichen Bedenken beim Obersten Gerichtshof zu erwecken.

Die Angaben der Zeugen Nunzio und Salvatore A***** wurden der Beschwerde zuwider (der Sache nach Z 5 zweiter Fall) nicht übergangen, sondern von den Tatrichtern gewürdigt, ihnen aber keine Beweiskraft zugestanden (US 13). Gleiches gilt für die weiteren, einen Aufenthalt des Angeklagten auf Sizilien im Juni 2011 bestätigenden Zeugenaussagen sowie die dazu vorgelegten Hotelrechnungen (US 13). Schließlich weckt auch der Umstand, dass zu den Schuldsprüchen I.J. und II.D. keine Fotodokumentation des Tatorts vorhanden ist, keine erheblichen Bedenken (Z 5a).

Entgegen dem Vorbringen der Sanktionsrüge (Z 11) haben die Tatrichter zu Recht nicht auf das Urteil des Bezirksgerichts Neunkirchen vom 14. Februar 2011, GZ 7 U 117/10v 7, Bedacht genommen (§ 31 StGB), sind doch auch Taten, die nach diesem Urteilszeitpunkt begangen worden sind, Gegenstand des vorliegenden Erkenntnisses ( Fabrizy , StGB 10 § 31 Rz 10a).

Die gewerbsmäßige Begehung der Tat wurde dem einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 StGB) monierenden Vorbringen zuwider nicht zweimal erschwerend in Anschlag gebracht. Die Tatrichter haben bloß im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungsgründe die Lebensumstände des Angeklagten wertend miteinbezogen, nämlich dass es sich nicht um „Diebstahlsangriffe mittelloser Täter“ handelte, sondern „um eine bewusste Aufbesserung eines Verdiensts, der bei 'normaler' Lebensführung ausreichend gewesen wäre“ (US 20).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der dazu erstatteten Äußerung des Verteidigers bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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