JudikaturOGH

11Os158/12p – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Dezember 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Dezember 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Meier als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Sutki S***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Schöffengericht vom 12. September 2012, GZ 13 Hv 51/12p 27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sutki S***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 31. Oktober 2011 in K***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Serdar B***** als Mittäter mit Gewalt unter Verwendung einer Waffe Mesut Se***** ca 160 Gramm Cannabisharz brutto im Wert von etwa 1.000 Euro mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem beide Mittäter nach vorheriger Absprache vortäuschten, das Suchtgift kaufen zu wollen, Se***** dieses aushändigte und B***** ihm sofort danach mit einem Pfefferspray in das Gesicht sprühte, wodurch Se***** handlungsunfähig wurde, sodass B***** und S***** mit dem Suchtgift flüchten konnten.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5a und 10 StPO.

Der formelle Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, mit anderen Worten intersubjektiv gemessen an Erfahrungs- und Vernunftsätzen eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahelegen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen wie sie die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt wird dadurch nicht ermöglicht. Die Tatsachenermittlung im kollegialgerichtlichen Verfahren bleibt den Richtern erster Instanz vorbehalten, die unter dem Eindruck der unmittelbaren, mündlichen und kontradiktorischen Beweiserhebung entscheiden. Beweiswürdigende Detailerwägungen diesseits der Schwelle erheblicher Bedenklichkeit wie in Erledigung einer Berufung wegen Schuld sind dem Obersten Gerichtshof somit verwehrt und auch in einer Tatsachenrüge nicht statthaft (RIS Justiz RS0118780, RS0119583).

Der Beschwerdeführer remonstriert unter Heranziehung diverser Beweisergebnisse gegen die Annahme des 31. Oktober 2011 als Tattag und verknüpft dies mit der spekulativen Folgerung, dass „die Verantwortung des Angeklagten, er habe von dem Plan, das Suchtgift mit Gewalt oder einer Waffe an sich zu bringen, nichts gewusst, nicht zu widerlegen ist“, sowie mit der Hypothese, der Angeklagte habe bei seiner Verabredung mit seinem Mittäter B***** einen Diebstahl unter Ausnützung des Überraschungsmoments im Sinne gehabt.

Diese seiner eigenen Einlassung eines intendierten Kaufes (ON 23 S 10 f) diametral entgegenstehende Darstellung eines alternativen Tatszenarios durch den Nichtigkeitswerber ist allerdings nicht geeignet, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der den Schuldspruch wegen schweren Raubes tragenden Feststellungen zu erwecken.

Das geplante (dem Gewahrsamswechsel hinsichtlich Suchtgift dienende) Treffen zwischen S***** und B***** einerseits und Se***** andererseits wurde vom Rechtsmittelwerber zuletzt nicht bestritten (ON 23 S 10). Unterschiedliche Details der Aussagen der am Vorfall beteiligten Personen allesamt Angehörige der Suchtgiftszene und überdies von Suchtgift beeinträchtigt (vgl ON 23 S 5 und S 11) sind (wie auch der Beschwerdeführer selbst einräumt) im Lichte der Gerichtserfahrung nicht ungewöhnlich und gerade im Gegenstand nicht geeignet, die von § 281 Abs 1 Z 5a StPO geforderten qualifizierten Bedenken zu erwecken, zumal die Ableitung der Nichtigkeitsbeschwerde auf Beweisergebnissen zur hier keineswegs entscheidenden Tatzeit beruht (RIS Justiz RS0098693). Der kritisch psychologische Vorgang, der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit einer Person aufgrund des von dieser in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führt, ist als solcher einer Anfechtung mit Tatsachenrüge entzogen (RIS Justiz RS0099649).

Die auf eine Verurteilung wegen „Betrugs und Nötigung, allenfalls räuberischen Diebstahls“ abzielende Subsumtionsrüge (Z 10) ignoriert den festgestellten Mitgewahrsam des Opfers zum Zeitpunkt des räuberischen Angriffs (US 5; alle drei Personen befanden sich dabei in einem Kraftfahrzeug US 4) und entzieht sich damit meritorischer Erwiderung (RIS Justiz RS0099810; Ratz , WK StPO § 281 Rz 581, 584, 593).

Der Vollständigkeit halber (§ 290 Abs 1 Satz 2 erster Fall StPO) sei bemerkt, dass auch und gerade das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Erkenntnis 14 Os 126/10a von einem bei bloß gelockertem Gewahrsam (noch) möglichen Gewahrsams bruch ausgeht (vgl weiters RIS Justiz RS0124007).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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