13Os97/12g – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 22. November 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krausam als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Reinhard V***** und andere Angeklagte wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Reinhard V***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 23. April 2012, GZ 123 Hv 3/12f-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten Reinhard V***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Reinhard V***** soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung (richtig) mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (I) schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien im Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes für den 1. und 23. Bezirk als für die abgabenrechtlichen Belange der W***** GmbH verantwortlicher Geschäftsführer vorsätzlich durch die Einreichung inhaltlich unrichtiger Umsatzsteuervoran-meldungen, somit unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen, eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlung oder Gutschriften) für die Monate März bis November 2008 und Jänner bis Oktober 2009 in der Höhe von insgesamt 943.875,74 Euro bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 5a und Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde schlägt fehl.
Die nach Art einer Aufklärungsrüge (Z 5a) mit dem Hinweis auf angebliche „Widersprüche“ im Verfahren erhobene Kritik an unterlassener amtswegiger Wahrheitserforschung scheitert schon an der fehlenden Behauptung, der Beschwerdeführer sei an darauf abzielender Antragstellung (hier: betreffend die Einholung eines Gutachtens durch einen Buchsachverständigen) gehindert gewesen (RIS-Justiz RS0115823).
Die Tatrichter gingen in objektiver Hinsicht davon aus, dass der Angeklagte V***** als für die steuerrechtlichen Belange der W***** GmbH Verantwortlicher (spätestens) zum jeweiligen Fälligkeitstag das ist nach § 21 Abs 1 UStG der 15. Tag des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats für die im Urteilsspruch angeführten Monate unrichtige, nicht sämtliche Umsätze der Gesellschaft ausweisende Umsatzsteuervoranmeldungen abgab und die im Spruch präzisierten Umsatzsteuervorauszahlungen nicht zeitgerecht vollständig entrichtete. Dadurch wurden zumindest zeitweilig Verkürzungen von Umsatzsteuervorauszahlungen in dem im Spruch genannten Ausmaß bewirkt (US 6 und 8).
Davon ausgehend behauptet die Rechtsrüge (Z 9 lit a) fehlende Gerichtszuständigkeit (§ 53 Abs 1 FinStrG) aufgrund unterbliebener Berücksichtigung verspäteter Umsatzsteuerzahlungen als „Schadenswiedergutmachung“, ohne aus dem Gesetz abzuleiten, aus welchem Grund nach der jeweiligen Tatvollendung (§ 33 Abs 3 lit b FinStrG; vgl dazu Lässig in WK 2 FinStrG § 33 Rz 30, 38) erfolgte Zahlungen bei Berechnung des strafbestimmenden Wertbetrags in Anschlag zu bringen sein sollen (zur strafmildernden Berücksichtigung bloß vorübergehenden staatlichen Einnahmeausfalls vgl § 23 Abs 2 zweiter Satz FinStrG idF BGBl I 2010/104; EBRV 874 BlgNR 24. GP 6; Lässig in WK 2 FinStrG § 23 Rz 3; Brandl/Leitner/Schrottmeyer/Toifl , Die Finanzstrafgesetz-Novelle 2010, SWK-Spezial [2010], 30 f).
Ein Feststellungsmangel wird geltend gemacht, indem unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, jedoch indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a bis c StPO) oder eine andere rechtliche Unterstellung (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat. Die Indizien müssen in der Hauptverhandlung vorgekommen sein, weil Feststellungen nur anhand des der Beweiswürdigung zugänglichen Beweismaterials getroffen werden können (zum Ganzen RIS-Justiz RS0118580; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 600).
Soweit die Beschwerde ersichtlich über den Umweg angestrebter Subsumtion der Taten nach § 33 Abs 1 FinStrG anstelle § 33 Abs 2 lit a FinStrG (im Ergebnis der Sache nach Z 9 lit b vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 635) mit dem Hinweis auf fristgerechte Bezahlung der „bescheidmäßig festgesetzten Umsatzsteuer 2008 und 2009“ die Erstattung einer strafbefreienden Selbstanzeige (§ 29 FinStrG) einwendet, verfehlt sie die dargelegten Anfechtungsvoraussetzungen. Im Übrigen werden indizierende Verfahrensergebnisse zu den sonstigen inhaltlichen Voraussetzungen einer Selbstanzeige (dazu Lässig in WK 2 FinStrG § 29 Rz 4 ff) nicht einmal behauptet.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.