JudikaturOGH

10ObS151/12x – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. November 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch als weitere Richter (Senat nach § 11a Abs 3 ASGG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Dr. MMag. Ralf Peschek, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Land Wien, Magistrat der Stadt Wien, MA 40, 1030 Wien, Thomas Klestil Platz 8, wegen Pflegegeld, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 22. August 2012, GZ 11 Nc 16/12f 3, womit der gegen alle Richter des Arbeits- und Sozialgerichts Wien gerichtete Ablehnungsantrag zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit Urteil des Arbeits und Sozialgerichts Wien vom 7. 6. 2011, GZ 16 Cgs 35/11w 8, wurde das Begehren des Klägers auf Gewährung von Pflegegeld ab 1. 12. 2010 abgewiesen. Der Kläger beantragte innerhalb der Berufungsfrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung eines Rechtsmittels. Das Arbeits und Sozialgericht Wien wies mit Beschluss vom 23. 8. 2011 den Verfahrenshilfeantrag des Klägers ab. Das Oberlandesgericht Wien als Rekursgericht gab dem vom Kläger dagegen erhobenen Rekurs Folge und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag nach Verfahrensergänzung auf.

In der Folge lehnte der Kläger den vorsitzenden Richter Mag. G***** wegen Befangenheit ab. Das Arbeits und Sozialgericht Wien wies durch die Vizepräsidentin HR Dr. P***** als Vorsitzende und die weiteren Richter Mag. E***** und Mag. W***** den Ablehnungsantrag des Klägers mit Beschluss vom 17. 2. 2012, GZ 2 Nc 6/12d 4, zurück. Dagegen erhob der Kläger Rekurs an das Oberlandesgericht Wien, welches mit Beschluss vom 30. 4. 2012, AZ 10 Rs 60/12k, das Rekursverfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des im Rekurs auch enthaltenen Ablehnungsantrags des Klägers gegen die erwähnten Mitglieder des Ablehnungssenats des Arbeits und Sozialgerichts Wien unterbrach. Das Arbeits und Sozialgericht Wien wies in der Folge durch seinen Präsidenten HR Dr. E***** als Vorsitzenden sowie die weiteren Richter Mag. A***** und Mag. S***** den vom Kläger gegen die Mitglieder des zuerst tätig gewesenen Ablehnungssenats erhobenen Ablehnungsantrag mit Beschluss vom 15. 6. 2012, GZ 2 Nc 6/12d 14, zurück.

Gegen diesen Beschluss erhob der Kläger am 27. 7. 2012 rechtzeitig Rekurs und schloss diesem einen Antrag an das Arbeits und Sozialgericht Wien an, wonach er das „gesamte Arbeits und Sozialgericht Wien“ als befangen ablehne.

Rechtliche Beurteilung

Das infolge Ablehnung sämtlicher Richter des Arbeits und Sozialgerichts Wien zuständige Oberlandesgericht Wien wies diesen gegen alle Richter des Arbeits und Sozialgerichts Wien gerichteten Ablehnungsantrag mit der Begründung zurück, die Ablehnung eines ganzen Gerichts sei nur durch die Ablehnung eines jeden einzelnen seiner Richter unter Angabe konkreter Ablehnungsgründe zulässig. Diesen Anforderungen entspreche der Ablehnungsantrag des Klägers keineswegs, weil weder pauschale Verdächtigungen noch (angebliche) Unrichtigkeiten von gerichtlichen Verfahren einen Ablehnungsgrund darstellten. Die als Ablehnungsgrund weiters vorgebrachte „persönliche Unverträglichkeit“ entspreche ebenfalls nicht dem Merkmal eines konkreten Ablehnungstatbestands.

Der Rekurs des Klägers, mit dem er die Feststellung der Befangenheit der Vizepräsidentin HR Dr. P***** und der Richter Mag. E***** und Mag. W*****, in eventu die Feststellung der Befangenheit sämtlicher Richter des Arbeits und Sozialgerichts Wien anstrebt, ist nicht berechtigt.

Gegenstand des Rekursverfahrens ist der gegen alle Richter des Arbeits und Sozialgerichts Wien gerichtete Ablehnungsantrag des Klägers in seinem dem Rekurs vom 27. 7. 2012 (ON 19) angeschlossenen Schreiben vom 19. 7. 2012.

Nach ständiger Judikatur ist die Ablehnung eines ganzen Gerichts nur durch Ablehnung eines jeden einzelnen seiner Richter unter Angabe konkreter Ablehnungsgründe zulässig (RIS Justiz RS0046005; RS0045983). Der Ablehnungswerber begründete die von ihm erklärte Pauschalablehnung mit angeblichen Unrichtigkeiten im Verfahren vor dem Arbeits und Sozialgericht, einer „persönlichen Unverträglichkeit“ mit dem Arbeits und Sozialgericht Wien sowie einer kollegial freundschaftlichen Nahebeziehung der abgelehnten Richter zum Verhandlungsrichter. Nach ständiger Rechtsprechung bilden weder (angebliche) Unrichtigkeiten einer Gerichtsentscheidung noch das Vorliegen eines kollegialen Verhältnisses unter Richterkollegen einen ausreichenden Befangenheitsgrund (vgl 7 Nc 10/10w; 1 Nc 74/09m; 3 Ob 181/08a mwN). Dies gilt auch für die vom Kläger allgemein geäußerte Einschätzung, er gehe von einer „persönlichen Unverträglichkeit“ mit dem Arbeits und Sozialgericht Wien aus.

Soweit der Kläger unter Hinweis auf früheres Vorbringen eine Feststellung der Befangenheit der Vizepräsidentin HR Dr. P***** und der Richter Mag. E***** und Mag. W***** begehrt, ist darauf hinzuweisen, dass diese Frage Gegenstand des gegen den Beschluss des Arbeits und Sozialgerichts Wien vom 15. 6. 2012, GZ 2 Nc 6/12d 14, noch anhängigen Rekursverfahrens sein wird.

Die angefochtene Zurückweisung des vom Kläger gegen alle Richter des Arbeits und Sozialgerichts Wien gestellten Ablehnungsantrags erweist sich daher als zutreffend.

Unabhängig davon, ob nach jüngerer Rechtsprechung ein Kostenersatz auch im Ablehnungsverfahren zusteht (vgl RIS Justiz RS0126588), beruht der Ausspruch, dass der Kläger die Kosten seines erfolglosen Rekurses selbst zu tragen hat, im vorliegenden Fall schon auf §§ 40, 50 ZPO (vgl 3 Ob 131/12d).

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