12Os127/12m – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 15. November 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krausam als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ramona K***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall und 15 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Jugendschöffengericht vom 1. Juni 2012, GZ 39 Hv 38/12g 29, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Höpler, sowie der Verteidigerin Mag. Schmotzer zu Recht erkannt:
Spruch
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in dem Ramona K***** betreffenden Strafausspruch und demzufolge auch die Bewährungshilfe nach §§ 50, 52 StGB anordnende Entscheidung aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Feldkirch verwiesen.
Mit ihrer Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe wird die Staatsanwaltschaft auf die Kassation verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen auch unbekämpft gebliebene Schuldsprüche des Angeklagten Andreas R***** enthaltenden Urteil wurde Ramona K***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall und 15 Abs 1 StGB (I./), des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (III./), des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB (V./), des Vergehens der Nötigung nach §§ 15 Abs 1, 105 Abs 1 StGB (VI./1./) und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (VI./2./) schuldig erkannt.
Danach hat sie zusammengefasst in B***** und anderen Orten
I./ zwischen 27. und 30. Juni 2011 in zumindest 43 Angriffen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, andere durch Vorlage eines selbst angefertigten „Sammlerausweises“ des SOS Kinderdorfs in Verbindung mit der Behauptung, für das SOS Kinderdorf Spenden zu sammeln, somit durch Täuschung über Tatsachen unter Benutzung einer falschen Urkunde, zum Spenden von Bargeld in Höhe von insgesamt ca 200 Euro, somit zu Handlungen verleitet und zu verleiten versucht, die diese an ihrem Vermögen schädigten bzw schädigen sollten;
II./ …
III./ am 22. Oktober 2011 Andreas R***** durch die Äußerung „Entweder tust du jetzt normal mit mir oder ich steche dich ab“, somit durch Drohung mit dem Tod, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Beendigung der Beziehung genötigt, wobei sie dabei mit einem ca 30 cm langen Messer auf ihn zuging;
IV./ …
V./ am 6. Jänner 2012 Andreas R***** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass sie in einem Telefonat mit Christine Z***** behauptete, er habe sich von deren minderjährigen Tochter Alexandra Z*****, als diese elf Jahre alt und er bereits erwachsen gewesen sei, oral befriedigen lassen, und ihn damit des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB, somit einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten Handlung falsch verdächtigte, wobei sie wusste, dass die Verdächtigung falsch war;
VI./ am 27. April 2012 Andreas R*****
1./ durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Körper zu einer Handlung, nämlich zur Löschung ihrer Telefonnummer, zu nötigen versucht, indem sie ihm ein SMS schickte, in welchem sie erklärte, er solle ihre Nummer löschen, ansonsten bekomme er Schläge,
2./ gefährlich mit zumindest einer Verletzung am Körper bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem sie ihm ein SMS schickte, in welchem sie erklärte: „Fick di wart nur wenn i di in L***** dawisch!“.
Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagte nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB unter Anwendung des § 5 JGG und der §§ 28, 43a Abs 2 StGB eine Freiheitsstrafe in Dauer von vier Monaten und eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen, im Uneinbringlichkeitsfall zu 60 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes bestimmte das Gericht mit 4 Euro. Gemäß § 43 Abs 1 StGB wurde die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Gegen die Anwendung des § 43 Abs 2 StGB in Ansehung der Ramona K***** betreffenden Sanktion richtet sich die von der Staatsanwaltschaft aus Z 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde; die Strafhöhe bekämpft sie mit Berufung.
Rechtliche Beurteilung
Wie die Rüge zutreffend ausführt und das Erstgericht in den Urteilsgründen ohnedies selbst einräumt (US 12), blieb bei der Bemessung der über die Angeklagte Ramona K***** verhängten Strafe außer Acht, dass eine Kombination von Freiheits und Geldstrafe bei teilbedingter Verurteilung nach § 43a Abs 2 StGB nur dann in Betracht kommt, wenn auf eine Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten, aber nicht mehr als zwei Jahren zu erkennen wäre. Mit der verhängten Freiheitsstrafe von vier Monaten samt 60 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit der zusätzlich ausgesprochenen Geldstrafe von 120 Tagessätzen wird die Untergrenze dieses Sanktionsausmaßes nicht überschritten. Insoweit hat das Erstgericht seine Strafbefugnis missachtet (Z 11 erster Fall).
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, in dem Ramona K***** betreffenden Strafausspruch aufzuheben und die Sache an das Landesgericht Feldkirch zu verweisen.
Mit ihrer Berufung war die Staatsanwaltschaft auf die Kassation zu verweisen.
Die rechtsfehlerhaft im Urteilsspruch erfolgte Anordnung von Bewährungshilfe war in Zusammenhang mit der Kassation des Strafausspruchs aufzuheben. Diese wird gegebenenfalls durch das Erstgericht in Beschlussform neu vorzunehmen sein (vgl Schroll in WK² § 50 Rz 16).